Kreis Wesel. Noch heißer und trockener: Die extremen Temperaturen könnten nur ein Vorgeschmack auf das Klima der Zukunft sein – auch im Kreis Wesel.

Wenn am Dienstag das Thermometer an der 40-Grad-Marke kratzt, könnte das nur ein Vorgeschmack auf das sein, was in Zukunft am Niederrhein droht. „Wir müssen uns auf extremeres Wetter einstellen“, sagt Professor Matthias Kleinke, Umwelttechniker an der Hochschule Rhein-Waal. Künftig, da sind sich viele Experten einig, werden solche heißen Tage (und sogar noch heißere) auch hier in der Region immer mehr zur Regel im Sommer, häufig gefolgt oder unterbrochen von heftigen Unwettern.

Die Redaktion erwischt Matthias Kleinke am Montag zum Telefoninterview nicht an einem der Hochschul-Standorte in Kamp-Lintfort oder Kleve, sondern in seiner Heimat Brandenburg. Dort sind die Ausmaße des Klimawandels schon jetzt deutlich zu sehen: Kaum Niederschlag und lange Trockenperioden führen in einigen Regionen zu dürreartigen Zuständen – die Landwirtschaft ächzt unter den Folgen, die Waldbrandgefahr steigt.

Zwar lassen sich der Kreis Wesel und der Niederrhein nicht eins zu eins mit der Landschaft in Brandenburg (insbesondere was die Wälder angeht) vergleichen, aber dennoch geben die Bilder aus dem Osten Deutschlands einen Fingerzeig, wie es in der Zukunft auch hier aussehen könnte. „Klimazonen werden sich verschieben und die Probleme näher rücken“, ist sich Kleinke sicher. Zum Teil sind diese Veränderungen am Niederrhein schon zu spüren. Da geht es nicht nur um die flirrende Hitze in dieser Woche, sondern noch viel stärker um die lang anhaltende Trockenperiode, die es auch in diesem Jahr wieder gibt.

Städte im Kreis Wesel müssen das Wasser besser speichern

Wenn zu wenig Wasser da ist, hat das weitreichende Folgen für die gesamte Umwelt: Bauern bekommen Schwierigkeiten mit ihrer Ernte, in den Städten gehen die Straßenbäume ein, in den vertrockneten Gewässern sterben die Fische, in den Wäldern toben Brände. Das Mikroklima verändert sich vielerorts. „Vor allem für die Landwirtschaft hier in der Region spielt die Trockenheit eine gravierende Rolle, viel stärker als Hochwasser“, sagt Kleinke.

Während sich das Wasser bei Starkregenereignissen am Niederrhein deutlich besser verteilen kann als etwa im vergangenen Jahr im engen Tal der Ahr, müssen sich Kommunen mehr Gedanken darüber machen, wie sie das Regenwasser besser nutzen können. Denn Kleinke geht davon aus, dass die Niederschlagsmengen künftig zwar aufs Jahr gesehen ungefähr gleich bleiben – aber viel mehr Wasser auf einmal vom Himmel kommt, während es ansonsten lange trocken bleibt. Der typisch niederrheinische Landregen, der für die Natur ein riesiger Segen ist, droht zum seltenen Ereignis zu werden.

So könnte sich das Klima im Kreis Wesel verändern

„Wenn wir in Dürreperioden nicht irgendwann völlig austrocknen wollen, müssen wir mehr Wasser speichern“, sagt Kleinke. Ein Schritt dahin kann Entsieglung sein, damit schlichtweg mehr davon versickern kann, es geht aber ebenso um technische Lösungen wie künstlichen Seen oder unterirdische Wasserspeicher. Denn bisher werde das Trinkwasser (etwa für das Gießen von Straßenbäumen) noch viel zu häufig genutzt – und Reinke geht davon aus, dass auch das irgendwann knapp wird. Denn je heißer es wird, desto mehr Wasser verdunstet – die Trockenheit verschärft sich. Temperaturen jenseits der 40 Grad hält der Wissenschaftler in der Region nicht für ausgeschlossen.

Wie sehr sich das Klima im Kreis Wesel verändern wird, zeigen zum Beispiel die Berechnungen des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung. Die Forschungseinrichtung pflegt auf ihrer Internetseite eine Karte, die auf Landkreisebene künftige Klimaentwicklungen darstellt. Geht man dabei von einer Erderwärmung von drei Grad im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter aus, könnte die mittlere Temperatur im Sommer im Kreis Wesel von 18,3 Grad auf 19,4 Grad nach 2080 steigen, die durchschnittliche Maximaltemperatur von 22,8 auf 23,9 Grad. Was das heißt: Die Anzahl der Tage mit mehr als 30 Grad würde sich von aktuell 7,9 auf 12,7 im Jahr erhöhen. Auch die Tage am Stück, an denen kein Niederschlag fällt, nehmen laut diesen Berechnungen leicht zu.

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