Emmerich. Nicoleta Bădulescu bietet Leiharbeitern in der Grenzregion im Kreis Kleve ihre Hilfe an. So will sie Auswüchsen entgegenwirken.
Nicoleta Bădulescu weiß, wie sich die Leiharbeiter aus Rumänien fühlen, die in den Niederlanden in Fleischfabriken schuften müssen und in Emmerich abends todmüde ins Bett fallen. Die 31-jährige Rumänin hat selbst als Leiharbeiterin in der Gastronomie in Deutschland gearbeitet, um sich das Studium in Berlin zu finanzieren: „Das war nicht annähernd so schlimm, was man hier in Emmerich vorfindet. Aber ich weiß, wie es ist, wenn man sich nicht richtig ausdrücken kann und von allen nur als dumme Tellerwäscherin angesehen wird.“
Katastrophale Verhältnisse
Nicoleta Bădulescu ist die neue Ansprechpartnerin für Leiharbeiter, die in der Grenzregion des Kreises Kleve wohnen und in den Niederlanden arbeiten. Sie arbeitet für die Organisation Arbeit und Leben, die im Auftrag des Landes NRW den Leiharbeitern eine Stütze sein möchte, und sie kann mit ihren Sprachkenntnissen den Arbeitern eine echte Hilfe sein. Am 15. Februar hat sie ihre Arbeit in der städtischen Begegnungsstätte Ebkes in Emmerich, Steinstraße 10, aufgenommen.
Denn die Verhältnisse in der Branche seien nach wie vor katastrophal, so die studierte Politikwissenschaftlerin, die in Bukarest und Bochum ihren Master gemacht hat. Ihre Hilfe richtet sich an alle Osteuropäer, die in den Kreis Kleve gekommen sind, aber vor allem zu den Rumänen wird Bădulescu aufgrund ihres Hintergrundes einen besonderen Kontakt pflegen.
Mit Leiharbeitern sprechen
So sei sie bereits jetzt viel in den sozialen Netzwerken unterwegs, um Kontakt zu Leiharbeitern zu bekommen. Diese würden sich fast ausschließlich über Facebook informieren. Städtische Informationen seien für sie oft nicht glaubwürdig. Dabei seien die Stellenangebote der Leiharbeitsunternehmen oft irreführend. Sie werben in Rumänien mit Jobs in der Verpackungsindustrie und verschweigen, dass die Menschen oft in einer Fleischfabrik arbeiten müssen. Die Unterkünfte werden als Villen angepriesen. Dass es oft abbruchreife Häuser sind, wird ihnen nicht gesagt.
Bădulescu hat bereits ein paar Telefonate mit Betroffenen führen können. Sie spreche auch Leiharbeiter auf der Straße an, wenn sie das Gefühl hat, dass dies möglich ist. Viele Menschen, die in der Fleischindustrie arbeiten, hätten große Angst. Vor allem die Koordinatoren der Leiharbeiterunternehmen seien oft sehr aggressiv und scheuen auch nicht vor körperlicher Gewalt zurück. „Viele haben Angst und sind hoffnungslos. Sie glauben nicht an eine Lösung“, so Bădulescu. Sie kenne zwei Fälle, wo Arbeiter brutal zusammengeschlagen worden sind.
Die 31-Jährige versucht, die Leiharbeiter dazu zu bewegen, sich zu öffnen und von ihren Schicksalen zu erzählen, damit öffentliche Stellen dagegen vorgehen können. Häufig fehle es aber an Vertrauen und oft herrsche blanke Panik vor den Koordinatoren der Leiharbeitsunternehmen. Bădulescu hat Kontakte auch zu niederländischen Gewerkschaften und Verwaltungen. Es sei gut, dass auch auf informeller Ebene eng zusammengearbeitet wird.
Prügel für Leiharbeiter
In Kleve habe ein polnisches Ehepaar 140 Euro für ein winziges Zimmer pro Woche zahlen müssen. Als sie ein besseres haben wollten, sollten sie 300 Euro zusätzlich zahlen. Nach wie vor sei es schwierig, an die Unternehmen richtig heranzukommen. Das bekannte Muster: In den Niederlanden wird Mindestlohn gezahlt, in Deutschland wird das Geld über die Vermietung von Bruchbuden wieder eingetrieben.
Seit neuestem gebe es einen kostenlosen Sprachkurs für Rumänen und Ungarn in Emmerich. Das Erlernen der Sprache sei enorm wichtig, um sich in die Gesellschaft zu integrieren. In Emmerich seien es jetzt vor allem Rumänen und Ungarn, die hier als Leiharbeiter tätig sind, Bulgaren weniger. Bădulescu geht davon aus, dass im Kreis Kleve 2000 Leiharbeiter wohnen.
Wer Kontakt zur neuen Ansprechpartnerin für Leiharbeiter sucht, der kann sie unter badulescu@arbeitundleben.nrw oder 0160/96964033 kontaktieren.
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