Kleve. Klever Patientin erhielt von der Ärztin ein elektronisches Rezept, aber erst Tage später ihr Medikament. Wie es dazu kam.

Barbara V. aus Kleve ist Rentnerin. Was sie beim Versuch erlebte, ein elektronisches Rezept in Kleve einzulösen, schildert sie der NRZ.

Nach einem Termin bei ihrer Ärztin in der Klever Oberstadt und erhielt sie dort ein E-Rezept. „Drei Tage später ging ich zur Rhein-Waal-Apotheke in der Unterstadt, die auf diesen Fortschritt schon eingerichtet ist (die NRZ berichtete), um das Rezept einzulösen. Leider konnte meine Karte nicht eingelesen werden“, beschreibt sie die erste Stolperfalle. Man bat sie, zu einem späteren Zeitpunkt wiederzukommen.

Die Arztpraxis habe keine Papierrezepte mehr

„In der Zwischenzeit habe ich versucht, die Krankenkassen-App auf meinem Handy zu installieren. Was aber nicht ging, weil mein Handy das erforderliche Android 11 nicht hatte: Ihr Gerät ist nicht kompatibel, hieß es da“, erzählt sie.

Tags darauf rief sie in der Arztpraxis (die namentlich in diesem Bericht nicht genannt werden möchte) an und schilderte ihr Problem. Doch dort sagte man ihr, das sei Sache der Apotheke. Die Patientin könne aber gern vorbeikommen, um sich einen Code abzuholen, um das Medikament dann in der Apotheke zu bekommen. „Ein normales Kassenrezept könne mir die Arztpraxis nicht ausstellen, denn sie hätten keine mehr“, berichtet die Rentnerin. „Ich bekam aber tröstende Worte der Mitarbeiterin: Sie sind heute nicht die Erste!“, zitiert sie.

Den nötigen PIN der Krankenkasse muss sie persönlich vor Ort beantragen

In der Folge erforschte die pfiffige Rentnerin in Zeitung und Internet, dass für die Technik die Firma Gematik (Zusammenschluss der Spitzenorganisationen des deutschen Gesundheitswesens) zuständig ist, deren Seite sie online aufrief. „Dort kann man sich dann anmelden, um sich das E-Rezept aufs Handy zu holen. Dafür benötigt man aber eine PIN von der Krankenkasse, die ich nicht habe“, geht ihre Beschreibung weiter. Also rief sie erneut bei ihrer Krankenkasse an, die ihr bestätigte, dass sie noch gar keine PIN besitze. „Dafür müsse ich persönlich mit Personalausweis und Versicherungskarte in der Geschäftsstelle erscheinen, um mich zu legitimieren. Die PIN erhalte ich dann aber erst auf dem Postweg“, waren die weiteren Schritte..

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Barbara V. zählt auf: „Ich habe endlos lange in Warteschleifen gehangen, Erfolg gleich null. Also mache ich mich wieder auf die Socken, fahre zur Ärztin, hole meinen Code, fahre zur Krankenkasse, um meine PIN zu beantragen. Zu allem Übel muss ich mir wohl noch ein neues Handy kaufen? Und das nennt sich Fortschritt? Was machen ältere Patienten, die immobil und nicht so technisch versiert sind wie unsere Jugend, die damit aufgewachsen ist?“, fragt sie.

Und dann war das Medikament nicht vorätig

Sie startete noch einen App-Versuch, ohne Erfolg. „Ich habe mir dann doch bei der Ärztin den Code geholt, war dann das dritte Mal in der Apotheke. Und: Das Medikament war nicht vorrätig. Ich habe dann gemault, dass ich nicht ein viertes Mal zur Apotheke kommen werde. Das Medikament wurde mir am Abend geliefert.“

Die Kleverin sucht nun die Schuldigen im System. „Bei der Ärztin habe ich mich in eine Liste für den Petitionsausschuss eingetragen, die dann an Herrn Lauterbach gehen soll. In der Apotheke habe ich auf Nachfrage erfahren, dass das System bis jetzt noch nicht funktioniert hat, zum 1.. Januar 2024 aber Gesetz sein soll.“

Ministerium, Ärztekammer und Apothekerkammer gemeinsam

Die Gematik GmbH, Gesellschaft für Telematikanwendungen der Gesundheitskarte, wurde 2005 von den Spitzenorganisationen des deutschen Gesundheitswesens gegründet, u.a. Gesundheitsministerium, Bundesärztekammer und Deutschem Apothekerverband, um die Einführung der elektronischen Gesundheitskarte (eGK) voranzutreiben. Laut „apotheke adhoc“ wurden bisher 9,6 Millionen digitale Verordnungen eingelöst, zum Vergleich pro Tag rund zwei Millionen Papierrezepte ausgestellt. 25.000 Arztpraxen und andere Gesundheits-Einrichtungen nutzten demnach bisher die E-Möglichkeit, 17.700 Apotheken seien bisher darauf eingestellt.

Die Gesellschafter der Gematik sind das Bundesministerium für Gesundheit (BMG), die Bundesärztekammer (BÄK), die Bundeszahnärztekammer (BZÄK), der Deutsche Apothekerverband (DAV), die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG), der Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV-SV), der Verband der Privaten Krankenversicherung (PKV), die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) und die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV).