Mehr als 300 Menschen demonstrierten am Sonntag in Essen für einen Waffenstillstand im Nahen Osten. Polizei zog Plakat aus dem Verkehr.
Bei einer Pro-Palästina-Kundgebung am Sonntag (12.11.) nahe dem Hauptbahnhof hat die Essener Polizei einigen Demonstranten Plakate abgenommen und sichergestellt. Beamte des Staatsschutzes in Zivil waren zugegen, um die mitgeführten Banner und Plakate zu überprüfen. Von diesem kleinen Zwischenfall abgesehen nahm die Veranstaltung einen ruhigen Verlauf.
Auf einem dieser beanstandeten Plakate wird Israel in englischer Sprache „genocide“, also Völkermord, vorgeworfen. Ein Polizeibeamter nahm die Personalien einer jungen Frau aus Dortmund auf, die eigenen Angaben zufolge aus Syrien stammt und vor sechs Jahren nach Deutschland gekommen ist. Auf die Frage dieser Zeitung, wie ihre Haltung zum Hamas-Attentat vom 7. Oktober in Israel sei, entgegnete sie: „Ich spreche nicht über die Hamas.“
Nach Angaben der Veranstalter nahmen gut 300 Personen an der Demo teil. Auf der Rellinghauser Straße am Fuß des Evonik-Hochhauses riefen sie immer wieder laut: „Free, free Palestine“ oder „Free, free Gaza“. Mehrere Dutzend Teilnehmer schwenkten die Palästina-Flagge, es wurde massiv Kritik an der israelischen Regierung geübt.
Die meisten Demonstranten dürften dem linken Lager zugerechnet werden, auch arabischstämmige Demonstranten waren zahlreich vertreten. Anmelder der Demo war Clemens Jost, auch der Essener Linken-Ratsherr Shoan Vaisi war zugegen.
Einer der Hauptredner war der Essener Jules El-Khatib, der vor wenigen Jahren noch Landesvorsitzender der Linken in NRW war, inzwischen aber aus der Partei ausgetreten ist. Lautstark skandiert wurde mehrfach der klassische Links-Slogan: „Hoch die Internationale Solidarität“.
Demo-Veranstalter distanzieren sich scharf von Islamisten-Demo
In dem Aufruf zur Demo wird „Sicherheit für Israelis und Palästinenser“ gefordert. Zum Hamas-Attentat sagt der Politiker: „Es gibt keine Rechtfertigung für Gewalt.“ Die Demonstranten forderten einen Waffenstillstand zwischen Israel und der Hamas, aber zugleich auch ein Ende der Blockade des Gaza-Streifens. Außerdem verlangten sie von der Hamas die Freilassung der israelischen Geiseln und von Israel die Freilassung der in Gefängnissen einsitzenden Kinder. Einige Demonstranten kritisierten den zunehmenden Antisemitismus in Deutschland.
Die Veranstalter hatten von vornherein deutlich gemacht, dass nur Palästina-Flaggen und Friedensfahnen gezeigt werden durften. Dies sei eine Reaktion auf die umstrittene Islamisten-Demo in Essen vom 3. November, von der man sich scharf distanziere, so Jules El-Khatib. Banner in arabischer Schrift oder mit religiösen Parolen hatten die Veranstalter deshalb ausdrücklich untersagt. Die Islamisten-Demo bezeichnete El-Khatib als „Fiasko“ und die dort praktizierte Geschlechtertrennung als „gruselig“.
CDU-Promi Wolfgang Bosbach sucht das Streitgespräch
Am Rand der Pro-Palästina-Demo trat auch der frühere CDU-Bundestagsabgeordnete und häufige Talkshow-Gast Wolfgang Bosbach auf. Er war allerdings nicht in der Absicht gekommen, sich bei der Demo einzureihen. Im Gegenteil: Für eine Reportage der RTL-Sendung „Stern TV“ versuchte der CDU-Promi, mit Pro-Palästina-Demonstranten ins Gespräch zu kommen. Wolfgang Bosbach machte bei seinem Auftritt in Essen – auch in vereinzelten Streitgesprächen mit Demonstranten – kein Hehl daraus, dass er sich leidenschaftlich für das Existenzrecht Israels einsetzt. „Wenn Israel die Waffen niederlegt, gibt es Israel nicht mehr – wenn die Hamas die Waffen niederlegt, ist Frieden“, sagte Bosbach.
Am Abend kamen dann Tausende Essener vor der Alten Synagoge zusammen, um mit einer Lichterkette ein Zeichen für Weltoffenheit, Solidarität und Rechtsstaatlichkeit zu setzen. Ein breites gesellschaftliches Bündnis hatte zu der friedlichen Kundgebung an symbolträchtigem Ort eingeladen.