Kreis Kleve. Laut neuer EU-Richtlinie, müssen die Kommunen Behälter für Altkleider aufstellen. Was bedeutet das für die caritativen Sammelboxen?

Wohin mit der alten Jacke, dem durchgelaufenen Schuh, der zerrissenen Decke? Mülleimer? Bisher sammeln die Städte und Gemeinden Bioabfälle, Kunststoff-, Metall-, Papierabfälle, Glas, Sperrmüll und gefährliche Abfälle getrennt. Ab Januar nächsten Jahres aber auch Textilien. So will es die Europäische Union. Und das will auch im Kreis Kleve vorbereitet sein.

Je 1000 Einwohner ein Depotcontainer

Seit 2020 bereits ist für den Stichtag 1. Januar 2025 festgeschrieben, dass die kommunale Entsorgungswirtschaft selbst getrennt sammeln muss. Sie darf das also nicht allein den caritativen Verbänden und kommerziellen Firmen überlassen. „Die Phase ist jetzt gerade zu entscheiden: Wo geht die Reise eigentlich hin?“, beschreibt Rolf Janssen, Geschäftsführer der KKA, Kreis Kleve Abfallwirtschafts GmbH, auf NRZ-Nachfrage. Nächste Woche kommen die Kommunen genau darüber miteinander ins Gespräch. Ein- bis zweimal im Jahr setzt sich der Arbeitskreis Abfallwirtschaft zu aktuellen Problemen zusammen. „Laut Rechtsprechung soll es je 1000 Einwohner einen Depotcontainer geben, das ist die Richtschnur“, erklärt Janssen. Aber welches Mindestangebot müssen die Kommunen dann selbst leisten? Jeder ein oder zwei eigene Container? „Der Gesetzgeber hat nicht gesagt, wie man damit umgehen muss.“

„In Kleve besteht bereits ein System für das getrennte Sammeln auch von Textilien, in Bedburg Hau zum Teil ebenfalls“, überschlägt Rolf Jansen. Und in Kalkar werden die Stoffe aus den orangefarbenen Containern verkauft und der Erlös kommt der Jugendarbeit der Stadt zugute. Doch die meisten Kommunen im Kreis haben keine eigenen Sammelcontainer für alte Textilien.

Kleve hat bereits seit Jahren vorgesorgt

„Bei der Novellierung des Kreislaufwirtschaftsgesetzes muss Kleve nichts neu veranlassen“, erklärt Karsten Koppetsch, Vorstand der Klever Umweltbetriebe USK, gelassen. „Denn das steht schon alles in der Klever Abfallsatzung.“ Neben Textilcontainern der caritativen Einrichtungen hat die Stadt Kleve ihre eigene organgefarbenen Sammelboxen. Die sogenannte Kle-Box gibt es seit 2012. „Sie sind flächendeckend aufgestellt und werden sehr gut angenommen“, sagt Koppetsch. Damit ist Kleves Abfallmanagement mal wieder Vorreiter im Kreis.

Laut EU-Abfallrahmenrichtlinie (Art. 11 Abs. 1, 3. UA) soll ab Januar 2025 europaweit der Green-Deal verpflichtend sein: die Sammelmengen zu erhöhen und mehr Recycling zu garantieren. Eine erweiterte Herstellerverantwortung ist in der Diskussion, sagt Rolf Janssen, Geschäftsführer der KKA. Wenn ein Unternehmen in der EU ein Produkt herstellt oder vertreibt, ist es im Rahmen der erweiterten Herstellerverantwortung für die Rücknahme, die fachgerechte Sortierung, für Recycling oder die Entsorgung und auch die Nutzung verantwortlich. Eine Verbrennung ist dann nur in engen Ausnahmenfällen zulässig.

1000 Tonnen alte Kleidung, Schuhe, Decken pro Jahr

Das sagen die Verbände

Es sei auch möglich, dass ab 2025 komunale Sammelcontaienr Vorrang bekommen vor kommerziellen, weil sie einen klaren gesetzlichen Auftrag erfüllen, überlegt der Verband kommunaler Unternehmen (VKU) als Interessenvertretung der kommunalen Versorgungs- und Entsorgungswirtschaft in Deutschland.

In Deutschland werde ja bereits die kommunale Getrenntsammlungspflicht erfüllt durch gut funktionierende und bundesweit lückenlose gewerbliche, gemeinnützige und kommunale Sammlungen, so sieht es der Bundesverband Sekundärrohstoffe und Entsorgung (bvse) als Fachverband fürs Textilrecycling.

Bisher fallen rund 200 Tonnen Alttextilien pro Jahr aus den Sammelboxen im Kreis Kleve an, sagt der KKA-Chef. Hochgerechnet soll im Kreis Kleve eine Menge von 1000 Tonnen alte Kleidung, Schuhe, Decken, Bettzeug und ähnliches im Jahr aus den 16 Kommunen zusammenkommen. Der Rohstoffmarkt ist umkämpft. Derzeit sind auch alte Textilien ein teures Gut. „Je mehr Anbieter aber auf den Markt drängen, desto mehr wird der Preis sinken,“ erwartet Rolf Janssen. Wenn also die Kommunen mitmischen, werden sich möglicherweise die gewerblichen Anbieter zurückhalten, „aber das ist nicht wirklich vorherzusehen“, sagt der KKA-Chef.

Depotcontainer von gemeinnützigen und gewerblichen Sammlern sollen auch künftig Bestand haben, nur müssen die Städte und Gemeinden parallel ebenfalls ein Angebot machen. Bisher kann eine Stadt den kommerziellen Anbietern nur in Ausnahmefällen das Aufstellen von gewerblichen Alttextilien-Containern auf öffentlichen Flächen untersagen. Laut straßenrechtlicher Sondernutzerlaubnis geht das nur, wenn die Boxen die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs beeinträchtigen oder etwa optisch unerwünscht sind. „Niemand will in einer Straße wohnen, in der zehn Container nebeneinander aufstellt sind“, gibt Rolf Janssen ein Beispiel.

Bisher hauptsächlich zu Dämmmaterial verarbeitet

Was geschieht mit den alten Textilien aus den Sammelcontainern? „Wir müssen die Verwertungen nachweisen“, antwortet der KKA-Geschäftsführer neutral. Die Abfallgesellschaft hat einen Vertragspartner zur Vermarktung des Containerinhaltes. „Da geht es um die stoffliche Verwertung. Es wird also hauptsächlich zu Dämmmaterial verarbeitet.“ Weniges geht nach einer Qualitätsprüfung auch zurück in die Textilindustrie, weiß Karsten Koppetsch in Kleve.

Unter den caritativen Sammlern sortieren manche die tragbare Kleidung aus, andere schließen ebenfalls mit Verwertern Verträge ab. Unter den gewerblichen gibt es seriöse und schwarze Schafe, die sich mit falschen Aufklebern für angeblich gute Zwecke einen gemeinnützigen Touch geben. Man sollte sich lieber an bekannte Adressaten halten, eben die orangefarbenen Boxen der Stadt Kleve oder die der örtlichen caritativen Einrichtungen nutzen, rät Karsten Koppetsch.

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