Kleve. 60 Millionen Euro fließen in Abriss und Neubau der Joseph-Beuys-Gesamtschule Kleve. Der Abriss begann Dienstag. Was die Schule bald bietet.
Es ist schon eher Zeitlupe, wie sich die Baggerschaufel bewegt. Das liegt daran, dass nicht Geräteführer Toni Oertel am Dienstag, 7. Februar, am Schaltknüppel sitzt, sondern – mit seiner Hilfe – abwechselnd Kleves Bürgermeister Wolfgang Gebing und Christoph Riedl als der Leiter dieser Schule, die nun zum großen Teil in Schutt und Asche gelegt wird. In einem über 60 Millionen Euro schweren Großbauprojekt wird ein modernes Schulzentrum Joseph-Beuys-Gesamtschule Kleve aus jener Asche wie Phoenix wieder aufsteigen.
Im Jahr 2025 sollen rund 1000 Kinder hier einziehen
Im Jahr 2025 sollen rund 1000 Kinder in „tolle Räume“ ziehen, verspricht der Bürgermeister – fünfzügig in Sekundarstufe I, dreizügig in der Oberstufe bis zum Abitur. Die Eltern sollten das für die jetzige Schulanmeldung wissen, „dass die neuen Gebäude ab dem siebten Schuljahr hier zur Verfügung stehen“, versprach er.
Die Joseph-Beuys-Gesamtschule (jbg) wurde auf dem Gelände der früheren Landwirtschaftsschule und dann der städtischen Realschule an der Hoffmannallee 15 ausgebaut.
Sporthalle weicht einer neuen Mehrfachturnhalle
Das ehemalige Hausmeisterhaus an der Triftstraße, das Forum, die Häuser 1, 2 und 3 sowie die Turnhalle werden jetzt weggerissen. Haus 3 neben dem relativ neuen Verwaltungsgebäude (Haus 5, Baujahr 2011) sieht nur von außen so modern aus. Es stammt aus den 60er Jahren. Hier biss der Bagger als erstes zu. Riedel rupfte die blaue metallene Deko-Verkleidung von der Fassade weg, Gebing Gelb und Rot.
Dann kommt erst mal der Kampfmittelräumdienst
Bis zum 31. Mai sind die Abrissarbeiten terminiert. Danach kommt der Kampfmittelräumdienst und untersucht das Gelände mitten in der Stadt. Bisher waren bei allen Bauprojekten in Kleves City stets Bomben aus dem Zweiten Weltkrieg gefunden worden. „Da liegen die zeitlichen Risiken“, sagt Kämmerer Klaus Keysers. Die Hoffnung heißt: die Erdarbeiten im Juli 2023 und die Rohbauarbeiten im September 2023 zu starten. „Wir erwarten auch sehr viel Schrott im Boden, weil das Gelände ursprünglich eineinhalb Meter tiefer gelegen hatte“, erklärt Georg Hoymann, Betriebsleiter des Gebäudemanagements der Stadt.
Am Denkmalgebäude werden zwei schöne Blickgiebel wieder freigelegt
Die Häuser 4 (Denkmal an der Hoffmannallee, ehemalige Landwirtschaftsschule) und das Verwaltungs-Gebäude 5, das 2010 im Passivhausstandard erbaut wurde, bleiben erhalten und werden saniert. Am denkmalwerten Alt-Gebäude der Landwirtschaftsschule werden zur Hoffmannallee hin „zwei schöne Blickgiebel wieder freigelegt“, freut sich Projektleiter Dietmar Vervoorst. An dem einen Giebel klebt heute der gläserne Durchgang zum Hausmeisterhaus. „In einem Altbau zu arbeiten, ist immer spannend. Wir müssen ein zweites Treppenhaus mit einem Aufzugschacht für die Barrierefreiheit einbauen“, beschreibt Vervoorst als Koordinator der Schulbaustelle.
Der Schulkomplex umfasst insgesamt etwa 12.000 Quadratmeter
Weiter hinten auf dem Schulgelände fallen bald Haus 1 und 2 aus den 50er/60er Jahren. Unter Haus 1 wird zusätzlich ein Gymnastikraum entstehen und anstelle eines Bunkers unter Haus 2 künftig Umkleideräume. Anstelle der alten Einfachsporthalle gibt es bald eine Mehrfachturnhalle, halb in die Erde eingegraben, die man dreiteilen kann.
Am heutigen Haus 3 sollen dann die Neubauten mit einer Mensa wieder beginnen. Drei Linden auf dem Schulhof waren gefällt worden, die anderen sechs bleiben.
Der gesamte Schulkomplex umfasst im fertigen Zustand fünf Gebäude mit insgesamt etwa 12.000 Quadratmetern Nutzfläche. Von der Triftstraße aus wird die Erschließung für Auto und Fahrräder laufen.
Heizen mit einem Eisspeicher
Ein Schwerpunkt der Gebäudeplanung liegt auf einem energetisch innovativen und gleichzeitig bereits erprobten sowie bewährten Heizungs- und Lüftungskonzept. Zur Beheizung aller Neubauteile wird ein Eisspeicher in den Erdboden gebaut. Dieser wird über eine solarthermische Anlage aus Energiezäunen auf den begrünten Flachdächern erwärmt und über Wärmepumpen beheizt. Zusätzlich werden auch die übrigen Dachflächen begrünt und mit Photovoltaik-Anlagen inklusive Batteriespeichern ausgestattet, die fortan der Eigenstromnutzung dienen. Lediglich das denkmalgeschützte Gebäude sowie das Bestandsgebäude 5 können aus denkmaltechnischen sowie statischen Gründen nicht mit PV-Anlagen ausgestattet werden. Die Klassen- und Unterrichtsräume erhalten dezentrale Lüftungsanlagen zur raumgenauen Belüftung. Alle Räume erhalten eine LED Beleuchtung.
Während der Bauarbeiten läuft der Unterricht an zwei anderen Schulstandorten
Während der Bauarbeiten muss der Unterricht der Beuys-Gesamtschüler auf die beiden Schulstandorte Ackerstraße und Hagsche Poort (ehemals Lutherschule) verlegt werden.
Der Schulumbau an der Hoffmannallee erlebte seit 2008 viele Planungsstadien, anfangs als „Plus-Energie-Campus“, dann für wechselnde Schulformen. Als schließlich Schulleiter Christoph Friedl im Februar 2018 seinen Dienst als Gesamtschulleiter hier antrat, stieg er gleich in die Workshops mit Eltern, Schülern und Architekten vom Büro Hausmann in Aachen ein. Das bot die Grundlage für die heutigen Pläne, die – wie das künftige Konrad-Adenauer-Gymnasium – von dem Architektenbüro SIC Köln gefertigt werden.
Der Geräteführer erklärt die Abbrucharbeiten
Seit Oktober läuft die Schadstoffsanierung. Geräteführer Toni Oertel erklärt der NRZ die jetzigen Abbrucharbeiten: Erst kratzt der Sortiergreifer die Dämmung ab: „Sehr schade, sie ist noch nicht alt“. Darunter sieht man bereits die Holzfassade, sie wird zu Sperrholz und Leimbinder getrennt sortiert. Stück für Stück wird alles demontiert, auch der Dachbereich und dann kommt die Betonschere, die die Decke zerkleinert.