Kreis Wesel. Igel, die jetzt zu wenig Gewicht haben, brauchen Hilfe zum Überleben. Die Pflegestellen sind voll. Wie auch Laien kleine Igel retten können.

Zu klein für die Jahreszeit: Zahlreiche junge Igel brauchen derzeit menschliche Hilfe, um den Winter zu überstehen. Die Pflegestellen stoßen an ihre Kapazitätsgrenzen. Schuld an den vielen geschwächten Igeln ist die Dürre im Sommer, die Muttertiere konnten ihre Igeljungen nicht ausreichend säugen. Norma Heldens arbeitet beim Nabu Kreis Wesel, ihr Fachgebiet sind die Igel. 300 Gramm sollte so ein kleiner Säuger jetzt, Mitte Oktober,mindestens auf die Waage bringen – Heldens pflegt aktuell unter anderem zwei Winzlinge, 148 und 200 Gramm leicht. Zwei bis vier Mal am Tag klingelt ihr Telefon und Menschen suchen Rat: Was tun, wenn jemand so ein kleines Kerlchen findet? Die Fachfrau weiß Rat. Und sie hilft gern, ist täglich in der Woche von 9 bis 12 Uhr erreichbar, 0281/164 77 87.

Junge Igel, die 300 Gramm und mehr wiegen, können draußen bleiben, sie benötigen aber Futter. Katzennassfutter ohne Sauce oder Gelee – das würde Bauchschmerzen und Durchfall verursachen. Es sollte mindestens 80 Prozent Fleischanteil haben. Außerdem eignen sich in wenig Fett gebratenes ‘schlotziges’ Rührei, angebratenes Rinderhack, gekochte Hähnchenflügel, allesamt ungewürzt. Ein wenig Igeltrockenfutter empfiehlt die Fachfrau auch, doch es gibt sehr unterschiedliche Qualitäten. „Wichtig ist ein Mix“, sagt sie. Auch gutes Igelfutter sei kein Hauptfuttermittel. Dazu immer Wasser anbieten, niemals Milch.

Wärme hilft gegen die Unterkühlung

Igelkinder, die aktuell leichter als 300 Gramm sind, müssen ins Haus. Viele von ihnen sind unterkühlt: Nicht sofort füttern! „Legen sie das Tier auf eine Handtuchummantelte Wärmflasche“, rät die 53-Jährige, eine PET-Flasche tuts auch. Das Wasser soll warm sein, nicht heiß. Zugedeckt wird der Igel zusätzlich mit einem Handtuch. „Es ist wichtig, dass die Igel sich von selbst der Wärme entziehen können.“ Erst wenn das Bäuchlein sich wieder warm anfühlt, können kleine Mengen gefüttert werden. Im Haus verzichtet Heldens auf Katzennassfutter, da es unangenehm riechen kann.

Überlebenswichtig ist es, den kleinen Igel auf Fliegeneier zu untersuchen, kleine weißliche Körner, die gern an After, in den Achseln und Ohren oder am Maul sitzen, aber nicht nur dort. „Streicheln sie den Igel, er öffnet sich dann von selbst“, rät sie, denn der Findling wird sich ängstlich zur Kugel rollen.

Ist der Igel befallen, eilt es. Sobald die Maden schlüpfen, hat das Tierchen schlechte Überlebenschancen. Mit einer Zahnbürste, auch mit sauberen Mascara- oder Augenbrauenbürstchen, die Eier sorgfältig, immer in eine Richtung, aus dem Fell entfernen und zwar komplett. „Die Maden schlüpfen innerhalb weniger Stunden“, warnt Heldens, Wärme beschleunigt das noch.

Igelkundigen Tierarzt aufsuchen und das Leichtgewicht vorstellen

Igel niemals baden, auch dann nicht, wenn sie Flöhe haben. Handelsübliche Spot ons gegen Flöhe sind für die kleinen Säuger tödlich. Ein Tierarzt weiß bei Befall weiter, aber nicht jeder und jede ist auch igelkundig: Der Nabu hält eine Liste mit geeigneten Anlaufstellen bereit. Ohnehin sollte das Igelchen dem Veterinär vorgestellt werden, um zu checken ob es Parasiten wie den Darmsaugegel hat. Dazu eine Kotprobe mitbringen. Übrigens rät Norma Heldens dazu, vorher mit dem Tierarzt über sein Honorar zu sprechen. „Einige machen das für kleines Geld, andere stellen recht üppige Rechnungen.“

Um genügend Gewicht für den Winterschlaf zu bekommen, müssen junge Igel fressen. Was auf ihren Speiseplan gehört, verrät die Kreis Weseler Nabu-Fachfrau Norma Heldens .
Um genügend Gewicht für den Winterschlaf zu bekommen, müssen junge Igel fressen. Was auf ihren Speiseplan gehört, verrät die Kreis Weseler Nabu-Fachfrau Norma Heldens . © FUNKE Foto Services | Christoph Wojtyczka

Auswildern mit weiterer Unterstützung

Haben die Pfleglinge ein Gewicht von mehr als 500 Gramm, können sie derzeit am Niederrhein noch ausgewildert werden, solange es nicht friert. „Wildern Sie sie dort aus, wo sie sie noch etwas betreuen können und zufüttern“, rät die Fachfrau. Ihre kleinsten Schützlinge werden in der Garage in einer Kiste überwintern, wenn sie sich genug Gewicht angefressen haben, auch eine Gartenhütte eignet sich. Sie sollten regelmäßig kontrolliert werden, ohne sie zu stören. Im Frühjahr dann können sie betreut raus.

Wer sich all das nicht zutraut, kann dem Nabu den Igel anvertrauen: Solange es geht, vermittelt Norma Heldens die Tiere in fachkundige Hände. Sie sucht aber auch noch neue Pflegestellen.

Für die Sicherheit der Igel gibt der Nabu weitere Tipps