Kreis Wesel. Mit einer neuen Studie sieht Zukunft Niederrhein die These widerlegt, dass ein Komplettausstieg aus dem Kiesabbau möglich ist.
Im Streit um den Kiesabbau im Kreis Wesel geht es auch um die Deutungshoheit. Auch vor der womöglich richtungsweisenden Verhandlung am kommenden Dienstag, 3. Mai, vor dem Oberverwaltungsgericht Münster, in der es um die Bedarfsberechnung geht.
Wie viel Kies ist notwendig? Je nach Lagerzugehörigkeit kommt eine andere Antwort heraus. Und mit einer neuen Studie möchte die Kiesinitiative „Zukunft Niederrhein“ nun die These widerlegen, dass ein kompletter Ausstieg aus dem Kiesabbau möglich sein kann.
Diese Auffassung hatte der SPD-Landtagsabgeordnete René Schneider mit Hilfe eines eigenen Programms formuliert. Die „R.A.U.S-Strategie“ sieht unter anderem den systematischen und durch Rohstoffabgaben finanzierten Ausbau von Recyclinganlagen sowie den Einsatz von Eisenhüttenschlacken beziehungsweise Hüttensand aus der Eisen- und Stahlproduktion als Sekundärbaustoffe vor.
Gewissermaßen als Gegenpart legt der Bundesverband „Baustoffe - Steine und Erden“ (bbs) eine Studie vor, die die Nachfrage nach „Primär- und Sekundärrohstoffen der Steine-Erden-Industrie bis 2040 in Deutschland“ beleuchtet. Die Studie, die bbs bei DIW Econ, dem Consulting-Unternehmen des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, und einer Aachener Ingenieurgesellschaft für Bergbau und Rohstoffindustrie in Auftrag gegeben hat, kommt beinahe zwangsläufig zu einer anderen Einschätzung.
Je nach wirtschaftlicher Entwicklung geht die Studie bis 2040 entweder von einem Bedarfsrückgang um rund 100 Millionen Tonnen im Gegensatz zum Vergleichsjahr 2019 (580 Mio. Tonnen) oder gar von einem Anstieg um 20 Millionen Tonnen aus.
Bei beiden Wirtschaftsszenarien ist laut Studie klar, dass der Bedarf an Primärrohstoffen weiterhin hoch bleiben wird. Erklärt wird das zum einen mit dem bundespolitischen Willen, massiv in den Wohnungsbau zu investieren, zum anderen aber mit der Annahme, dass das Angebot von Hüttensand oder REA-Gips infolge der Dekarbonisierung und des Kohleausstiegs „zurückgehen beziehungsweise vollständig entfallen“ werde.
Die Studie spricht sich zwar deutlich für einen weiteren Ausbau des Baustoffrecyclings und für verbesserte Rahmenbedingungen aus, allerdings geht sie nicht davon aus, dass die Substitutionsquote als Ersatz für Kies und Sand in Zukunft deutlich ansteigt. Sie rechnet damit, dass eine Quote von 15 Prozent gehalten oder nur „moderat gesteigert“ werden kann. Allerdings, so der Baustoffverband, werde man „bei der Optimierung des Baustoffrecyclings am Ball bleiben“. Gleiches gelte für den Ausgleich zwischen Rohstoffgewinnung und Naturschutz.