Essen. Die sechs Monate alte Nila aus Essen wird Ende Februar brutal misshandelt und stirbt. Wer der Täter war, wird wohl nie geklärt werden.
Die kleine Nila wurde nur sechs Monate alt. Das Baby aus Essen-Altendorf ist so brutal geschüttelt worden, dass auch die Ärzte nichts mehr tun konnten. Wer der Täter war? Diese Frage wird wohl nie mehr geklärt werden. Der angeklagte Vater des Mädchens ist am Dienstag (21.11.) freigesprochen worden. Der 24-Jährige konnte das Gefängnis noch am selben Tag verlassen.
Richter Jörg Schmitt nannte den Angeklagten im Urteil einen „katastrophalen Vater“. Der 24-Jährige sei dafür verantwortlich, dass seine beiden Kinder unter schlimmsten Verhältnissen leben mussten – vernachlässigt, unterernährt, in einer völlig verschimmelten Wohnung. „Das sollte ihnen die Schamesröte ins Gesicht treiben“, sagte Schmitt an die Adresse des Angeklagten während der Urteilsverkündung.
Baby zu Tode geschüttelt: „Tat bleibt ungesühnt“
Als der Notarzt damals in der Wohnung eintraf, lag Nila leblos in ihrem Kinderbettchen. Das Mädchen hatte nur eine Windel an, die Matratze war löchrig, es gab nicht mal ein Bettlaken. Rund eine Viertelstunde versuchte der Notarzt alles in seiner Macht Stehende, um das Baby zu reanimieren – zunächst mit Erfolg. Im Verlaufe des Prozesses hatte der behandelnde Notarzt als Zeuge ausgesagt. Nila sei das erste Baby gewesen, das er in seinen neun Berufsjahren wiederbeleben musste.
Als das kleine Herz schließlich wieder schlug, atmeten er und die anwesenden Rettungssanitäter erleichtert auf. „Mehr konnten wir nicht machen.“ In der Essener Uniklinik wurde später dann aber eine massive und am Ende tödliche Hirnschwellung festgestellt, außerdem Blutungen.
Gericht: Unklar, wer für den Tod des Babys verantwortlich ist
Für den Tod der kleinen Nila könne der 24-jährige Vater nicht verantwortlich gemacht werden, hieß es bei der Urteilsverkündung am Dienstag. Am Tattag, dem 20. Februar dieses Jahres, habe sich auch die Mutter des Mädchens in der Wohnung befunden. Sie war sogar zunächst unter Verdacht geraten und hatte rund einen Monat in Untersuchungshaft gesessen. Erst als sie bei einer Vernehmung ihren Mann beschuldigte, war sie wieder freigekommen.
Ob sie es war, die ihre Tochter zu Tode geschüttelt hat, können die Richter ebenfalls nicht sagen. Nilas Mutter hatte laut Urteil bei verschiedenen Vernehmungen unterschiedliche Angaben gemacht. Der Freispruch für ihren Mann erfolgte nach dem Grundsatz: im Zweifel für den Angeklagten. „Strafrechtlich bleibt die Tat damit ungesühnt“, so Richter Schmitt.
Der bulgarische Angeklagte hatte bis zuletzt bestritten, für den Tod seiner Tochter verantwortlich zu sein. „Vielleicht war es ein Unfall“, hatte er kurz vor der Urteilsverkündung noch einmal erklärt. Seine Frau habe ihn zu Unrecht beschuldigt, um aus dem Gefängnis entlassen zu werden.
Richter verhängt anderthalb Jahre Haft auf Bewährung
Ganz straffrei ist der 24-Jährige am Dienstag allerdings nicht davongekommen. Wegen Verletzung der Fürsorgepflicht haben die Richter anderthalb Jahre Haft auf Bewährung verhängt.
Der Staatsanwalt hatte dagegen keinen Zweifel, dass nur der Angeklagte als Täter in Frage kommt. Er hatte zehneinhalb Jahre Haft beantragt – wegen Totschlags und wegen der extremen Vernachlässigung des damals dreijährigen Sohnes.
Bruder vollkommen verwahrlost: Motorisch unterentwickelt
Der Junge lebt seit dem Tod seiner Schwester in einer Pflegefamilie. Er befand sich in einem schlimmen Zustand und wurde im Februar aus der Familie geholt. „Er ist noch immer völlig verängstigt und kann bis heute nicht sprechen“, sagte die Mitarbeiterin des Pflegekinderdienstes während des Prozesses vor circa einem Monat. Außerdem habe er regelrechte Entzugserscheinungen nach Süßigkeiten. „Er hat immer nur Pommes, Pizza, Nuggets und Süßes gekriegt“, hieß es. Die völlig verfaulten Backenzähne hätten unter Vollnarkose gezogen werden müssen.
Die Mutter des Jungen soll sich inzwischen in einer anderen Stadt aufhalten.
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