Kreis Wesel. Nachdem der Teilplan Kies vom Tisch ist, wollen die Kommunen und Initiativen im Kreis auf andere Weise Zeit im Streit um Kiesflächen gewinnen.
Nach dem Ärger um den Kiesgipfel am Mittwoch in Düsseldorf überdenken Bürgermeister, Politiker und Bürgerinitiativen ihre Strategie im Kampf gegen eine Ausweitung des Kiesabbaus im Kreis Wesel. Auf dem Informationsabend von SPD-Landtagsmitglied René Schneider am Mittwochabend in der Mensa der Gesamtschule Kamp-Lintfort besprachen sie ihre verbliebenen Möglichkeiten.
Dass ein Teilplan Kies losgelöst vom Regionalplan Ruhr nicht kommen wird, der Ende Januar in die dritte Offenlage gehen soll, steht mittlerweile fest. Stattdessen wollen sie nun unter anderem auf ein Moratorium über die Ausweisung von Kiesflächen hinwirken, solange die NRW-Regierung an einem neuen Landesentwicklungsplan (LEP) arbeitet, der auch eine Neubetrachtung des Rohstoffabbaus beinhalten soll. Der neue LEP wird nicht vor 2025 fertig. Zumindest so lange aber sollen nach dem Willen der Kiesgegner keine neuen Baggerlöcher im Kreis Wesel entstehen.
Kiesabbau: Kommunen und Bürgerinitiativen im Kreis Wesel kämpfen um Moratorium
Ob es dazu kommt, ist fraglich. Zumal das Wirtschaftsministerium bereits vor dem Gespräch im Landtag Stellung bezogen und sich bei der Frage nach einem Teilplan Kies auf die Seite des RVR gestellt hatte. Der Regionalverband nutzte die Vorlage und setzte zwei Stunden vor dem Treffen eine Pressemitteilung auf, in der er die Antwort des Ministeriums als Triumph verkaufte und die Vorbereitung der dritten Offenlage des Regionalplanentwurfs mit den Kiesabbaubereichen ankündigte.
„Zukunft Niederrhein“, eine Initiative von 13 Kiesunternehmen, sprach von einem guten Tag „für die Versorgungssicherheit in der Region und in NRW, weil die Phantomdiskussion rund um einen Teilplan für Sand und Kies nun endlich beendet ist“.
Die Empörung der Vertreter aus dem Kreis Wesel war entsprechend groß. Doch zumindest nahmen einige Gesprächsteilnehmer, die trotz des Ärgers nach Düsseldorf gefahren waren, aus dem Treffen mit, dass sich Wirtschaftsministerin Mona Neubaur nicht gegen weitere Lösungsansätze sperrt.
Wie die Lösungsansätze aussehen, wenn der RVR mit der Ausweisung neuer Kiespotenzialflächen im Regionalplanentwurf im kommenden Jahr Fakten schaffen könnte, bleibt unterdessen unklar. Generell soll das Wirtschaftsministerium in allen Bereichen möglichst unkonkret geblieben sein. Der Bürgermeister von Hamminkeln, Bernd Romanski, sprach im Nachhinein von einer Veranstaltung, die nichts gebracht habe. Er habe keine Hoffnung auf eine Lösung, solange sich nicht alle Parteien an einen Tisch setzten „und miteinander statt übereinander sprechen“, so Romanski im Gespräch mit der Redaktion.
Rheinbergs Bürgermeister Dietmar Heyde nannte das Gespräch in Düsseldorf zwar „eine Farce“, sagte aber immerhin, dass Neubaur zumindest angedeutet habe, einen Blick auf die Übergangsmöglichkeiten zu werfen, solange der neue LEP noch nicht stehe, möglicherweise durch externe Rechtsgutachten. Das bestätigten auch die Landtagsmitglieder Charlotte Quik (CDU) und Volkhard Wille (Grüne), die das Treffen in Düsseldorf initiiert hatten. Dietmar Heyde und Amtskollege Ralf Köpke aus Neukirchen-Vluyn strickten daraus direkt die Forderung eines Moratoriums, ohne dass dieses Wort in irgendeiner Weise in Düsseldorf gefallen wäre. Das aber müsse nun das Ziel sein, sagte Köpke.
Kamp-Lintforts Bürgermeister Christoph Landscheidt kündigte unterdessen an, in Absprache mit dem Kreis Wesel und den anderen betroffenen Kommunen die Klagemöglichkeiten zu besprechen, notfalls auch gegen den gesamten Regionalplan. Landscheidt zitierte außerdem aus dem Koalitionsvertrag, in dem sich Schwarz-Grün selbst dazu verpflichten, „perspektivisch einen Ausstieg aus der Kies- und Kiessandgewinnung in den besonders betroffenen Regionen“ zu ermöglichen. „Das haben wir als Versprechen aufgefasst“, sagte Landscheidt.
Und auch Hannah Bollig zeigte sich im Namen des Aktionsbündnisses Niederrheinappell weiter angriffslustig: „Die dritte Offenlage muss auf jeden Fall mit weiteren Aktionen und Veranstaltungen begleitet werden.“ Man müsse das Thema noch mehr in die Öffentlichkeit tragen, so Bollig, „auch überregional“. In dem Zusammenhang verständigte man sich auf eine engere Zusammenarbeit mit dem Kreis Kleve, der genauso stark vom Kiesabbau betroffen ist wie der Kreis Wesel.
>>>Kies-Unternehmer ist jetzt IHK-Präsident<<<
Die Niederrheinische Industrie- und Handelskammer hat einen neuen Präsidenten: Die Vollversammlung wählte am Mittwoch den Unternehmer Werner Schaurte-Küppers an die Spitze der auch für den Kreis Wesel zuständigen IHK. Das Spannende an der Personalie: Der Unternehmer ist geschäftsführender Gesellschafter der Hülskens Holding aus Wesel, zu deren wichtigsten Geschäftsfeldern der Kiesabbau gehört. Der 61-Jährige folgt auf Burkhard Landers, der nach 13 Jahren erfolgreicher Tätigkeit sein Amt übergab. Der frisch gewählte Präsident erklärte in einer Pressemitteilung: „Unsere Unternehmen stehen vor großen Herausforderungen: hohe Energie- und Rohstoffpreise, gestörte Lieferketten, Inflation und Fachkräftemangel. Als Präsident unserer IHK werde ich mich dafür einsetzen, dass wir diese Themen in den Griff bekommen und diese Krise gut überstehen. Die exzellente Arbeit von Burkhard Landers ist eine sehr gute Basis, auf der wir aufbauen können.“