Essen. . Den Weltverbrauchertag nutzte die Beratungsstelle an der Hollestraße, um gemeinsam mit der Polizei vor allem alten Menschen zu helfen. Allein 1300 Anfragen zum Thema Telefonabzocke gab es in 2010. Der lokale Schaden wird auf 15.000 Euro geschätzt.

„Mit herzlichen Grüßen“ heißt es am Ende des Schreibens, das die 76-Jährige aufforderte, ihr „Gewinnspiel-Heft“ zu bezahlen. So nett der Brief auch klingen mag, seine Intention ist krimineller Natur. „Ich habe kein Probe-Abo abgeschlossen“, betont die Frau beim Besuch der Verbraucherzentrale an der Hollestraße. Sie erinnert sich nur an ein Telefonat im November: Der Anrufer habe nur ihre persönlichen Daten abgleichen wollen, weil sie angeblich zu einer kostenlosen Lotterie-Tippgemeinschaft gehöre. Dies sollte, so der Anrufer, nun kostenpflichtig werden, deshalb müsse sie kündigen. Verdutzt gab sie daraufhin Namen und Adresse an, verweigerte aber ihre Bankverbindung. Später erhielt sie Ausgaben des Heftes. Die 76-Jährige reagierte mit einem Schreiben an den Absender – und bekam zur Antwort das Schreiben mit dem Überweisungsträger. Im Gegensatz zu anderen Opfern ist ihr kein finanzieller Schaden entstanden.

80.000 Opfer bundesweit

Es geht aber auch anders: Im April nahm die Kripo ein Callcenter am Kopstadtplatz hoch. Dort wurden mit der Telefon-Masche zehn Millionen Euro von rund 80.000 Opfern bundesweit ergaunert. Grund genug für die Verbraucherzentrale NRW das Thema Telefonabzocke für den Weltverbrauchertag 2011 zu wählen. „2010 hatten wir dazu in Essen etwa 1300 Beratungen und Anfragen“, sagt Verbraucherschützerin Doris Grzegorczyk. Den lokalen Schaden schätzt sie für 2010 grob auf 15.000 Euro.

„Ältere Menschen sind zu höflich, um einzuhängen“, weiß Grzegorczyk, die gestern mit Kripo-Kommissar Heinz-Jürgen Eikmeyer vielen Betroffenen Rede und Anwort steht – und gegebenenfalls auch bei ihm direkt Anzeige erstatten. „Vergangenes Jahr gab es in NRW in diesem Bereich über 60.000 aufgeklärte Fälle“, erklärt er.

Psychodruck widerstehen

Einsamkeit und schlechtes Erinnerungsvermögen nutzen die Betrüger bei der Generation über 70, der Trick bleibt gleich: „Angebliche Lotto-Spielgemeinschaften oder Gewinneintragungsdienste melden sich, sagen, man sei bereits kostenloser Teilnehmer, könne aber auch kündigen. Dafür bräuchten sie einen Abgleich persönlicher Daten“, erklärt die Beraterin. Sind einmal die Kontodaten preisgegeben, buchten sie Beträge zwischen 30 und 60 Euro monatlich ab.

„Dem Verbraucher fällt das erst später auf“, sagt sie und rät: „Lastschriften können die Banken, anders als sie sagen, auch nach sechs Wochen zurückfordern.“ Sie empfiehlt Betroffenen, dem gezielten Psychodruck von Rechtsanwälten, Inkasso-Büros und gerichtlichen Mahnverfahren zu widerstehen: „Gehen die Betrüger bis vor Gericht, was bisher nie passiert ist, müssen sie das begründen. Obwohl sie es in den Schreiben vorgeben, haben sie aber keine Telefonaufzeichnung, mit der sie die Einwilligung zu einem Vertrag nachweisen können.“