Rees. Es ist ein Katastrophenjahr für Igel, das erklärt der Nabu. Ehepaar Linssen aus Rees zeigt, wie leicht jeder im Garten den Tieren helfen kann.

Andreas Linssen war gerade auf dem Weg nach Hause, als er plötzlich einen kleinen Igel über die Straße torkeln sah. Er hielt an und schaute sich das schwache Tier ganz genau an, hörte es sogar leicht röcheln. Nur deshalb hob er ihn vorsichtig auf und legte ihn in den Fußraum des Beifahrersitzes. Denn, das sagt er auch: „Man sollte nie einfach so einen Igel hochnehmen, nur wenn er offensichtlich krank ist.“

An seinem Hof in Rees angekommen beriet sich Andreas Linssen mit seiner Frau Sandra. „Wir mussten uns erst einmal über Igel informieren“, erzählt sie. Denn so richtig wussten sie anfangs nicht, was sie nun mit dem Tier anfangen sollten. Bloß keine Milch geben, das fanden sie schnell übers Internet heraus. Viel besser ist Wasser. Und zum Glück haben sie auch immer eine Dose Katzenfutter da, über die sich nun ihr Gast freuen konnte.

Igelhilfe Goch päppelt kranke Tiere auf

Doch weil der Igel eben offensichtlich krank war, brauchte er noch mehr Hilfe. Die beiden recherchierten weiter im Internet und fanden schließlich die Nummer einer Igelhilfe. Nach einem kurzen Anruf durften sie das Tier dort hinbringen, sieben Wochen lang wurde es von Experten aufgepäppelt. Dann holten sie es wieder ab und das aus einem ganz bestimmten Grund, wie Sandra Linssen erklärt: „Igel müssen auf jeden Fall zurück in ihr Revier.“

Andreas und Sandra Linssen können mit ihrer Nachtsichtkamera die Igel beobachten.
Andreas und Sandra Linssen können mit ihrer Nachtsichtkamera die Igel beobachten. © Andreas Linssen

Also baute Andreas Linssen ein großes Außengehege für Steffi, wie er und seine Frau das Tier nun nannten. Und gaben ihr leckeres Futter. Doch über die am Gehege installierte Nachtsichtkamera sahen sie, dass Steffi die 40 Quadratmeter längst nicht reichten. Nacht für Nacht patrouillierte sie am Zaun entlang, den Blick aufs weite Feld dahinter gerichtet. Also entließen sie den Igel in die Freiheit, das ist schließlich sowieso „viel schöner für ein Wildtier“.

Igel fressen sich Fett für den Winter an

Doch so ganz ließ die beiden das Thema nicht los. Und so freuten sie sich, als sie im darauffolgenden Herbst wieder Igel auf ihrer Nachtsichtkamera zu sehen bekamen. „Die Igel haben sich an den kaputt gefahrenen Walnüssen satt gefressen“, erzählt Andreas Linssen. Und das, obwohl Igel Nüsse eigentlich nicht gut vertragen. Das störte die Tiere bei ihnen auf dem Hof aber scheinbar nicht. Damit sie sich noch mehr Fett für den Winter anfressen konnten, stellten er und seine Frau zusätzlich noch etwas Katzenfutter raus.

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Das mögen Igel, wussten die beiden ja noch von Steffi. Aber das mögen eben auch Katzen, wie sie schnell feststellen mussten. Also baute Andreas Linssen mal wieder, fertigte ein kleines Labyrinth aus Holz an. Denn um die eng angelegten Ecken können sich Katzen nicht schlängeln, Igel aber sehr wohl. Seit gut vier Jahren stellen er und seine Frau nun immer im Herbst das Labyrinth oder eine Schale mit speziellem Igelfutter an eine Hecke, das rühren Katzen sowieso nicht an.

Chaos im Garten ist gut für die Tiere

Zwei Igel schauen in diesem Herbst regelmäßig bei ihnen abends vorbei, futtern die kleine Schale leer und verschwinden morgens wieder unter den Hecken. „Ein bisschen Chaos im Garten ist gut für die Tiere“, weiß Sandra Linssen. „Es gibt nichts Schlimmeres als englische Gärte oder Mähroboter.“

Deshalb kehren die beiden bei sich im Garten das Laub einfach unter die Hecken, so ist es aus dem Blickfeld der Menschen und die Tiere freuen sich darüber. Und dann geben sie anderen Tierliebhabern noch ein paar Tipps: Im Garten kleine Wassertränken aufstellen, Kellerschächte abdecken und vor allem auf giftige Pestizide verzichten. Die Igel werden sich freuen.

>>>Katastrophenjahr für Igel

Der Nabu im Kreis Wesel und Kreis Kleve berichtet, dass es den Igeln in diesem Jahr besonders schlecht geht. „Noch nie haben wir so viele Igel in so bedauernswertem Zustand aufnehmen müssen“, erklärt Igelfachfrau Norma Heldens.

Ein Grund dafür ist die extreme Trockenheit des Sommers, durch die den heranwachsenden Igeln nur wenig Futter und Wasser zur Verfügung standen. Hinzu kommen aber auch der häufig gedankenlose Einsatz von Mährobotern, Freischneidern und Laubbläsern.

Wer einen verletzten Igel in der Natur findet, sollte das kostenlose Igel-Notnetz unter 0800/7235750 anrufen. Die Experten geben am Telefon erste Anweisungen zum Umgang mit dem Tier und vermitteln gleichzeitig den Kontakt zur nächsten Igel-Pflegestelle.

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