Essen-Bergerhausen. Essener Erzieherin bekommt nach einem Bericht dieser Redaktion Angebote. Warum sie sich darüber freut, die Jobs aber nicht annehmen möchte.
- Eine Essener Erzieherin ist bald arbeitslos, weil sie keinen Betreuungsplatz für ihre Tochter findet.
- Nun hat sie Job- und Betreuungsangebote bekommen, unter anderem in einer Bergerhauser Kita.
- Doch es gibt Gründe, warum sie die Stelle nicht antreten möchte.
Trotz des massiven Fachkräftemangels kann die Essener Erzieherin Rebecca Lang keinen Job annehmen, weil sie für ihre bald dreijährige Tochter Frida ab Sommer keinen Betreuungsplatz hat. Nachdem diese Redaktion darüber berichtet hatte, hat die 36-Jährige mehrere Angebote bekommen, darunter ein Kombiangebot von einer Kindertagesstätte in Essen-Bergerhausen. Doch Rebecca Lang hat Bedenken, die sie auch begründet.
Auf den Bericht über die Situation der Erzieherin hat sich die Lebenshilfe Essen gemeldet, die seit September 2022 die Kita Bergflöhe an der Straße Bonsiepen im Gewerbegebiet an der Ruhrallee unterhält. „Dort sollte es eigentlich drei Gruppen geben. Weil wir kein Personal finden, sind es derzeit aber nur zwei“, sagt Maria Rietschel von der Lebenshilfe, die als gemeinnütziger Träger der Einrichtung dem Paritätischen angeschlossen ist.
Lebenshilfe-Kita in Essen-Bergerhausen würde gern eine dritte Gruppe realisieren
„Wir würden Rebecca Lang beides bieten, einen Arbeitsplatz für sie als Gruppenleiterin und einen Betreuungsplatz in der Einrichtung für ihre Tochter. Damit wäre ihr geholfen und uns, denn wir könnten dann die geplante dritte Gruppe realisieren“, so Maria Rietschel.
Als Einrichtung der Lebenshilfe nehme man auch Kinder mit körperlichen und geistigen Behinderungen sowie sozial-emotionalen Auffälligkeiten auf, so Rietschel. Inklusives Arbeiten sei Teil des Konzepts, aber Kinder mit Handicap seien betreuungsintensiver. „Es muss stimmig sein“, sagt Maria Rietschel und erklärt, dass derzeit nur wenige Kinder mit Behinderung in der Einrichtung betreut würden. In den beiden Gruppen gebe es je 20 Plätze, in einer Gruppe werde ein Kind mit Behinderung betreut, in der anderen seien es zwei.
Die Lebenshilfe ist nach Maria Rietschels Angaben seit 2018 in der Essener Kita-Landschaft vertreten und unterhält in Essen insgesamt vier Einrichtungen: die Kita Glückauf an der Altenessener Straße, die Kita Grubengold in Karnap, die Kita Zechenzwerge in Altenessen und seit Mitte 2022 die – etwas versteckt liegende – Kita Bergflöhe in Bergerhausen mit sieben Mitarbeiterinnen. Zwei weitere Einrichtungen seien in Schonnebeck in Planung.
Die Erzieherin möchte nicht in der Kita arbeiten, in der ihre Tochter betreut wird
Dass die bald arbeitslose Erzieherin Rebecca Lang das Angebot der Lebenshilfe annimmt, ist jedoch unwahrscheinlich. „Das ist sehr nett. Ich freue mich sehr über das Angebot und werde mich dort auf jeden Fall melden“, sagt sie. Insgesamt habe sie schon drei, vier solcher Kombiangebote aus Job und Betreuungsplatz für ihre Tochter erhalten, aber genau diese Kombination fühle sich für sie nicht richtig, nicht ehrlich an. „Ich möchte nicht, dass meine Tochter nur deshalb einen Platz bekommt, weil meine Arbeitskraft benötigt wird“, erklärt sie.
Zudem brauche ihre Tochter Frida ihren eigenen Bereich, solle nicht immer mit der Mutter zusammen sein. „Erzieherinnen und Erzieher werden verstehen, dass es für den Abnabelungsprozess besser ist, wenn wir nicht in einer Einrichtung zusammen sind“, sagt Rebecca Lang. Aktuell sei das noch der Fall und auch in Ordnung, aber wenn ihre Tochter etwas älter sei, sei es besser, einige Stunden am Tag getrennt zu verbringen. „Das ist wichtig für ihre Entwicklung. Es ist mir wichtig, dass sie das so erleben kann.“ Rebecca Lang ist überzeugt, dass diese Haltung bei anderen Erzieherinnen und Erziehern auf Zustimmung trifft.
Berufliche Weiterentwicklung ist der 36-Jährigen wichtig
„Die belastende Situation, dass ich nicht arbeiten kann, weil Frida nicht betreut wird, kennen ja viele Menschen in ähnlicher Lage. Ich wünsche mir einfach, dass es für all diese Menschen möglich ist, sauber und ohne ungutes Gefühl, einen passenden Platz für ihr Kind zu finden.“ Ihr sei auch wichtig, dass für ihre Tochter keine Gruppe überbelegt werde, sondern sie einen regulären Platz erhalte. Auf keinen Fall wolle sie als Erzieherin irgendwo anfangen, nur damit ihre Tochter dort einen Betreuungsplatz erhalte, und dann wieder kündigen. „Das wäre nicht ehrlich, so bin ich einfach nicht.“
Rebecca Lang denkt durchaus karrierebewusst. Sie habe bereits 16 Jahre mit Kindern gearbeitet, seit einigen Jahren sei sie stellvertretende Einrichtungsleiterin. „Ich möchte mich beruflich gern weiterentwickeln“, betont sie. „Das kann die Leitung einer Kita sein, aber auch ein Job in einem anderen Bereich, in dem Erzieherinnen gebraucht werden, in der Arbeit mit Erwachsenen, im Amt oder an einer Grundschule.“