Kreis Kleve. Die Sparkasse hat mit der Zinswende viel Geld verdient. Bei Zinsen aufs Tagesgeld ist sie zurückhaltend. Der Vorstand im NRZ-Interview.
Den Sparkassen in Deutschland geht es so gut wie lange nicht mehr. Für das vergangene Jahr meldet der Deutsche Sparkassen- und Giroverband einen Rekordgewinn von 10,2 Milliarden Euro. Wichtigster Grund: Die Geldinstitute profitieren von der Zinswende und geben nur wenig davon an ihre Kunden weiter. Auch die Sparkasse Rhein-Maas hat im vergangenen Jahr ordentlich verdient. Wie sieht es aus, Herr Röth?
So richtig möchte der Sparkassen-Chef Wilfried Röth mit seinen Zahlen noch nicht herausrücken. Dem Verwaltungsrat liegen die Ergebnisse noch nicht vor, aber Röth kann sagen, dass 2023 „sehr gut gelaufen“ ist. Und ja, man könne sogar von einem Rekordergebnis sprechen. Allerdings müsse man bedenken, dass ein Vergleich mit den Vorjahren nach der Fusion der drei Sparkassen im Jahr 2022 immer hinke.
Dennoch hat sich das Ergebnis deutlich verbessert. Das liege vor allem an der Zinswende, aber auch am guten Provisionsgeschäft mit Bausparverträgen, Versicherungen oder Kapitalanlagen. Die Provisionseinnahmen seien von Jahr zu Jahr gestiegen, so Röth. Hinzu kämen die durch die Fusion gesunkenen Kosten: Sach- und Personalkosten habe man im Griff. Inflationsbereinigt seien die Personalkosten um 20 Prozent gesunken, so Röth. Allerdings habe man nun auch die Personalobergrenze erreicht. Weitere Kostensenkungen seien kaum möglich.
So läuft das Immobiliengeschäft
Für den Immobilienmarkt sieht Wilfried Röth einen deutlichen Aufwärtstrend. Im vergangenen Jahr sei das Neugeschäft um 30 Prozent eingebrochen. „Im ersten Quartal 2024 beobachten wir, dass die Talsohle durchschritten ist“, sagt der Sparkassenchef. Viele Kunden mussten im vergangenen Jahr allerdings Abstand nehmen von einer Hausfinanzierung.
Auf dem Gebrauchtimmobilienmarkt sind die Preise nach wie vor rückläufig. Aber die Förderprogramme für energetisches Sanieren laufen wieder. „Man kann wieder ein Geschäft machen“, so Röth. Generell sei es wünschenswert, mehr Menschen in Eigentum zu bringen. Denn die Wertzuwächse der vergangenen zehn, zwölf Jahre seien enorm gewesen. Die kleine Delle, die wir jetzt erleben, würde die Wertzuwächse nicht wesentlich mindern.
Auch wenn das Neugeschäft eingebrochen ist, so sei das Bestandsgeschäft weiter mit 4 Prozent gewachsen, betont Röth. Man habe noch offene Kreditzusagen in Höhe von 120 Millionen Euro.
Dass die Sparkassen an der Zinswende kräftig verdient haben, liegt auch daran, dass die Geldhäuser vergleichsweise wenig an ihre Kunden weitergeben. So lagen die Zinsen für Tagesgeld Mitte März bei 108 Banken in Deutschland bei 2,08 Prozent. Sparkassen zahlen im Schnitt 0,72 Prozent.
Wilfried Röth hält die Sparkassen Rhein-Maas aber nicht für knauserig. Er differenziert: „Die Kunden bringen uns ein hohes Vertrauen entgegen. Sie haben uns viel Geld auf ihren Konten anvertraut und selbst in Zeiten von Negativzinsen haben 96 Prozent unserer Kunden nichts mit Verwahrentgelten zu tun gehabt“, so Röth. Vielmehr wolle man gemeinsam mit den Kunden überlegen, wie das Vermögen sinnvoll angelegt werden könne. Da sei das Tagesgeld nicht die beste Alternative: Wertpapiere und Aktien seien das Thema. Wer sein Geld für zwei bis fünf Jahre anlege, bekomme auch ordentliche Zinsen.
Aber Sparkassenkunden sind risikoscheu und wollen jederzeit liquide sein. In der unsicheren Wirtschaftslage legt man sein Geld ungern für zwei bis drei Jahre fest, um dafür 2,5 bis 3 Prozent Zinsen zu bekommen. Also bleiben viele beim Tagesgeldkonto, wo es ein Prozent gibt. „Tagesgeld ist der Notgroschen“, sagt Röth.
Wer sein Geld für fünf Jahre festlege, erhalte über einen kostenlosen Sparbrief 2,5 Prozent. Und in Kooperation mit der Hessischen Landesbank (HeLaBa) sowie der Landesbank Baden-Württemberg oder der Deka werden auch festverzinsliche Anleihen angeboten, die jederzeit verkauft werden können. Dafür werden allerdings Depotzinsen fällig. Mittlerweile sei man in der Situation, dass man für kurzfristige Anleihen mehr bekomme als für langfristige: Für sechs Monate gebe es bei der Helaba 3,4 Prozent, wer für ein Jahr abschließe, bekomme nur drei Prozent. Die Märkte gehen von sinkenden Zinsen aus.
Entsprechend reagieren die Kunden. So seien die Kundeneinlagen bei der Sparkasse um 100 Millionen Euro gesunken, das Wertpapiergeschäft entsprechend um 100 Millionen Euro gestiegen, so Röth. „Die Kunden haben umgeschichtet.“
Mit dem ordentlichen Gewinn will der Sparkassenvorstand das Eigenkapital stärken. Angesichts der großen Herausforderungen der Energie- und Immobilienwende sieht Wilfried Röth einen „enormen Finanzierungsbedarf“. Die Windenergie muss ausgebaut werden, Freiflächen-Photovoltaikanlagen, das Leitungsnetz muss erneuert werden und viele Immobilien werden saniert oder neu gebaut. Für all das brauchen die Kunden Geld. Die großen Finanzierungsvolumina muss die Sparkasse mit einem entsprechenden Eigenkapitalpolster unterlegen. Die Eigenkapitalquote soll bei 17 Prozent liegen, doch wenn die Kreditvergabe deutlich steigt, sinkt die Eigenkapitalquote entsprechend. .
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