Kreis Wesel. Zum 1. September ist das neue E-Rezept gestartet. Die Apotheken im Kreis Wesel sind weitestgehend startklar – doch es gibt einige Baustellen.

Komfortabel, digital und damit Ressourcen schonend soll es sein: das neue E-Rezept. Die Idee dazu, das bekannte rosafarbene Papier für Patientinnen und Patienten beim Arztbesuch durch eine digitale Form zu ersetzen, brachte die vorangegangene Bundesregierung 2020 auf den Weg. Doch der Start verschob sich zuletzt. Seit 1. September nun sollen die Apotheken in Deutschland mit dem E-Rezept arbeiten, die Arztpraxen und Kliniken sind aktuell noch nicht dazu verpflichtet, in der Modellregion Westfalen-Lippe waren zum Start rund 250 Praxen laut Kassenärztlicher Vereinigung dabei. Wie ist die Situation derzeit im Kreis Wesel?

Solange es noch nicht vorgeschrieben ist, sei das im Kreis Wesel derzeit noch kein relevantes Thema, sagt Dr. Franz-Joachim Weyers, Vorsitzender der Kassenärztlichen Vereinigung im Kreis Wesel. Die Ärzte seien hier derzeit vor allem mit den sogenannten „Konnektoren“ beschäftigt. Gemeint ist die Technik, welche die Praxen mit der Außenwelt – und somit auch mit den Apotheken verbindet. Denn bei abgelaufenen Zertifikaten müssen diese erneuert werden, das kurzzeitige Herunterfahren der EDV ist mit Aufwand verbunden.

E-Rezept im Kreis Wesel: Viele Funktionen sind noch Zukunftsmusik

Lukas Heuking, Sprecher der Apotheken aus Dinslaken, weiß von einer Praxis aus Hiesfeld, die auf das neue E-Rezept umgestellt hat. Wie viele E-Rezepte er annehme? Das laufe derzeit noch „unter ferner liefen“. Er erklärt das Prozedere: Der Patient oder die Patientin erhält beim Arzt einen verschlüsselten Code und reicht diesen an die Apotheke weiter, dort werden dann die nötigen Informationen digital ausgelesen. Das soll über eine von der teils staatlichen Firma Gematik entwickelten Smartphone-App oder für alle ohne Smartphone über einen Papier-Ausdruck möglich sein, in Zukunft auch über die elektronische Gesundheitskarte. Digital lasse sich dann zum Beispiel die Verfügbarkeit der Medikamente in Apotheken prüfen, so Heuking, doch das sei aktuell noch nicht möglich. Auch sei das E-Rezept bisher nur für gängige Arzneimittel, nicht etwa für Hilfsmittel oder Sonderrezepte verfügbar, sagt Heuking.

Und aktuell ist das E-Rezept auch noch nicht wirklich elektronisch, die Kundinnen und Kunden kommen mit einem Ausdruck in die Apotheken in der Region. Ob rosa farbenes Rezept oder so, „am Ende verbrauche ich Papier“, sagt Simon Krivec von der Adler-Apotheke in Moers, da verstehe er, dass die Ärzte bei der Umstellung zögern. In der Moerser Apotheke würden vereinzelt am Tag die neuen E-Rezepte angenommen werden. Die Modellregion ist nicht weit entfernt. Wer zum Beispiel in Dortmund einen Facharzt hat, kommt mit dem Rezept mitunter auch in diese Region in die Apotheke. Technisch sei alles durchgespielt, die Übermittlung zur Krankenkasse funktioniere, sagt Krivec. Doch es gehe noch darum die Kinderkrankheiten auszumerzen.

Apothekersprecher aus Wesel: Zeitpunkt für Ärzte ist ungünstig

Auch Nils Hagedorn, Sprecher der Apotheker aus Wesel, nimmt derzeit noch vorwiegend das rosafarbene Rezept in seiner Apotheke an und sieht auch noch einige Baustellen. Konnten auf den bisherigen Rezepten, Änderungen nach Absprache mit dem Arzt einfach handschriftlich vermerkt und später vom Apotheker kontrolliert werden, kann nun nicht jeder Mitarbeitende der Apotheke dies digital vermerken, der Apotheker muss das mit seinem Berufsausweis und der Pin regeln. Nils Hagedorn findet den Zeitpunkt für den Start des E-Rezepts für die Arztpraxen ungünstig. Er weist auf die Belastung hin, „da ist nicht die Zeit, um in ein solches Projekt Ressourcen zu stecken“.

Die Apotheker aus Moers, Dinslaken und Wesel sind sich einig: Das E-Rezept ist die Zukunft, aber bis es flächendeckend – und somit auch im Kreis Wesel – etabliert ist, wird es noch etwa ein bis zwei Jahre dauern.