Kleve. Für die Schule an der Hoffmannallee sollen sich die Kosten verdoppeln. Altbau erhalten, Neues ergänzen, Technik berechnen. Kämmerer zufrieden.

Vor vier Jahren war von 20,4 Millionen Euro die Rede, die eine nötige Erweiterung der Joseph-Beuys-Gesamtschule Hoffmannallee kosten würde. Allerdings waren da noch keine Technik und keine Außenanlagen eingerechnet. Ein Architektenteam hat nun nach europaweiter Ausschreibung die Planung übernommen und überraschte am Donnerstagabend den Schulausschuss mit der Gesamtsumme von 39,2 Mio Euro: verdoppelt. Und Kämmerer Willibrord Haas überraschte mit seiner Gelassenheit. Ihn hat das zehnköpfige Planerteam aus dem riesigen sic-Architektenbüro Köln überzeugt: „Ich empfehle es Ihnen“, riet er den Parlamentariern. Baubeginn: 2022.

„Wir wollen die Wirkung des sehr schönen Giebels wieder herstellen“

Zwölf Jahre bewegte Planungen hat das Gebäudeensemble hinter sich. In Absprache mit der Schulleitung kommen jetzt 1417 Quadratmeter zusätzlich nutzbare Flächen auf dem 14.000 Quadratmeter Grundstück hinzu. Was Haas am meisten schmerzt, ist der Abriss des Hauses 3, das zwischen dem ehemaligen Hausmeisterhaus (an der Straße) und dem würfelförmigen, bunten Haus 5 steht. Es war vor zwölf Jahren saniert worden und weicht nun komplett einem neuen Haus 3 mit variablem Innenleben.

v.l. historisches Gebäude, Linden-Innenhof, vorn: großer Neubau, hinten: neues  Haus 3, Würfel-Haus 5, daneben je ein Schulhof.
v.l. historisches Gebäude, Linden-Innenhof, vorn: großer Neubau, hinten: neues Haus 3, Würfel-Haus 5, daneben je ein Schulhof. © SIC | sic Architekten

Architekt Georg Rattay beschrieb die künftige Joseph-Beuys-Gesamtschule für 1000 Schüler: Das historische Schulgebäude, mit „Schaufassade“ zur Straßenseite der Hoffmannallee (es ist die ehemalige Landwirtschaftsschule, Baujahr 1904-05, danach Realschule) wird ohne den jetzigen gläsernen Eingangs-Kopfbau frei gestellt. Es wird ein eigenständiges Oberstufen-Haus der Gesamtschule mit klassischen Kurs-Räumen – und innen einem weiteren Treppenhaus als nötigem zweiten Fluchtweg.

Rattay: „Wir wollen die Wirkung des sehr schönen Giebels wieder herstellen.“ Er wird frei sichtbar. Die Zwischendecke im Obergeschoss fällt: bis ins Spitzdach ein schickes Bistro. Die heute viereckig zugemauerten prächtigen Segementbogenfenster könnten bestenfalls wieder geöffnet werden.

So ist es heute: v.l. historisches Gebäude, Linden-Innenhof, Kopfbau, Hausmeisterhaus, altes Haus 3 und Würfel-Haus 5.
So ist es heute: v.l. historisches Gebäude, Linden-Innenhof, Kopfbau, Hausmeisterhaus, altes Haus 3 und Würfel-Haus 5. © Astrid Hoyer-Holderberg

Das Eingang-Kopfgebäude wird abgerissen und öffnet den Zugang zwischen Altgebäude und neuem Haus 3, das nahe an die Straße verlängert wird. Treppen und Rampe überwinden zwei Meter Höhenunterschied zur Hoffmannallee.

Futurische Glasfassade über zwei Etagen

Das neue Haus 3 bekommt eine futurische, über zwei Etagen gläserne Fassade fürs Forum/Mensa. Darin auch zwei Musikräume, Backstage-Räume, Kunst- und weitere Fachräume, Ganztagsbetreuung. In Haus 5 bleibt die Verwaltung. In zwei Obergeschossen von Haus 3 und 5 ist Platz für Jahrgangsstufen 9 und 10. Eine Novität der Bauordnung ist, dass die Trennung zwischen Klassenräumen und Fluren aufgehoben werden darf. Das nutzt Rattays Team für alle Klassen der Schule: halboffen, Lerninseln, moderne „Cluster“

Haus 3 bekommt eine futuristische gläserne Fassade über zwei Etagen. 
Haus 3 bekommt eine futuristische gläserne Fassade über zwei Etagen.  © SIC | sic Architekten

(im Gegensatz zur klassischen Flur-Schule).

Spürbar wird das besonders in dem kompakten Neubau, der mitten im Schulgelände entsteht. Er ersetzt die bisherigen Häuser 1 und 2 (Mensa) im hinteren Areal, deren Abriss schon der Vorentwurf 2018 empfahl. Sein roter Klinker korrespondiert mit dem historischen Altbau. Drinnen lernen alle anderen Jahrgangsstufen hinter raumhohen Fenstern und in naturwissenschaftlichen Fachräumen. Mitten drin gibt es „Lehrer-Stationen“.

Eisspeicher für die Kühlung

Zwischen den Gebäuden entstehen auf 4400 qm drei frei zugängliche Schulhöfe, stellte Landschaftsarchitekt Martin Richardt vor. Von den elf Linden am Altbau bleiben acht erhalten und werden auch in der Bauphase von einem Baumsachverständigen begleitet. Ihnen ist bereits ein vitales langes Leben bescheinigt. Je ein sportlicherer Schulhof entsteht hinter Haus 5 und westlich vom Neubautrakt.

Die Technik, die im alten Entwurf gar nicht berücksichtigt war, schlägt mit 2,6 Millionen Euro zu Buche. Enthalten sind begrünte Dächer, Sonnenkollektoren, Wärmepumpe, Gasbrennwert, Lüftungsanlage fürs Alt-Gebäude. Fast wichtiger als Heizen sei Kühlung, für jede Klasse dezentral, sagte Rattay. Er löst es mit einem „Eisspeicher“. Darin gefrieren ab Null Grad Außentemperatur Tausend Kubik Wasser und geben sanft übers Jahr Kühlung ab.