Kreis Wesel. Seit Jahren breitet sich Jakobskreuzkraut massiv aus. In Heu oder Silage versteckt, kann es Weidetiere töten. Wie das Problem angegangen wird.

Üppig und strahlend gelb blüht die Pflanze an Straßen- und Bahnböschungen im Kreis, von diversen Insekten frequentiert – für Menschen und Weidevieh ist sie aber giftig: Jakobskreuzkraut. Es bereitet vor allem Pferde- und Rinderhaltern große Sorgen. Jakobskreuzkraut, auch Jakobsgreiskraut genannt, ist ein altes heimisches Gewächs. Laut Landwirtschaftskammer NRW tritt es aber seit 2004 teils extrem stark auf. Wie viele Pferde und Kühe, aber auch die weniger empfindlichen Schafe und Ziegen, ihm im Kreis Wesel jährlich zum Opfer fallen, ist nicht bekannt: „Da es keine Meldepflicht für verstorbene Tiere durch Jakobskreuzkraut gibt, werden von Seiten des Kreisveterinäramts keine Daten dazu erhoben“, teilt der Kreis auf Anfrage mit.

Sonnengelb, in der Regel 13 Blätter pro Blüte und giftig: Jakobskreuzkraut kann über einen Meter hoch wachsen.
Sonnengelb, in der Regel 13 Blätter pro Blüte und giftig: Jakobskreuzkraut kann über einen Meter hoch wachsen. © FUNKE Foto Services | Lars Fröhlich

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„Das ist ein Riesenthema“, bestätigt Johannes Leuchtenberg, Vorsitzender der Kreisbauernschaft Wesel. Von den Straßenböschungen werde der Samen ins Grünland geweht – Jakobskreuzkraut verbreitet sich ähnlich wie Löwenzahn über fliegende Samen. Zwar fressen Pferde und Kühe die Giftpflanze frisch nicht, sie schmeckt bitter. In Heu oder Silage nehmen sie die Gefahr aber nicht mehr wahr, erläutert Leuchtenberg. Die tödliche Wirkung entsteht durch Alkaloide, die sich in der Leber der Tiere ansammeln: Schon geringe Mengen können chronische Krankheiten auslösen, warnt die Landwirtschaftskammer. „Die Pflanze muss aussortiert werden“, sagt Leuchtenberg.

Mähen und abtransportieren, um die Pflanze einzudämmen

Um das Weide- und Grünland zu schützen, fordert er, die Straßenböschungen rechtzeitig zu mähen und das Pflanzenmaterial auch abzutransportieren, „sonst kommt das wie ein Bumerang wieder zurück“. In diesem Punkt sind sich Bauern und Naturschützer übrigens einig: Sabine Engler von der Biologischen Station Kreis Wesel sagt, man dürfe die Pflanze nicht zur Samenreife kommen lassen. Die Zeit dränge: „Bis spätestens Mitte Juli muss gemäht sein, sonst ist es zu spät.“

Die Bauern bekämpfen die Pflanze zur Not mit Herbiziden, um ihre Tiere zu schützen. Genau das möchte die Biologische Station vermeiden, beide Seiten blicken auf die Straßenbaulastträger, die aktiv werden müssten. Auf Anfrage teilt der Kreis Wesel mit: „Von Seiten des Bauhofs wurde mitgeteilt, dass in diesem Jahr bisher keine größeren Probleme mit Jakobskreuzkraut an den Kreisstraßen festgestellt oder gemeldet wurden. Sofern gehäuft Jakobskreuzkraut an einer Stelle aufkommt, wird dieses durch den Bauhof abgemäht.“ Der Landesbetrieb Straßen NRW, zuständig für Bundesstraßen, sagt: „Generell ist es so, dass wir als Straßenbaulastträger regulär zwei Mal im Jahr (im Frühjahr sowie im Spätsommer) Mäharbeiten ausführen. Das Jakobskreuzkraut haben wir jedoch auch bei generellen Kontrollfahrten besonders im Blick und bei Bedarf wird es auch außerhalb der regulären Mäharbeiten entfernt.“ Man solle größere Vorkommen beim Landesbetrieb melden, der reagiere dann.

Hobby-Pferdehalter beraten: Vernünftige Grünlandwirtschaft ist eine Voraussetzung

Für Ingo Dünnebacke vom Versuchs- und Bildungszentrum Landwirtschaft Haus Riswick der Landwirtschaftskammer NRW in Kleve ist der alleinige Blick auf die Straßenbaulastträger zu kurz gedacht. Er sieht auch Fehler bei den Tierhaltern. „Eine vernünftige Grünlandwirtschaft mit der Kombination von Schnitt und Weide ist notwendig“, erklärt er, auch maßvolle Düngung müsse sein. Jakobskreuzkraut siedele sich immer dort an, wo Lücken in der Weide entstehen, daher seien Nachsaaten wichtig. Während die meisten Bauern das gut im Griff hätten, sieht er Nachholbedarf bei den Hobby-Pferdehaltungen. Vielen fehle die gute fachliche Praxis in der Grünlandpflege. Auch sieht er einen Zwiespalt zwischen Naturschutzaspekten und der Eindämmung der Giftpflanze. „Die Straßenmeistereien sind wegen der Diversität vom Land dazu angehalten, möglichst wenig zu mähen“. Als weitere Ursachen nennt er das Ausmagern von Böden und die zunehmende Trockenheit: Beides Bedingungen, die Pflanzen wie das Jakobskreuzkraut mögen.

Ausreißen und ausgraben – aber bitte mit Handschuh

Nicht nur Behörden können aktiv werden, sagt Sabine Engler von der Biologischen Station. „Jeder sollte auf seiner Fläche das Jakobskreuzkraut ausreißen, besser noch ausgraben. Dann kann man es auch ohne den Einsatz von Gift bekämpfen, das ist unser Ziel.“ Erkennbar ist es, neben dem kantigen, oft bräunlichen Stängel, an seinen jeweils 13 Blütenblättern. Dr. Clara Beerendock von der Landwirtschaftskammer NRW rät: „Zur eigenen Sicherheit sollten Schutzhandschuhe getragen werden, da nach Hinweisen in der Literatur der Wirkstoff auch über die Haut aufgenommen werden.“ Die hübsche Pflanze kann auch Menschen gefährlich werden.

Da heimisch, hat sie tatsächlich auch einen natürlichen Feind. Die Raupe des rot-schwarzen Nachtfalters Blutbär, gelb-schwarz geringelt, hat Jakobskreuzkraut zum Fressen gern. Im großen Stil ist sie aber kaum geeignet, die Pflanze zu bekämpfen, sagt Sabine Engler von der Biostation, „ich bezweifle, dass die Raupen das in den Griff bekommen“.

Tierhalter können sich von der Landwirtschaftskammer zum Thema Jakobskreuzkraut und seine Bekämpfung beraten lassen, 02821 9960, Ansprechpartner ist Ingo Dünnebacke.