Kleve. Pascal Neu ist der neue Digitalisierungskoordinator in Kleve und sorgt dafür, dass die Schulen den Schritt ins 21. Jahrhundert schaffen.
Wer keine Kinder im schulfähigen Alter hat, der mag es vielleicht gar nicht so mitbekommen: Aber in unseren Schulen wird gerade eine große Revolution des Lernens vorbereitet. Mit der Digitalisierung der Klassenräume, mit der flächendeckenden Ausstattung der Lehrer mit Dienst-Laptops, mit der Installation von digitalen Tafeln und der Verteilung von Tablet-PCs an Schüler wird sich auch der Unterricht an Grund- und weiterführenden Schulen grundsätzlich wandeln. Das Lernen der Zukunft ist digital – und die Grundlagen werden jetzt gelegt.
Die ganze Bandbreite
Pascal Neu (42) bereitet diesen Wandel in Kleve maßgeblich vor. Seit September arbeitet er in der Stadtverwaltung als „Digitalisierungskoordinator“ und kümmert sich hier so ziemlich um alles: Um die Breitbandversorgung, um die Computerausstattung, um die Softwarebestellung, um die kleinen und größeren Wehwehchen am Computer, um die grundlegenden Organisationsstrukturen zwischen Stadtverwaltung, Schulen und IT-Dienstleistern. Der Diplomingenieur der Elektrotechnik ist sich auch nicht zu schade, selbst „den Besen in die Hand zu nehmen“, wie er sagt.
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In den ersten Wochen und Monaten hat sich Neu viel um das Thema Organisation und Kommunikation gekümmert. Nach einer ersten Vorstellungsrunde bei den Schulen und deren Koordinatoren, nach zahlreichen Gesprächen in der Verwaltung und mit externen Dienstleistern ist dem IT-Experten sofort aufgefallen, dass gerade die Kommunikation zwischen den unterschiedlichen Partnern verbesserungswürdig ist. Jeder rief jeden an, und das sorgte für Frust. Die IT-Dienstleister wurden mit Problemen konfrontiert, für die sie nicht zuständig sind. Die Lehrer suchten verzweifelt Ansprechpartner, die Anzahl der „Tickets“, der Auftragsvergaben bei technischen Problemen, wurde immer größer. Die Mitarbeiter der Schulverwaltung der Stadt Kleve stießen dabei oft an ihre Grenzen – zeitlich wie fachlich. Dies war der ausschlaggebende Grund, jemanden für dieses wichtige Thema einzustellen.
Klare Kommunikationsstrukturen schaffen
Heute ist Pascal Neu ein Leuchtturm im Kommunikations-Sturm. Wenn bei den Schulen Probleme mit den Computern oder den digitalen Tafeln auftauchen, dann wird zuerst Pascal Neu im Rathaus angerufen. Der Digitalkoordinator entscheidet, ob er das Problem mit dem Lehrer gemeinsam lösen kann oder ob Hilfe von externen Dienstleistern in Anspruch genommen werden muss. Wenn ja, welcher Dienstleister ist zuständig? Neu gibt ein praktisches Beispiel: Eine digitale Tafel meldet eine Störung. Der Lehrer meldete dies bislang direkt dem KRZN (Kommunalen Rechenzentrum Niederrhein). Hier bekam er zu hören, dass das KRZN das Problem nicht lösen könne und man sich an den Hersteller wenden müsse. Der Hersteller ist oftmals überlastet: „Das sind Prozesse, die können sich über Wochen hinziehen“, erzählt Neu, und das frustriere alle.
Neben dem wichtigen Aufbau klarer Kommunikationsstrukturen zwischen den Schulen und dem städtischem Schulträger – hier wird er unterstützt von Fachbereichsleiterin Daniela Rennecke – sowie dem Aufbau von digitalen Prozessabläufen zwischen Rathaus und den Schulen – hier in Zusammenarbeit mit dem städtischen Digitalisierungskoordinator Jörg Boltersdorf – muss sich Neu auch ganz praktisch um die Hardware-Ausstattung der Schulen kümmern. Aktuell seien alle Schulen intern so verkabelt, dass sie nun problemlos an ein Glasfasernetz angeschlossen werden könnten. Die Grundschule in Rindern und die Gesamtschule am Forstgarten wurden bereits mit Glasfaser versorgt, die anderen Schulen werden peu à peu von der Deutschen Glasfaser angeschlossen.
