Kreis Wesel. Vergütung, Auch im Kreis Wesel gibt es immer weniger Apotheken. Welche Gründe Apotheker im Kreis Wesel dafür sehen und was sie fordern.

  • Laut Apothekerkammer Nordrhein ist die Zahl der Apotheken im Kreis Wesel zurückgegangen.
  • Die Wege für Apotheker werden auf dem Land zunehmend länger. Vor allem im Nacht- und Notdienst hat das Auswirkungen.
  • Wie Apotheker aus dem Kreis Wesel die Situation einschätzen und was sie fordern.

„Das Ende der Fahnenstange ist noch nicht erreicht, wenn die Gesundheitspolitik nicht gegensteuert“, sagt Simon Krivec, Apotheker aus Moers. Gemeint ist das berühmte „Apothekensterben“, ein Trend, der seit 23 Jahren anhalte, wie die Apothekerkammer Nordrhein betont – und jüngst auch mit Zahlen für den Kreis Wesel belegt hat. In den vergangenen zehn Jahren ist die Zahl der Apotheken hier deutlich zurückgegangen: von 113 auf 90. Jens A. Krömer, Pressesprecher der Kammer, betont zwar: „Die wohnortnahe Versorgung ist sichergestellt.“ Deutlich wird aber auch: Die Wege zur Apotheke werden länger, vor allem im ländlichen Bereich.

„Unser dichtes Netz bekommt Löcher, das darf so nicht weitergehen“, hat sich Armin Hoffmann, Präsident der Apothekerkammer Nordrhein, im Zuge der veröffentlichten Zahlen zuletzt geäußert. Die Politik müsse endlich gegensteuern, die Situation für künftige Selbstständige sich dringend verbessern, lauten seine Forderungen. Das große Problem: Es finden sich keine Nachfolger, das Interesse daran, eine eigene Apotheke zu eröffnen, scheint so gering wie nie.

Apotheker im Kreis Wesel: Knackpunkt ist die Vergütung

Auf die Gründe dafür angesprochen, nennen Apotheker aus dem Kreis Wesel vor allem den finanziellen Aspekt: „Viele Apotheken tragen sich nicht mehr“, sagt Simon Krivec. Der Ertrag sei zu gering, das wirtschaftliche Risiko groß, denn der Apotheker hafte mit seinem Privatvermögen. Die Selbstständigkeit müsse attraktiver sein als das Angestelltenverhältnis. Krankenkassen, die Pharmaindustrie oder die Forschung seien aus finanzieller Sicht als Arbeitgeber mitunter lukrativer für Uni-Absolventen. Auch die Löhne für die Angestellten in einer Apotheke – für die Pharmazeutisch-technischen Assistenten, kurz PTA – spricht er an, er würde gerne mehr zahlen, aber es müsse auch getragen werden können. Selbst wenn der Beruf jetzt attraktiver werde: Bis der Nachwuchs da sei, dauere es noch, fürchtet Krivec.

Auch Lukas Heuking, Sprecher der Apotheker im Raum Dinslaken, macht als großen Knackpunkt die Vergütung aus, die nicht angepasst worden sei – und das bei steigenden Preisen und Inflation. „Es ist ein sehr regulierter Markt, der immer schwieriger wird“, sagt Nils Hagedorn, Sprecher der Apotheker in Wesel dazu. Pro rezeptpflichtigem Medikament liegt das Apothekenhonorar immer bei 8,35 Euro. Davon müssen Apotheken künftig eine höhere Abgabe an die Krankenkassen zahlen, wie Gesundheitsminister Karl Lauterbach beschlossen hat. Da schaue ein junger Apotheker natürlich genau hin, so Hagedorn. Auch müsse die Frequenz stimmen. Das ist ebenfalls eine Herausforderung für den ländlichen Raum, gerade bei leerer werdenden Zentren, meinen die Apotheker. Dazu nennt Hagedorn das Problem – wie inzwischen in jeder Branche – Personal zu finden. In Moers sei eine PTA-Schule geschlossen worden, die Ausbildung sei lediglich schulisch, ehe der Nachwuchs in den Beruf einsteige, bemängelt Hagedorn. Immerhin: Hier gebe es Bestrebungen, das zu modernisieren.

Apotheker aus Wesel: Lieferengpässe sind große Belastung

Eine Folge der gesunkenen Apothekenzahlen: Die Situation in den Nacht- und Notdiensten verschärft sich. Kammer-Pressesprecher Krömer nennt hier Richtwerte: Zehn Kilometer vom Ortskern einer Großstadt aus und 30 Kilometer im ländlichen Raum gelten als zumutbar. Im Einzelfall könnten die Wege bereits jetzt schon länger sein.

Diese Notdienste seien auf Kreisebene groß gefasst, so Hagedorn. Die Kammer verteilt das. Je weniger Apotheken, desto mehr Arbeit also für jede einzelne. Zumal sich die Mentalität verändert habe, so Lukas Heuking. Nahmen die Menschen früher nur wegen Schmerzmittel oder Antibiotikum die Notdienste in Anspruch, würden die Apotheker nun auch vermehrt etwa wegen Nasenspray oder Schwangerschaftstest geweckt, der Nachtdienst quasi „als erweiterte Öffnungszeit gesehen“.

Eine große Belastung sieht Nils Hagedorn für die Apotheken aktuell vor allem auch beim Thema Lieferengpässe, man zapfe jede Quelle an, um das System am Laufen zu halten: „Wir wollen dafür sorgen, dass der Patient nicht mit leeren Händen geht.“ Dass zu diesem Zeitpunkt nun auch noch die Abgabe an die Krankenkasse erhöht werde, sorge da für Frust, so Hagedorn. „Das System wurde kaputt gespart.“ Er und Simon Krivec sind sich einig: Das Problem betreffe die Hausärzte und Apotheker gleichermaßen. Letztlich gehe es daher um die Frage, was der Gesellschaft die Gesundheit wert sei, sagt Simon Krivec aus Moers.