Kreis Wesel. 2022 war ein Jahr im Zeichen von Corona und Ukrainekrieg. Der Arbeitsmarkt im Kreis Wesel blieb stabil, ist aber im Umbruch: Bilanz und Ausblick.

„2023 rechnen wir mit vielen Unsicherheiten. Aber das ist die neue Normalität.“ Barbara Ossyra, Vorsitzende der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Wesel, sagt das mit Blick auf Arbeitnehmer und Arbeitssuchende, aber auch auf die Arbeit in ihrem Haus. Einen festen Kurs für Jahre festzulegen, das sei kaum noch möglich, „es sind immer wieder Nachjustierungen notwendig“. Dennoch fällt ihr Blick recht zuversichtlich auf das angelaufene Jahr: Die wegen Corona und des Angriffskriegs auf die Ukraine erwarteten Einbrüche auf dem Arbeitsmarkt sind weitgehend ausgeblieben, der Markt ist stabil und sie erwarte, dass das auch so bleibe: Die Arbeitslosigkeit im Kreis sinkt.

Im Schnitt waren im vergangenen Jahr 14.984 Menschen arbeitslos gemeldet, 737 (4,7 Prozent) weniger als 2021, die Quote lag bei 6,2 Prozent. Es ist Bewegung im Markt, so Ossyra. 31.439 Frauen und Männer meldeten sich 2022 arbeitslos, 11.381 von ihnen aus einer Stelle am Ersten Arbeitsmarkt. Das sind 2,7 Prozent mehr als im Vorjahr, doch 30.569 Erwerbslose verließen die Statistik, 8199 von ihnen in eine neue Stelle am Arbeitsmarkt, die Zahl der angebotenen offenen Stellen allerdings ist gesunken. Ossyra führt das auf Unsicherheit zurück, verursacht durch Rohstoff- und Energiepreise. Die Folge ist, dass Arbeitslose nicht von der eher guten Lage profitieren können.

Nachqualifizieren und fördern, um Bewerbern eine Chance zu geben

Ein großes Problem: Arbeitssuchende und die offenen Stellen passen häufig nicht zusammen. Es werden Fachkräfte gesucht, doch viele Arbeitslose haben keine Ausbildung, halten lediglich Ausschau nach Helfertätigkeiten.

Und selbst im Bereich der gefragten Experten, gemeint sind Menschen mit Studium, hilft häufig nur Nachqualifizierung. Hindernisse müssen aus dem beruflichen Weg geräumt werden: Bei der Agentur für Arbeit kümmert sich die Interne ganzheitliche Integrationsberatung darum. Bewerbungstraining, Vorstellungsgespräche, der Umgang mit Stress und Mobbing sollen die Bewerber fit für den Job machen.

Häufig, so Integrationsberater Carsten Struwe, seien die Menschen nach vielen Absagen aber so frustriert, dass ihr Selbstbewusstsein am Boden liegt. „Dieser Personenkreis wird größer“, sagt Ossyra, „das ist gut investiertes Geld.“

Im Bereich der Jugendarbeitslosigkeit, darunter fallen Menschen zwischen 15 und 25 Jahren, sah 2022 besser aus als im Vorjahr: mit 4322 Erwerbslosen waren 773 (15,2 Prozent) weniger arbeitslos, auch gab es mit im Schnitt 6369 weniger Menschen, die länger als ein Jahr ohne Arbeit sind (minus 659).

Das Instrument Kurzarbeit modernisieren und vereinfachen

Auch 2022 gab es im Kreis Wesel noch Kurzarbeit, allerdings deutlich weniger als noch im Vorjahr. Im Juli waren es 128 Personen in 20 Betrieben, ein Jahr zuvor 2784 Betroffene in 711 Betrieben. Kurzarbeit sei ein wichtiges Instrument im Arbeitsmarkt, allerdings, so Ossyra, sei das System nicht auf ein Massenaufkommen ausgelegt. Man müsse es modernisieren und vereinfachen, um auf eine mögliche nächste Krise vorbereitet zu sein.

Einiges hat sich durch die Pandemie getan: Die Arbeitsagentur ist deutlich deutlich digitaler geworden. Noch vor zwei Jahren war es undenkbar, sich nicht persönlich arbeitslos zu melden. Seit Januar 2022 geht das auch online – wie auch die Terminvereinbarung für die Beratung, die dann wiederum persönlich oder per Video geschieht. Die App (BA-mobil) ist besser geworden, sie macht vieles leichter und spart Wege. Seit Mai kann zudem das Kindergeld online über Elster beantragt werden, Chatbots beantworten Fragen zu Themen rund um Arbeitslosen-, Kurzarbeiter- oder Kindergeld beispielsweise. 70 elektronische Dienstleistungen stehen jetzt zur Verfügung.

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