Kleve. In Kleve gibt es nicht einen einzigen Spielplatz, der von Rollstuhlfahrern genutzt werden kann. Das soll sich jetzt ändern.
Nicht ein einziger der über 60 Spielplätze in Kleve ist barrierefrei. So haben beispielsweise Kinder im Rollstuhl keine Möglichkeit am täglichen Spiel mit den anderen Kindern teilzuhaben. Die Spielgeräte sind für sie nur schwer oder gar nicht nutzbar. Sand als Untergrund oder unebene Wiesenflächen sind für Rollstuhlfahrer nicht zugänglich. Doch nicht nur Kinder im Rollstuhl haben es auf Klever Spielplätzen nicht leicht: Auch Kinder mit Sehbehinderungen oder anderen Beeinträchtigungen stoßen hier oft auf unüberwindbare Hürden.
Spielplätze sind Orte, an denen Kinder zusammen kommen, Spaß haben und ihre motorischen und sozialen Fähigkeiten verbessern können. In Kleve ist dies bisher allerdings nicht für alle Kinder gleichermaßen möglich. So kann es nicht bleiben, sagen die Grünen: Sie haben einen Antrag zur „konsequenten Berücksichtigung der Barrierefreiheit bei der Neuanlage oder Umwandlung von Spielplätzen im Stadtgebiet“ gestellt. Dieser wurde in der Ratssitzung am Mittwoch, 21. Februar, einstimmig verabschiedet. Zuvor hatten die Offenen Klever bereits einen Prüfantrag gestellt, um zu ermitteln, welcher Spielplatz in Kleve barrierefrei umgebaut werden könne.
Niklas Lembeck, Pressesprecher der Stadt Kleve, betont auf Nachfrage der NRZ, dass die Spielplätze nicht barrierefrei, sondern barrierearm umgebaut werden sollen: „Barrierearme Spielplätze sind darauf ausgerichtet, bestehende Barrieren zu minimieren, um die Zugänglichkeit für Kinder mit unterschiedlichen Fähigkeiten und Einschränkungen zu gewährleisten. Barrierefreie Spielplätze beseitigen hingegen restlos alle Barrieren, um Kindern mit physischen, sensorischen oder kognitiven Einschränkungen ein vollständiges und gleichberechtigtes Spielerlebnis zu gewährleisten.“ Auf einem barrierefreien Spielplatz gebe es demnach viele altbekannte Spielgeräte wie Rutschen oder Klettergerüste nicht, wohingegen sie auf barrierearmen Spielplätzen um inklusive Geräte ergänzt würden.
An der Stadthalle wird der erste inklusive Spielplatz errichtet
Der erste barrierearme Spielplatz in Kleve soll nun an der Wasserstraße im Zuge der Umbaumaßnahmen an der Stadthalle entstehen, teilte die Stadt Kleve der NRZ mit. Zudem sei an der Merowingerstraße der barrierearme Umbau eines Spielplatzes geplant. Die Baumaßnahmen sollen im zweiten Halbjahr dieses Jahres beginnen.
„Es besteht in Bezug auf die Einrichtung barrierefreier Spielplätze in Kleve dringender Handlungsbedarf“, so Bruno Janßen, Mitglied der grünen Ratsfraktion, auf Nachfrage der NRZ. Von ihnen wurde der Antrag in den Ausschuss für Generationen und Gleichstellung eingebracht. Langfristig sei es das Ziel, möglichst viele Spielplätze barrierearm umzugestalten. Dies könne im Rahmen ohnehin notwendiger Sanierungsmaßnahmen geschehen.
Für viele Spielgeräte gibt es barrierefreie Lösungen
Doch wie sieht so ein inklusiver Spielplatz eigentlich aus? Die Grünen schreiben in ihrem Antrag, dass nicht jedes Spielgerät barrierefrei sein könne. Für viele gebe es allerdings Alternativen. Gemeinsam mit dem Forschungsinstitut für Inklusion durch Bewegung und Sport (FIBS) hat die Aktion Mensch 2023 die Studie „Inklusion auf Spielplätzen in Deutschland – Eine multimethodische Studie zu Gestaltung und Bedeutung von Spielräumen für Kinder mit und ohne Behinderung“ herausgegeben. Die Ergebnisse der Studie fasst die Aktion Mensch in ihren Handlungsempfehlungen zusammen. Wichtig für einen barrierefreien Spielplatz sei die Zugänglichkeit des Spielplatzes und der Geräte. So sollte es beispielsweise Wege für Kinder im Rollstuhl geben, um die Spielgeräte zu erreichen. Diese sollten jedoch wegen der schweren Befahrbarkeit nicht aus Sand bestehen. Ebenso seien Fallschutzbereiche und Leitsysteme für Sehbeeinträchtigte Kinder von hoher Bedeutung.
Es sollte Spielgeräte für alle Kinder geben
Die Spielmöglichkeiten sollten möglichst vielfältig sein. Nicht jedes Spielgerät kann von allen Kindern genutzt werden. „Ziel bei der Gestaltung eines Spielplatzes sollte es vielmehr sein, einen Raum zu schaffen, der allen Kindern Zugang, spielerische Abwechslung und Herausforderungen bietet und auch Eltern, Familie und Angehörige miteinbezieht“, so die Aktion Mensch. Mögliche barrierefreie Lösungen sind beispielsweise Sandkästen mit erhöhten Bereichen, Schaukeln oder Karussells, schreiben die Grünen in ihrem Antrag. „Die Planungen für die beiden Spielplätze sind noch nicht abgeschlossen“, heißt es seitens der Stadt Kleve. So sei bereits ein grundlegendes Konzept erarbeitet worden, die Auswahl der Spielgeräte jedoch noch nicht abgeschlossen.
Da der Umbau eines schon bestehenden Spielplatzes zu einem barrierefreien deutlich schwieriger zu planen und zu bauen ist, plant die Stadt Kleve alle 62 Spielplätze einer Analyse zu unterziehen. So sollen die Möglichkeiten eines barrierearmen Umbaus ermittelt werden. „Auf Grundlage dieser Analyse kann eine Prioritätenliste erarbeitet werden, anhand derer die Spielplätze saniert sowie inklusive Spielgeräte und sonstige Einrichtungen nachgerüstet werden können“, so Niklas Lembeck.
Einen Spielplatz barrierearm umzugestalten erwiese sich oft als schwierig. So verhindern die örtlichen Gegebenheiten teilweise den Umbau, denn der Zugang zu den Spielgeräten muss ebenfalls gewährleistet sein und es muss auf Sicherheitsbereiche von vorhandenen Spielgeräten Rücksicht genommen werden. Es müssen also nicht nur die Spielgeräte ausgetauscht werden, sondern das Umfeld muss ebenfalls bearbeitet werden. Der Pressesprecher der Stadt Kleve gab der NRZ eine grobe Kostenrechnung am Beispiel eines Karussells. So lägen die Anschaffungskosten bei einem klassischen Karussell etwa zwischen 2.500 Euro und 5.000 Euro, bei einem inklusiven Karussell etwa zwischen 15.000 Euro und 20.000 Euro, zuzüglich 5.000 Euro für den Umbau des Umfeldes.
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