Goch. Achtklässler des Gymnasiums Goch sprachen, spielten und backten mit Bewohnern im Altenheim. Was hinter dem neuen Schulprojekt steckt.

„Ihr habt euer Leben noch vor euch“, sagt Elli van Horrick zum Ende des Gesprächs und blickt in die Gesichter der drei Jungen, die im Halbkreis um sie herum sitzen. Benjamin, Jason und Simon, drei Achtklässler aus einem evangelischen Religionskurs des Städtischen Gymnasiums Goch, haben die 96-Jährige in ihrem Zimmer in der Senioreneinrichtung der Bruderschaft zu Unserer Lieben Frau besucht und mit ihr über das Leben gesprochen.

Die Schülerinnen bastelten gemeinsam mit den Seniorinnen und Senioren Karnevalsmasken.
Die Schülerinnen bastelten gemeinsam mit den Seniorinnen und Senioren Karnevalsmasken. © NRZ | Niklas Preuten

Für die Ur-Gocherin und die Schüler ist es ein außergewöhnliches Treffen, das nicht zufällig zustande kommt. „Ältere und jüngere Menschen sollen in Kontakt treten, um voneinander zu lernen. Denn zwischen den Generationen entsteht eine immer größere Kluft“, sagt Lehrerin Alexandra Rivera, die an diesem Vormittag ihre Schülerinnen und Schüler ins Altenheim begleitet. Das Thema im evangelischen Religionsunterricht lautet aktuell Diakonie, die Mädchen und Jungen sprechen darüber, wie man Menschen helfen kann.

Offen für das Schulprojekt

Lehrerin Alexandra Rivera (links) und Miriam Ostendorf, Leiterin des sozialen Dienstes in der Bruderschaft zu Unserer Lieben Frau.
Lehrerin Alexandra Rivera (links) und Miriam Ostendorf, Leiterin des sozialen Dienstes in der Bruderschaft zu Unserer Lieben Frau. © NRZ | Niklas Preuten

Alexandra Rivera suchte für diese Unterrichtsreihe einen praktischen Ansatz und knüpfte den Kontakt zur Bruderschaft zu Unserer Lieben Frau, die im Gocher Stadtzentrum neun verschiedene Häuser unterhält. Dort rannte sie für das Schulprojekt offene Türen ein. „Ich finde es sehr spannend und freue mich, dass so die Generationen zusammengebracht werden und Zeit zum Sprechen haben“, sagt Miriam Ostendorf, die Leiterin des sozialen Dienstes der Einrichtung.

Ich finde es super, wie sich die Schülerinnen und Schüler spontan auf neue Situationen eingelassen haben
Alexandra Rivera - Lehrerin am Städtischen Gymnasium Goch

So gehen an diesem Vormittag die Gymnasiasten in Kleingruppen durch das Haus und unterhalten sich mit den Seniorinnen über deren Kindheit, Glauben und Ratschläge an die Jugend. Sie haben in der Schule dazu Fragebögen erstellt und erleben von Angesicht zu Angesicht doch Situationen, auf die man sich nur schwerlich vorbereiten kann. „Am Anfang war es nicht so einfach. Wir mussten uns erst einmal in ihre Lage hineinversetzen“, erzählt Jason nach dem Dialog mit Elli van Horrick. „Dann wurde es aber ein sehr gutes Gespräch.“

Lehrerin Rivera: „Das Wichtigste ist Empathie“

Bei dem Bewegungsspiel haben die Damen viel Spaß.
Bei dem Bewegungsspiel haben die Damen viel Spaß. © NRZ | Niklas Preuten

Es ist eines der zentralen Lernziele, das Alexandra Rivera mit den Begegnungen in der Senioreneinrichtung verfolgt. „Das Wichtigste ist Empathie. Die Schülerinnen und Schüler sollen lernen, sich ineinander hineinzuversetzen“, sagt die Lehrerin. Die Achtklässler brechen dafür an diesem Vormittag aus den schulischen Strukturen aus und finden sich teilweise in emotionalen Momenten wieder, in denen ihre Gesprächspartnerinnen über das Lebensende oder den Kriegsalltag sprechen. Eine Frau gibt den Kindern auch einen handfesten Tipp mit: „Nicht die AfD wählen, sonst wird sich die Geschichte wiederholen.“

Im Haus an der Picardie backten Jung und Alt gemeinsam.
Im Haus an der Picardie backten Jung und Alt gemeinsam. © NRZ | Niklas Preuten

Bei dem Treffen von Alt und Jung geht es nicht nur ums Reden. Eine Etage weiter oben basteln einige Schülerinnen mit den Bewohnerinnen und Bewohnern Karnevalsmasken. Und in einem weiteren Aufenthaltsraum kommt noch mehr Bewegung in die Sache. Zwei Frauen schießen sich mit leeren Taschentuchkartons immer wieder einen kleinen Ball über einen Tisch zu, nebenan fliegen Luftballons durch die Luft.

Spiele, Bingo und Plätzchenbacken

Spielpartner für einen Vormittag: Onur und Maria Küppers.
Spielpartner für einen Vormittag: Onur und Maria Küppers. © NRZ | Niklas Preuten

Onur spielt derweil Maria Küppers Tischtennisbälle zu, die die Dame mit zwei leeren Pappbechern aufsammelt. „Das macht Spaß und ist etwas ganz Anderes als sonst“, sagt sie. „Wir haben uns die Spiele selbst ausgedacht und im Internet nach Ideen gesucht“, erzählt Onur, der sich über die Beteiligung freut: „Alle haben Lust und machen gut mit.“ Das gilt auch für die Bingo-Runde, die eine andere Schülergruppe veranstaltet. Und im Haus an der Picardie duftet es köstlich. Hier backen Lea und Melina gemeinsam mit Seniorinnen und Senioren leckere Plätzchen.

Bingo! Die Gymnasiasten spielen mit den Seniorinnen einen Klassiker.
Bingo! Die Gymnasiasten spielen mit den Seniorinnen einen Klassiker. © NRZ | Niklas Preuten

Als sich der Besuch dem Ende zuneigt, ist Lehrerin Alexandra Rivera sehr zufrieden. „Ich finde es super, wie sich die Schülerinnen und Schüler spontan auf neue Situationen eingelassen haben“, meint sie. Es dürfte nicht das letzte Mal gewesen sein, dass sich die Generationen in Goch auf Augenhöhe begegnet sind

Der evangelische Religionskurs aus der achten Jahrgangsstufe des Städtischen Gymnasiums Goch mit Lehrerin Alexandra Rivera (links).
Der evangelische Religionskurs aus der achten Jahrgangsstufe des Städtischen Gymnasiums Goch mit Lehrerin Alexandra Rivera (links). © Städtisches Gymnasium Goch

Lesen Sie auch diese Nachrichten aus Kleve und dem Umland