Schulen sind auf den Glasfaseranschluss vorbereitet
„In den Schulen ist jetzt Dank der Kollegen beim GSK und dem KRZN alles vorbereitet“, sagt Neu. Aber auch die bestehende Kapazität über die Kupferkabel wurde auf 100 Mbit bis 500 Mbit je Sekunde erhöht. Für viele Anwendungen in der Schule sei diese Bandbreite schon ausreichend. Bislang benötigt man in den Schulen eine Breitbandversorgung für die pädagogische Verwaltung, für das Lernen mit den neuen Medien, für Streaming-Angebote, für die neuen digitalen Tafeln oder die individuellen Anwendungen der Lehrer. Selbst ein Homeschooling der Schüler, bei dem der Lehrer noch im Klassenraum lehrt, sei kein Thema mehr. „Kleve ist beim Digitalisierungsprozess mittlerweile ganz vorne dabei“, freut sich der Klever, der dies vom KRZN auch gespiegelt bekommt.
Mittlerweile verfügen viele Klassenräume über eine digitale Tafel und jetzt soll es an die bessere Ausstattung für Lehrer und Schüler gehen. Bislang liegt die Versorgung der Schüler mit Endgeräten bei einem Anteil von 50 Prozent. In reicheren Kommunen wie Osterath bei Düsseldorf hat bereits seit knapp einem Jahr jeder Schüler an einer weiterführenden Schule einen Tablet-PC. Auch Kleve möchte diesen Standard einführen, möchte jetzt aber erst einmal die konkreten Bedarfe ermitteln. Auch die Lehrer müssen zu 100 Prozent mit Laptops ausgestattet werden. Nur gebe es hier noch Abstimmungsprobleme mit dem Land NRW. Für die Ausstattung der Lehrer ist formal das Land zuständig.
Das Ziel: Jeder Schüler erhält einen Tablet-PC
Die Politik diskutiert darüber, dass Lehrer sowohl ein Laptop als auch einen Tablet-PC erhalten, um die digitalen Tafeln und den Unterricht einfacher steuern zu können. Und jeder Schüler sollte kostenfrei ein Tablet erhalten. Denn bei dieser Frage geht es um Chancengleichheit und die muss der Staat gewähren.
Woran es noch hakt, sind einheitliche Standards bei der Software und Hardware-Ausstattung, bei den Lernplattformen (das NRW-Lernmanagementsystem Logineo „ist noch ausbaufähig“) und den pädagogischen Lernmitteln. „Wichtig ist, dass dies auch kommunenübergreifend geregelt ist, da es auch Lehrer gibt, die stundenweise an Schulen in anderen Kommunen arbeiten“, erzählt Neu.
Bereits jetzt gibt es große Fortschritte in den Schulen
In seinen ersten Wochen hat Neu bereits große Fortschritte in den Schulen gesehen. Die digitalen Tafeln und Tablets würden bereits sehr gut im Unterricht eingesetzt. „Ich sehe, wie dies auch den Unterricht verändert. Die Schüler sind viel konzentrierter bei der Sache“, erzählt Neu. Die neuen Medien erhöhen die Aufmerksamkeitsspanne.
Aktuell muss irgendwie alles auf einmal erfolgen: Die Ausstattung der Schulen mit Hardware, die Einigung auf eine pädagogische Software, die Anbindung der Schulen ans Netz, die Kommunikationsstruktur, das Lösen von konkreten Computerproblemen: Pascal Neu scheint dabei gelassen zu bleiben: „Wenn ich vor Ort bin und sehe, dass ich ein Problem beheben kann, dann mache ich das auch. Ansonsten ist Abgrenzung ein ganz wichtiges Thema. Jeder muss seine Rolle kennen“, so Neu.
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Und das bedeutet für ihn, dass er IT-Unternehmen auch deutlich an ihre Rolle erinnert. Wenn der Support nicht so läuft wie abgesprochen, dann müssen deutliche Worte fallen. Kämmerer Willibrord Haas kann bereits aus Erfahrung über seinen neuen Kollegen sagen: „Der kann das.“
>> Die Ausstattung an den Schulen
In Kleve gibt es aktuell 2917 Endgeräte für Schüler und 506 Endgeräte für Lehrer. Ferner wurden 265 digitale Präsentationsgeräte angeschafft.
Es wurden 300 W-Lan Access Points installiert und 1600 Netzwerkdosen. Über 80 Kilometer Netzwerk- und Stromkabel seien neu verlegt worden. Das KRZN steht mit vier Informatikern für den Aufbau und die Wartung des Netzes für Kleve zur Verfügung.
Als Software wird bislang eingesetzt: die Anton Lern-App, Antolin, Onilo, Zahlenzorro, diverse Lernapps für die iPads, Logineo NRW, Moodle und mehr.