Goch. Sieben junge Landwirte gaben in Goch einen Einblick in ihren Alltag. Und Johann Verhoeven erklärte, warum der Beruf nichts für ihn ist.

Als Annika Pauwen in ihrer Sportgruppe erzählte, sie wolle Landwirtin werden, stieß sie auf einen Abgrund an Vorurteilen und Unwissenheit. Ob sie dafür überhaupt eine Ausbildung brauche? „Eine schwierige Zeit, denn bis auf meine Oma wollte eigentlich niemand, dass ich diesen Beruf ergreife“, berichtete sie am Freitagabend im Gocher Kastell. Dort hatten sich etwa 120 Mandatsträger der unterschiedlichen Ebenen im Kreis Kleve zusammengefunden, um mehr zur Zukunft der Landwirtschaft im Kreis Kleve zu erfahren. Eingeladen waren Mitglieder von CDU, SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP sowie der Gruppe der Vereinigten Wählergemeinschaften im Kreistag Kleve.

Im Kastell wurde über die Zukunft der Landwirtschaft diskutiert. 
Im Kastell wurde über die Zukunft der Landwirtschaft diskutiert.  © NRZ | Andreas Daams

Aufwendige Präsentation

Für die Präsentation hatte man sich viel Mühe gegeben. In acht kurzen Filmen zeigten Paula Backhaus und Dirk Verweyen, wie es auf den Höfen zugeht, welche Schwerpunkte die jungen Landwirtinnen und Landwirte haben und was sie besonders umtreibt. Das vertieften dann die Moderatoren Johannes Büsch und Bärbel Buschhaus in kurzen Interviews.

Wir wollen doch am liebsten gar keine Subventionen, sondern faire Preise.
Julia Velmans, - angehende Landwirten aus Kevelaer.

Was bei allen deutlich wurde: Landwirt ist ein Beruf, den man wirklich lieben muss. Denn er ist extrem zeitintensiv, über 30-Stunden-Woche und Work-Life-Balance können hiesige Landwirte nur müde lächeln. So ein Familienbetrieb fordert extrem. Annika Pauwen und ihre Familie mit drei Kindern kann keinen Urlaub machen. Julia Velmans aus Kevelaer, die gerade Landwirtschaft in Osnabrück studiert, macht die fehlende Planungssicherheit Angst, wegen der man mit Sorgen ins Bett geht. Sie ärgert sich über das ewige Gerede von Subventionen: „Wir wollen doch am liebsten gar keine Subventionen, sondern faire Preise.“

Fehlende Freizeit, keine freien Wochenenden

Die Moderatoren Johannes Büsch und Bärbel Buschhaus.
Die Moderatoren Johannes Büsch und Bärbel Buschhaus. © NRZ | Andreas Daams

Johann Verhoeven, der von einem ökologischen Bauernhof stammt, entschied sich wegen all dieser Grunde gegen die Landwirtschaft. Er hat stattdessen Theologie studiert und ist heute Bildungsreferent am Katholischen Bildungszentrum Wasserburg Rindern. „Fehlende Freizeit, keine freien Wochenenden, kein Urlaub – da habe ich schon früh gedacht: Das will ich nicht.“ Er sieht sich heute als Promoter der Landwirtschaft, der das Dilemma genau benennt: „Die gesellschaftlichen Ansprüche und die Gegebenheiten des Marktes passen nicht zusammen.“

Das machte Christoph Beenen sehr schön deutlich. Er züchtet in Rees-Brienen in großem Stil Putenküken. „Wir müssen den Markt bedienen und nicht die Umfragen“, sagte er. Einen Teil des Betriebs hat er zu einer anspruchsvolleren Haltungsform umgebaut – und prompt sinkt gerade hier der Absatz. Andreas Kox aus Kerken hat vor zwölf Jahren einen neuen Stall für die Ferkelerzeugung gebaut, der allen damals aktuellen Standards entsprach. In fünf Jahren muss er alles umgebaut haben, weil sich die Normen geändert haben. „Das ist schwierig, weil wir lange Zeit brauchen, um das nötige Kapital zu erwirtschaften.“

Der ländliche Zusammenhalt prägt

Landwird Andreas Kox im Gespräch mit Bärbel Buschhausen.
Landwird Andreas Kox im Gespräch mit Bärbel Buschhausen. © NRZ | Andreas Daams

Die Bio-Landwirtin Ursula Baumgärtner hat Teile ihrer Ländereien am Kevelaerer Wasserschutzgebiet darum zur Erzeugung von Strom in Form von Solarpark und Windkraft umgewidmet. Ihr Fazit: Jeder müsse in seiner Region und Situation sehen, wie er seinen Betrieb voranbringt. Klar wurde bei der Veranstaltung auch, wie sehr die Familien ins Geschehen eingebunden sind. „Der ländliche Zusammenhalt hat mich sehr geprägt“, erzählt etwa Bastian Buschhaus aus Wachtendonk, auf dessen Hof vier Generationen leben.

Und auch Andreas Berghs-Trienekens aus Straelen betont: „Es ist ja nicht alles schlecht.“ So habe die Erhöhung des Mindestlohns zwar zu finanziellen Einbußen geführt, andererseits kämen nun auch wieder Saisonarbeiter aus Polen und Rumänien, auf die er angewiesen ist. Eine Sache scheint darüber hinaus allen sehr wichtig zu sein: das Ehrenamt, ob in Feuerwehr oder Landjugend, bei den Landfrauen oder in der Politik.

Lesen Sie auch diese Nachrichten aus Kleve und dem Umland