Kreis Wesel. Firmen im Kreis Wesel erwarten große Schwierigkeiten. Die Angst vor einer Rezession wächst. Das zeigt die neue Konjunkturumfrage der IHK.
Die Stimmung in den Unternehmen im Kreis Wesel ist so schlecht wie noch nie. Das zeigt der neue Konjunkturklimaindex der Niederrheinischen IHK. „So schlechte Werte hatten wir für unsere Region überhaupt noch nicht“, sagt IHK-Geschäftsführer Ocke Hamann im Gespräch mit der Redaktion. Um 27 Punkte ist der Konjunkturklimaindex im Vergleich zum Sommer gefallen und liegt jetzt bei 72 Punkten. „Ein historisch schlechter Wert“, so Hamann weiter, der nicht davon ausgeht, dass sich die Stimmung so schnell ändert. Nicht viel anders sieht es in den anderen IHK-Bezirken aus.
IHK im Kreis Wesel kritisiert zögerliche Politik
Während die Corona-Krise vor allem das Hotel-, Gaststätten- und Dienstleistungsgewerbe getroffen habe, wirke sich die jetzige Energie- und Lieferkrise sowie die schwindende Konsumlaune der Bevölkerung auf alle Wirtschaftsbereiche aus, so Hamann. „Diese Krise hat eine andere Genetik als Corona, weil es jetzt auch den industriellen Kern trifft.“ Und nahezu jeder Betrieb geht laut Hamann davon aus, dass sich das Klima im kommenden Jahr noch weiter verschlechtert. Lediglich vier Prozent der befragten Unternehmen rechnen mit einer Verbesserung. Dagegen haben laut IHK 25 Prozent der Industriebetriebe bereits damit begonnen, ihre Produktion umzustellen, zu drosseln und Investitionen zurückzuhalten.
Allerdings bemühen sich die allermeisten Unternehmen, ihre Beschäftigten zu halten, besonders hinsichtlich des großen Fachkräftemangels in Deutschland. Den Stellenabbau bezeichnet Ocke Hamann noch als moderat, für die IHK ein Hauptgrund, dass die Krise noch nicht auf den Arbeitsmarkt durchgeschlagen ist. Allerdings: Die Angst vor einer Rezession sei groß, so die IHK.
Dass sechs von zehn Betrieben besorgt in die Zukunft blicken, ist laut der niederrheinischen IHK auch eine Folge der zögerlichen Politik. Die Gaspreisbremse müsse nun schnell kommen, sagt IHK-Hauptgeschäftsführer Stefan Dietzfelbinger. „Beim Thema Strom brauchen wir eine vergleichbare Lösung, damit unsere Firmen planen können“, so Dietzfelbinger weiter, der in der Folge einfachere Genehmigungsverfahren fordert: „Um die Preise für Strom und Gas herunter zu regeln, müssen neue Windkraft- und Solaranlagen gebaut und alte Anlagen umgestellt werden. Anträge dafür müssen schneller bearbeitet werden. Das gilt in der aktuellen Situation mehr denn je.“
Auch die Kreishandwerkerschaft Wesel warnt vor „wirklich schwierigen Zeiten“
Vor allem energieintensive Unternehmen könnten jetzt Probleme bekommen, sagt Ocke Hamann und stellt die mögliche Sogwirkung für andere Unternehmen anhand eines Beispiels dar: Düngemittelproduzenten hätten bereits ihre Produktion zurückgefahren, bei der Randprodukte wie der Dieselzusatz Ad Blue oder Kohlensäure entstehen. Der dadurch entstehende Mangel führe zu rapiden Preisanstiegen mit Folgen beispielsweise für Brauereien.
Nach dem Zusammenbruch ganzer Lieferketten im Frühjahr dieses Jahres trifft auch die Energiekrise das Handwerk mit voller Wucht. Auf 30 bis 50 Prozent beziffert der Geschäftsführer der Kreishandwerkerschaft Wesel, Holger Benninghoff, den Anstieg der Energiekosten für die Betriebe. Vor allem für Bäckereien, Metzgereien sowie Friseurinnen und Friseure breche eine schwere Zeit an, so Benninghoff. Aber auch Metallbauer oder Autohändler mit großen Verkaufsräumen könnten Probleme bekommen.
„Die Betriebe stehen vor wirklich schwierigen Zeiten“, sagt Holger Benninghoff. Eine Insolvenzwelle macht er nicht aus, aber ob man durch die Krise komme, hänge auch von der Anpassungsfähigkeit der Betriebe ab. Zurückhaltend sein, nicht über seine Verhältnisse leben – insofern unterschieden sich die Notwendigkeiten der Betriebe nicht von den Notwendigkeiten der Privathaushalte, so Benninghoff. Ein Unternehmen aus Moers zum Beispiel habe angesichts der Spritpreise seinen Wirkungsradius reduziert und fahre nicht mehr über den Rhein. „In Duisburg nehmen die derzeit keine Aufträge an.“
>>> Freizeitwirtschaft profitierte vom guten Sommer<<<
55 Prozent der Betriebe rechnen laut IHK angesichts von Energiekrise, Inflation, Lieferengpässen und Konsumeinbruch mit schlechteren Geschäften. Ähnlich trüb waren die Aussichten zuletzt im Frühjahr 2020 nach Ausbruch der Corona-Pandemie (49 Prozent). Immerhin noch 25 Prozent der Unternehmen bezeichnen ihre Lage als gut, im Frühjahr waren es 30 Prozent. Gestützt wird dieser Wert durch eine positive Entwicklung bei den Dienstleistern. Jeder dritte Betrieb (33 Prozent) sieht sich noch in guter Verfassung, nur 12 Prozent berichten von schlechten Geschäften. Besonders die zuletzt gebeutelte Freizeitwirtschaft profitiert vom guten Sommer (37:20). Quelle: IHK