Kreis Wesel. Mit Blick auf die hohen Kosten sollte man sich bereits jetzt Gedanken über die Heizung machen. Dabei geht es nicht nur um die Anlage.
Trotz der aktuell sommerlichen Temperaturen denken bereits viele über das Heizen von Haus und Wohnung in den Wintermonaten nach. Der russische Angriffskrieg auf die Ukraine hat eine Energiekrise ausgelöst, die Preise für Strom und Gas sind immens gestiegen, nun ist auch noch die Gasumlage dazu gekommen. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck hat auch Privathaushalte dazu aufgerufen, Energie zu sparen. Es ergibt Sinn, sich also vorbereitend mit den Gegebenheiten in den eigenen Wohnräumen zu beschäftigen.
Ansprechpartner dafür können neben der Verbraucherzentrale die Betriebe aus dem Handwerk Sanitär-Heizung-Klima sein. Norbert Borgmann ist Obermeister der Innung im Kreis Wesel. Er betont: Es lasse sich eine ganze Menge mit kleinen Kniffen einsparen. „Man muss auf wenig Komfort verzichten.“ Wir klären, was Mieter und Eigentümer nun tun können und wo es Informationen gibt.
Wie viel Einsparpotenzial gibt es?
Das Heizen im Winter wird teurer. Die gute Nachricht schickt der Fachmann aber vorweg: Mit Hilfe einer Vielzahl von Maßnahmen lasse sich einiges einsparen: „Es gibt nicht die eine Stellschraube“, sagt Norbert Borgmann. Wer an einigen Stellen Anpassungen vornimmt, könne zusammengenommen bis zu 15 Prozent sparen.
Heizungscheck vs. jährliche Wartung: Wo liegt der Unterschied?
Im Juli hat Wirtschaftsminister Robert Habeck ein Energiesparpaket vorgestellt, Teil davon ist ein verpflichtender Heizungscheck für Eigentümer. Wenn dieser auch aktuell noch nicht verpflichtend ist, „das sollte man machen“, findet Norbert Borgmann. Was diesen Check von der jährlichen Wartung unterscheidet? Borgmann zieht den Vergleich zum Auto. Die Wartung sei wie der Ölwechsel, der Check wie die Inspektion. Bei der Wartung werde geprüft, ob der Heizkessel sauber ist, ob die optimalen Werte eingestellt sind. Der Heizungscheck könne sehr schnell Defizite aufdecken, die nicht nur mit den Einstellungen zu tun haben. Der Fachmann nehme die gesamte Anlage in den Blick: Sind die Thermostatventile zugestellt? Wie ist die zeitliche Einstellung geregelt? Wo gibt es Einsparpotenzial?
Was können Privathaushalte kurzfristig tun, um Energie einzusparen?
Vieles könne man selbst erledigen, sagt Norbert Borgmann. Zum Beispiel sollte man kontrollieren, ob die Heizkörper freistehen: Werden die Thermostatventile nicht etwa von Gardinen verdeckt? Denn sonst müsse die Heizung mehr leisten, das koste wiederum mehr. Oder: Sind „Glucksgeräusche“ zu hören? Dann muss die Heizung vielleicht mal wieder entlüftet werden.
Auch eine Isolierung der Rohrleitungen im Keller sei einfach selbst zu realisieren. Das Material könne beim Handwerksbetrieb gekauft werden, im Internet finden sich entsprechende Videos, so Borgmann. Auch könne es sich lohnen, den ungenutzten Dachboden mit Dämmplatten auszulegen, damit die Wärme von den darunter liegenden Räumen nicht in den ungeheizten Dachboden entweicht. Zur Art der Dämmung und verschiedenen Stärken könne man sich im Baumarkt beraten lassen.
Nicht zu vergessen ist laut Borgmann der Check an den Fenstern. Wer mit dem Finger die Rahmen absucht, findet schnell Stellen, an denen es zieht. Auch dafür gebe es im Baumarkt Abdichtungsmaterial wie Dämmschläuche oder Fugenversiegelung, so Borgmann.
Auch das korrekte Lüften sei wichtig: „Dauerhaft zu lüften ist tödlich“, sagt Borgmann. Besser sei es, einmal stoßzulüften, statt das Fenster die ganze Zeit auf Kipp stehen zu lassen. Zudem sollte gut geplant werden, zu welcher Tageszeit, welcher Raum wie hoch temperiert sein sollte. Zum Beispiel bei längerer Abwesenheit oder über Nacht. Eigentümer können das einfach tun, indem sie kontrollieren, wie die Thermostatventile eingestellt sind. Aber auch Mieter können sich nach vorheriger Absprache mit dem Eigentümer behelfen, um individuelle Einstellungen vorzunehmen. Stichwort: elektronische Thermostatventile. Die seien aber nicht ganz günstig, so Borgmann. Allerdings sollte die Heizung besser mindestens fünf bis sechs Stunden durchlaufen, als einzelne Stunden heruntergefahren zu werden. Grundsätzlich gelte: Wer die Raumtemperatur um einen Grad senke, spare etwa fünf bis sieben Prozent, sagt der Fachmann.
Was kann langfristig getan werden?
Etwas aufwendiger sei der „hydraulische Abgleich“, sagt Norbert Borgmann. Den Handwerker koste das fünf bis sechs Stunden Arbeit. Hier müsse sich der Fachmann Werte wie die Größe des Hauses, den Verbrauch der letzten Jahre sowie Zeichnungen der Räume ansehen. Dann gehe es an den Austausch der Heizkörperventile. In einem durchschnittlichen Einfamilienhaus gebe es etwa um die zehn Heizkörper. Kosten pro Ventil einschließlich Arbeitslohn circa 150 Euro. Der Bund fördere diesen Abgleich mit 20 Prozent.
Grundsätzlich gilt: Neue Technik ist energiesparender. Das betrifft zum Beispiel die Heizungspumpe – diese kostet laut Borgmann ca. 300 bis 400 Euro.
Wie lange muss man derzeit auf Termine warten?
Wenig überraschend: Die Auftragslage für die Betriebe sei derzeit gut, sagt Norbert Borgmann. Allerdings habe man mit Lieferschwierigkeiten zu kämpfen. Wer jetzt einen Termin machen möchte, müsse aktuell wohl mindestens sechs Wochen warten. In den kommenden Monaten werden die Nachfragen zunehmen, man nenne das den „heißen Herbst“, sagt Borgmann. Umso früher man sich also kümmert, umso besser.
Heizung und Energie: Hier gibt es Informationen und Beratung
- Die Innung Sanitär-Heizung-Klima im Kreis informiert auch auf ihrer Homepage und gibt Tipps.
- Ebenso informiert die Verbraucherzentrale an den Standorten im Kreis Wesel sowie online. Seit Monaten sei die Nachfrage hoch, sagt etwa Hendrik Franck von der Verbraucherzentrale Dinslaken. Daher gebe es bei den Vor-Ort-Beratungen lange Wartezeiten. Er verweist daher auf kostenfreie Online-Seminare für grundlegende Informationen etwa zu Wärmepumpe, Heizungstausch oder Energetischem Sanieren. Auch hier ist die Teilnahme begrenzt, Termine können dort gebucht werden.
- Gebündelte Informationen und Beratungsangebote zur Energiepreiskrise – unter anderem mit interaktivem Rechner und zu Rechtsberatung gibt es hier ebenfalls bei der Verbraucherzentrale.