Kleve. Fehlendes Personal, Materialprobleme, alte Züge, marode Strecke – das Elend könnte kaum größer sein. So steht es um den Niersexpress.
Ob sich Thomas Kopp wirklich gefreut hat, im Verkehrsausschuss des Kreises Kleve über den aktuellen Stand des RE10 zu berichten, wie er zu Beginn floskelhaft behauptete, sei dahingestellt. Sein einstündiger Vortrag über den Niersexpress muss ihm wie eine einzige Tortur vorgekommen sein. Eine Stunde lang gab es eigentlich nichts Positives zu berichten. Der Geschäftsführer von Transdev, dem Betreiber der Strecke, musste am Ende einräumen, dass man die Probleme auf der Strecke selbst nur „schwerlich“ ertragen könne.
Alte Triebwagen auf der Strecke
Es fehlt an Personal, es fehlt an Material, die Züge sind alt und das Streckennetz ist eine Katastrophe. Für all das ist Transdev nicht allein verantwortlich, aber das ist dem Fahrgast letztlich auch egal. Unterm Strich bleibt: Der Niersexpress fährt nicht oder zu spät, die Kommunikation mit dem Kunden ist dürftig und der Ersatztransport im Notfall ist quasi Glückssache.
Thomas Kopp berichtete im Ausschuss, dass die Züge, die auf der RE 10-Strecke fahren, „ein Stück weit in die Jahre gekommen sind“. Zum Teil hätten sie schon zwei Verkehrszyklen hinter sich und seien nicht mehr so weit von den 30 Einsatzjahren entfernt. Neue Fahrzeuge seien bestellt, aber die Auslieferung verzögere sich. Bis Dezember 2028 wird sich deshalb beim RE 10 vermutlich nichts ändern. Bis dahin wird Transdev auch den Betrieb übernehmen.
Dieselfahrzeuge sind Gold wert
Da die Züge beim Hersteller nicht vom Band laufen, sind die alten Dieselfahrzeuge auf der Linie RE10 quasi Gold wert. Die alten Maschinen seien zwar störanfällig, aber immerhin vorhanden. Handwerker für die Reparatur der Triebwagen sind allerdings auch schwer zu finden. Und so dauert es eben länger, bis das Material wieder zur Verfügung steht. Kopp erzählte die Anekdote, dass ein Triebwagen zwei Wochen lang kaputt in Kleve gestanden habe, weil sich kein Lokführer gefunden habe, der das Fahrzeug in die Werkstatt hätte fahren können.
Hinzu komme ein eklatanter Materialmangel. Auf Einbauteile für Toiletten müsse man derzeit ein dreiviertel Jahr warten. „Das Thema Lagerhaltung ist für uns eine ganz neue Herausforderung“, so Kopp.
Darum kommt es zu Störungen
„Der RE 10 ist eine gebeutelte Linie“, sagt der Geschäftsführer. 50 Prozent der Ausfälle seien auf die mangelhafte Infrastruktur zurückzuführen. Und dafür sei die Deutsche Bahn verantwortlich. Die Hauptursachen sind: Störungen an Bahnübergängen (15,45 Prozent), Stellwerksstörungen (14,14 Prozent), Signalstörungen (10,29 Prozent) und verspätetes Personal (7,96 Prozent). Diese Störungen taten auch der Transdev weh, die eine Million Euro an Pönalen (Strafen) zahlen musste. „Das tut weh“, so Kopp. Auf den Vorschlag, die Pönale lieber in die maroden Toilettenanlagen zu stecken oder für andere Dinge im RE 10 auszugeben, antwortete Kopp: „Ich mache den Job jetzt seit 20 Jahren. Mit WCs haben wir noch nie einen Blumentopf gewonnen.“ Die Toiletten seien entweder wegen der Technik oder wegen der schlechten Entsorgung kaputt.
Was die Störanfälligkeit des Netzes angehe, steche der RE 10 in NRW hervor. Kopp erklärte, wie schwierig es sei, überhaupt Personal zu kommen. Bei Bewerbungsgesprächen stelle man zunächst einmal das Unternehmen vor und tue alles dafür, dass der Bewerber nicht sofort wieder geht. Man sei bei diesem Thema dran, aber man müsse deutlich mehr in die Personalgewinnung investieren als bislang. Auch neue Triebfahrzeugführer werden ausgebildet.
Notverkehr muss ad hoc geregelt werden
Die Ausschussmitglieder wollten wissen, warum die Fahrgastinformation so mangelhaft und der Schienenersatzverkehr oft schlecht organisiert sei. Kopp erklärte, dass der Busnotverkehr schwierig zu organisieren sei. Wenn ein Zug ausfalle, rufe man spontan die Busunternehmen in der Region an. „Die haben aber auch mit Personalmangel zu kämpfen“, so Kopp. Inzwischen stellt die DB-Infra Bereitschaftsbusse zur Verfügung. Zwei Busse gibt es. Bisher seien sie noch nicht zum Einsatz gekommen.
Um die Kommunikation mit dem Fahrgast zu verbessern, wurden jetzt so genannte „Geschäftsvorfallmanager“ eingeführt. Sie sollen über die elektronischen Anzeigetafeln an den Bahnhöfen, die DB-App und die Internetseite Zuginfo.NRW schnell informieren. Wichtig ist den Fahrgästen allerdings auch: Wie komme ich jetzt hier weg? Wann fährt der nächste Bus? Wann der nächste Zug? „Das Thema Fahrgastinformation ist durchaus auch ein uns obliegendes“, sagte Kopp. Es klang etwas ernüchternd.
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