Kreis Wesel. Lieferengpässe, Fachkräftemangel, Inflation: Die Herausforderungen für das Handwerk im Kreis sind groß. Der Geschäftsführer erklärt die Gründe.
Die Aussichten könnten toll sein: Die Nachfrage ist unverändert hoch, die Auftragsbücher sind voll, und doch blickt das Handwerk nicht nur im Kreis Wesel mit Sorge auf die zukünftige Entwicklung, die vor allem durch drei Hauptfaktoren gebremst wird: Fachkräftemangel, Lieferengpässe und die Inflationsrate haben massive Auswirkungen auf Handwerksbetriebe und trüben den Blick der Handwerkskammern und Kreishandwerkerschaften.
Über unbesetzte Ausbildungsstellen, Fachkräftemangel und die Gründe dafür hat der Geschäftsführer der Kreishandwerkerschaft Wesel, Holger Benninghoff, bereits im vergangenen Februar gesprochen. Und noch immer seien die Personallücken groß. Vor allem in den Bereichen Elektro und Sanitär herrsche ein extremer Fachkräftemangel. Dabei sei gerade dort die Nachfrage wegen der Energiewende riesengroß, so Benninghoff im Gespräch mit der Redaktion. Genaue Zahlen kennt er nicht, schätzt die Quote der unbesetzten Stellen in beiden Branchen aber auf 15 bis 20 Prozent. Bei Dachdeckern und Maurern sehe es nicht viel anders aus, sagt der Geschäftsführer. Dort sei der personelle Bedarf ebenfalls hoch.
Handwerksbetriebe im Kreis Wesel melden Kurzarbeit an
Der Personalengpass zwingt die Betriebe zur Priorisierung: „Viele arbeiten nur noch ihre Stammkundschaft ab und nehmen gar keine Neukunden mehr an“, so Holger Benninghoff. Wer jetzt einen Handwerker sucht und nicht auf persönliche Kontakte zurückgreifen kann, muss Geduld oder Glück haben. Auf „neun bis zwölf Wochen - mindestens“ schätzt der Geschäftsführer die derzeitige Wartezeit.
Die nicht nur durch Personalmangel, sondern auch durch Materialknappheit hervorgerufen wird. Der russische Angriffskrieg auf die Ukraine störe die Lieferketten immens, so Benninghoff. Zum Beispiel bei Stahlbeton, der vor allem in der umkämpften und belagerten Stadt Mariupol hergestellt werde. Durch die von dort weggebrochenen Lieferungen könne eine Firma im Kreis Wesel nur noch auf 60 bis 70 Prozent ihres bestellten Bestands zurückgreifen. Auch in dem Bereich könnten Neukundengeschäfte kaum noch bedient werden, sagt Benninghoff.
Der Mangel an Material zieht sich durch sämtliche Produktgruppen und sorgt in manchen Fällen für die paradoxe Situation, dass Handwerksbetriebe trotz voller Auftragsbücher Kurzarbeit anmelden müssen. Laut Agentur für Arbeit nutzen derzeit rund 30 Handwerksbetriebe im Kreis Wesel dieses Instrument. Wie zum Beispiel ein Sanitärunternehmen aus dem Kreis, das einen Teil seiner Arbeit einstellen musste, weil ein großes Heiztechnikunternehmen im April keine einzige Wärmepumpe ausliefern konnte.
Die derzeitige Inflationsrate ist der dritte Faktor, den Holger Benninghoff als Herausforderung für das Handwerk sieht. Steigende Material- und Energiekosten treiben die Preise in die Höhe, ein Ende sei noch nicht in Sicht, so Benninghoff. Diese Mehrkosten würden auch die Kundinnen und Kunden spüren.