Kreis Wesel. Der Niederrhein hat großes Potenzial, findet Burkhard Landers. Aber der scheidende IHK-Präsident warnt davor, die gute Ausgangslage zu verspielen.

Wie viele Gespräche er hier in den vergangenen 13 Jahren geführt hat, vis á vis vom Duisburger Hauptbahnhof, das weiß Burkhard Landers beim besten Willen nicht mehr. Spielt für ihn aber auch keine Rolle. Viel wichtiger, sagt der langjährige Präsident der Niederrheinischen IHK, der sein Amt Ende des Jahres abgibt, im Gespräch mit der NRZ, sei schließlich immer die Qualität eines Gesprächs.

Der direkte, lebhafte Austausch, die rege, inspirierende Diskussion, an deren Ende auch ein Ergebnis gestanden habe, das vor allem werde ihm den Abschied nicht leicht machen, sagt Landers. Auch wenn er den Zeitpunkt selbst gewählt hat. „Der Moment ist richtig“, sagt der scheidende IHK-Präsident, wohlwissend, dass es nie den einen richtigen Augenblick gibt. Nicht bei all den Krisen, die Burkhard Landers im Laufe der Jahre begleitet haben.

Sein Amt übernimmt er 2009, auf dem Höhepunkt der Weltfinanzkrise. Ein Jahr später folgt die Eurokrise, 2011 das Unglück von Fukushima, 2015 die Flüchtlingskrise, 2020 Corona, 2022 schließlich der russische Angriffskrieg auf die Ukraine.

IHK-Präsident Landers fordert mehr Tempo bei Umsetzung der Wasserstoffstrategie

Und jetzt? Sei der Zeitpunkt gekommen und das niederrheinische IHK-Revier, das sich über Duisburg und die Kreise Wesel und Kleve erstreckt, trotz aller Krisen auf einem guten Weg. Burkhard Landers geht sogar noch ein Stück weiter: „Wir sind eine ganz, ganz starke Region.“ In Duisburg etwa gebe es „Perspektiven, die wir vor 13 Jahren noch nicht hatten“, so Landers mit Blick auf die Umbaupläne der Stahlindustrie auf Wasserstoffbasis. Der Kreis Wesel biete wiederum große Chancen für kleine und mittelständische Unternehmen. „Voerde und Dinslaken haben noch mehr Gewerbeflächen als Duisburg“, sagt der IHK-Präsident als Beispiel. Und Deltaport mit all seinen Ansiedlungen habe seit seiner Gründung 2012 eine große regionale Strahlkraft entwickelt.

Alles in allem eine gute Ausgangsposition also, die aber nicht manifestiert sei, mahnt Landers. Die Gefahr eines Verlusts der Wirtschaftskraft sieht er aktuell gegeben, vor allem durch zu lange Genehmigungsverfahren, die die deutsche Wirtschaft zu lähmen und im globalen Wettbewerb abzuhängen drohten. „Ich sehe die Gefahr der Deindustrialisierung“, sagt Burkhard Landers konkret.

Die Transformation der Stahlindustrie zur Wasserstofftechnik sei zu zögerlich, so Landers, der einen Stahlgipfel fordert, in dem sich Politik, Industrie und Kunden gemeinsam zu dieser Transformation bekennen, um die Zukunft zu sichern. Wenn der hiesige Stahl durch verpflichtende Zertifikate und höhere Energiepreise teurer werde, sagt der IHK-Präsident, „dann wird ihn niemand mehr kaufen wollen, weil er irgendwo anders in der Welt günstiger ist“. Es sei denn, auch die Kunden seien im Boot und die Politik schaffe schnellere und freiere Rahmenbedingungen für die Unternehmen, die diesen Umbruch nicht allein stemmen könnten.

Burkhard Landers zum Kiesabbau: Es dürfe auf beiden Seiten keine Maximalforderungen geben

So macht Landers weiter. Zum Beispiel der Rhein, einer der bedeutendsten Schifffahrtswege Europas. „Mit Schleusen aus der Kaiserzeit“, sagt der 66-jährige Unternehmer. „Wir arbeiten ohne Redundanz.“ Wenn irgendetwas schieflaufe, „haben wir ein Mordsproblem“. Das Tempo sei generell zu gering. „Wir können nicht stolz darauf sein, zehn Jahre für den Bau einer neuen Brücke zu brauchen“, so Landers. „Da, wo eine Brücke war, müssen wir in zwei bis drei Jahren eine neue hinstellen.“ In dem Fall könne man aber auch nicht „zwei bis drei Vegetationsperioden für ein Umweltverträglichkeitsgutachten abwarten“, sagt Landers.

Dass er damit bei Umweltschützern nicht punkten kann, ist ihm klar. Genauso wie mit seinen Forderungen zum Thema Kiesabbau. Man brauche den Rohstoff und könne ihn nicht überall abbauen, sagt der IHK-Präsident. Genauso müsse man mit validen Recyclingquoten arbeiten, so Landers weiter, der sich auch dafür ausspricht, nicht mehr Kies abzugraben als grundsätzlich benötigt wird. Klar sei: „Wir müssen eine Lösung finden.“ Am Ende müsse jeder erkennen, „dass wir wieder an einen Tisch müssen“, sagt Burkhard Landers, der aber von beiden Seiten Dialogbereitschaft einfordert. Es müsse sich jeder zurücknehmen und dürfe nicht „mit Maximalforderungen in die Diskussion gehen“.

„Nicht gegeneinander, sondern miteinander“, so Landers, nur so könne es einen Interessensausgleich geben.

>>> Ein Empfang zum Abschied<<<

Mit einem großen Empfang im Weseler Rathaus wurde Burkhard Landers am Samstagvormittag verabschiedet. Rund 100 Gäste, Weggefährten aus Wirtschaft, Politik und Verwaltung sowie Freunde und Familie, bereiteten dem langjährigen IHK-Präsidenten einen Vormittag, „von dem ich noch lange zehren werde“, sagte Landers einen Tag später. Für eine solche Ehrung in der Stadt, in der man selbst aufgewachsen sei und nach wie vor lebe, sei er sehr, sehr dankbar. Unter anderem trug sich Burkhard Landers, begleitet von seiner Ehefrau Elke, in das goldene Buch seiner Heimatstadt ein.