Kreis Wesel. Seit vier Jahren gilt im Kreis Wesel die Kastrations- und Registrierungspflicht für freilaufende Katzen. Aber wirkt die Katzenschutzverordnung?

Jahrelang haben Tierschützer darum gekämpft, eine Katzenschutzverordnung für den Kreis Wesel zu bekommen. Im Mai 2019 war es schließlich soweit, der Kreistag beschloss, die „Verordnung zum Schutz freilebender Katzen“. Das bedeutet, dass jeder Freigänger kastriert, gechippt und registriert sein muss. Ziel ist es, das Elend verwilderter Katzen und ihrer Nachkommen zu beenden: Ausgerissen, ausgesetzt oder einfach zurückgelassen, ist ihre Lebenserwartung nicht hoch. Was hat die Verordnung gut vier Jahre nach ihrer Einführung gebracht?

Auf den ersten Blick wenig, denn der Kreis Wesel ist nicht in der Lage, die Einhaltung der Kastrationspflicht auch zu überprüfen. Wer allerdings erwischt wird, muss tief in die Tasche greifen. „Gegen Halter und Halterinnen von nicht kastrierten Freigängerkatzen wurden bis jetzt zehn Bußgeldverfahren eingeleitet und abgeschlossen“, teilt der Kreis auf Anfrage mit. Das hat je nach Einzelfall mindestens 250 Euro gekostet, höchstens 1000 Euro.

Es ist schwierig, der Halter habhaft zu werden

Das Veterinäramt räumt ein, dass die Zahl der Bußgelder auf vier Jahre gesehen, gering erscheint. „Letztendlich muss der Kreis aber in jedem angezeigten Einzelfall nachweisen, dass eine aufgegriffene und nicht gekennzeichnete, freilaufende, unkastrierte Katze einer konkreten Person zuzuordnen ist, die schuldhaft gehandelt haben muss“, so der Kreis. In 13 Fällen seien Ordnungsverfügungen erlassen worden, weil jemand der Kennzeichnungs- und Kastrationspflicht nicht nachgekommen war. Geklagt habe dagegen niemand, die Tierhalter kamen den Anordnungen lieber nach.

Einen positiven Effekt hat die Katzenverordnung für Tierschützer: Auch früher haben sie unkastrierte Freigänger gefangen und kastrieren lassen. Allerdings war das vor der Katzenverordnung eine rechtlich wackelige Angelegenheit, es hätte ein Tier dabei sein können, das doch Eigentümer hat. Inzwischen haben die Vereine und auch der Kreis in diesem Punkt Rechtssicherheit, sie dürfen kastrieren lassen. Hinzu kommt, dass die Tierheime Eigentümer auf die Vorschrift hinweisen, die ihre entlaufenen Freigänger abholen kommen und sich teils das Ergebnis attestieren lassen.

Wilde Katzenkolonien einfangen, versorgen, kastrieren und wieder freilassen

Warum das Sinn macht? Eine Katze kann dreimal im Jahr sechs Junge oder mehr zur Welt bringen. Überall im Kreis Wesel gab es 2019 Hotspots: Hier lebten wilde Katzenkolonien, viele der Tiere krank, verletzt oder unterernährt. Der Kreis oder von ihm beauftragte Tierschutzorganisationen können, auch das regelt die Verordnung, freilaufende Katzen einfangen und kastrieren lassen. 5000 Euro hat der Kreistag dafür jährlich in den Haushalt eingestellt. 772 Katzen waren das im ersten Jahr, 1024 im Jahr 2020. In den vergangenen beiden Jahren waren es 566 in 2021 und 595 im Jahr 2022, wie das Veterinäramt auf Anfrage mitteilt: 2957 Tiere. Zwar unterscheiden die Zahlen nicht zwischen Katze und Kater, dennoch lässt sich erahnen, dass tausende unerwünschter und unversorgter Katzenkinder auf diese Weise verhütet wurden.

Diese wilden Katzen werden in der Regel eingefangen, kastriert, medizinisch versorgt und durch eine Kerbe im Ohr gekennzeichnet, das sogenannte Eartapping. Auf diese Weise können die Tierschützer sofort erkennen, welche Katze bereits kastriert ist. Dann werden die Tiere am Fundort wieder freigelassen und dort weiter betreut. Doch nicht immer ist das sofort möglich, wenn die Samtpfötchen noch zu jung für eine Kastration sind, beispielsweise, oder wenn ihre Krankheiten versorgt werden müssen. Dann müssen sie im Tierheim bleiben, eine große Belastung für die Häuser. Und: Wild geborene Kätzchen lassen sich nur schwer vermitteln, weil sie nicht an Menschen gewohnt sind. Auf Bauernhöfen hingegen sind sie mitunter willkommene Mauser, die Tierschützer kämpfen um ihre Unterbringung.

Auswirkungen der neuen Gebührenordnung für Tierärzte sind noch nicht klar

Damit die Verordnung auf Dauer Wirkung zeigt und Tierleid verhindert, appelliert der Kreis Wesel an die Katzenhalter, ihre Tiere kastrieren zu lassen, außerdem dafür zu sorgen dass sie gesund, geimpft und entwurmt sind. Allerdings könnte die Neufassung der Gebührenordnung für Tierärzte sich in diesem Jahr negativ auswirken, sie ist im November 2022 in Kraft getreten. Seitdem ist es deutlich teurer geworden, Katze und Kater kastrieren zu lassen, ebenso wie die sonstige tierärztliche Versorgung. Ob das spürbar dazu führen wird, dass sich Menschen ihrer womöglich in der Coronazeit angeschafften Samtpfoten einfach entledigen, muss sich in der Jahresbilanz 2023 noch zeigen.