Emmerich/Bedburg-Hau. Die Niederrhein Destille in Dornick schließt die Tür und zieht nach Bedburg-Hau. Andre de Schrevel weiß sein Werk in guten Händen.

Es ist gemütlich im Verkaufsraum der Niederrhein Destille in Dornick. Der Geruch von Gebranntem und Weihnachten liegt in der Luft. Ingeborg und Andre de Schrevel verabschieden gerade ihre Stammkunden Raimund (70) und Dorothee (83) Matenaer inklusive ihrer Weihnachtseinkäufe. Die beiden kommen schon seit zehn Jahren nach Dornick. „Viele unserer Stammkunden kommen vor Weihnachten, die haben gar nicht auf dem Schirm, dass in Dornick bald Ende ist. Da bekommt man jetzt doch etwas feuchte Augen“, sagt Andre de Schrevel.

Schon bald ist die Ära Niederrhein Destille in Dornick Geschichte, in Bedburg-Hau wird sie jedoch weitergeführt. Verkauft ist die Brennerei allerdings schon länger: Nach zwei Jahren Übergangszeit in 2022 und 2023 geben die de Schrevels die Brennerei nun komplett in die Hände von Berkhöfel – Naturkultur vom Niederrhein aus Bedburg-Hau. Hendrik van Aken und Nick Roden haben offiziell übernommen. „Ich stehe seit dem 1. März nur noch beratend zur Verfügung“, lacht de Schrevel. „Ich erzähle und erkläre noch viel, aber ich mache nur noch wenig.“

Die Maische läuft im Kupferkessel. Eine heiße Angelegenheit.
Die Maische läuft im Kupferkessel. Eine heiße Angelegenheit. © FUNKE Foto Services | Thorsten Lindekamp

Die Brennerei begann im Dentallabor

Die Brennanlage wird im Januar vom Hersteller abgebaut, erklärt Hendrik van Aken. Danach wird sie umgerüstet auf Strom, denn Berkhöfel verfügt über Photovoltaik. Der Umzug des Hofladen folgt unmittelbar danach. Andre de Schrevel sieht es mit einem lachenden und einem weinenden Auge: Vor 16 Jahren, im Jahr 2007, begann die Geschichte der Niederrhein Destille – in einem Dentallabor. Andre de Schrevel ist eigentlich gelernter Zahntechniker. Die Leidenschaft für das Destillieren entwickelte sich bereits im Jugendalter. „Das hat mich immer fasziniert, ich wollte es unbedingt ausprobieren“, erinnert sich der 68-Jährige.

Der Zufall wollte, dass er sein Hobby zum Beruf machen konnte: Dank verschiedener, teils glücklicher, teils weniger glücklicher Umstände, konnte er sein Dentallabor verkaufen und sich seine eigene Brennerei aufbauen. „Ich war auf diesem Gebiet hier weit und breit allein – es gab keine Konkurrenz.“ Zunächst beschränkte sich die Kundschaft auf Freunde und Bekannte, dann machte de Schrevel einen Lehrgang als Brenner an der Universität Hohenheim. „Eine Woche geballtes Wissen – ich habe gut zugehört“, schmunzelt er.

Selbstgebranntes in der Niederrhein Destille.
Selbstgebranntes in der Niederrhein Destille. © FUNKE Foto Services | Thorsten Lindekamp

Goldmedaille und andere Prämierungen

Mit einem fachmännischen Berater an seiner Seite wurde gebrannt, probiert, Proben eingereicht. Das Ergebnis sind Stand heute weit über 29 Prämierungen, darunter für hervorragenden Bierbrand, die Top Five der Obstbrenner-Betriebe, noch im März 2022 gab es die Silbermedaille für Apfelbrand, Erdbeergeist und Single Rye Whisky, neben weiteren Auszeichnungen die Goldmedaille für sortenreinen Apfelbrand und Junip Rhenus Gin, um nur einige zu nennen.

Man muss ja mal ans Aufhören denken
Andre de Schrevel

„Über die Jahre wurde es immer mehr, die Kunden auch“. Bei so viel Erfolg die Brennerei aufgeben - warum? „Das war ein schleichender Prozess. Man muss ja mal ans Aufhören denken. Eine Brennerei ist auch mit viel körperlicher Arbeit verbunden.“

Der Brennmeister hat immer noch Freude am Prozess

Wenn Andre de Schrevel erklärt, wie die komplizierte Brennanlage funktioniert, wie ein sauberer Alkohol entsteht, was es mit den Prozenten sowie Vor- und Mittellauf auf sich hat oder was der Unterschied zwischen Brand und Geist ist oder dass es ohne Zollaufsicht nicht funktioniert, dann tut er das mit einem Lächeln und großer Freude daran, sein Wissen zu teilen. Wie zum Beispiel Maische in Gärbehälter gefüllt wird und Hefe dafür sorgt, dass „der Fruchtzucker aufgefressen wird“. Oder wie die Anlage den Alkohol destilliert. Geprüft wird übrigens per riechen und schmecken. „Finger drunter halten während des Brennprozesses reicht“, sagt de Schrevel. Später darf es auch mal ein Gläschen sein. „Man härtet sich ab im Laufe des Brennerlebens.“ Der Alkohol wird übrigens mit entmineralisiertem Wasser auf Trinkstärke herabgesetzt. „Dann kann man genießen“, so der Brennmeister.

Wie lange dauert es vom Apfel bis zum Obstbrand? „Mit Wartezeit ein Jahr oder länger“, weiß der Experte. Für Whisky natürlich noch länger, dafür kann er aber das ganze Jahr hergestellt werden, da der Malz immer zur Verfügung steht. Andere Produkte, wie Himbeergeist oder Apfelbrand, sind saisonal gebunden. Jetzt gerade ist Zeit für Brände.

Berkhöfel wird das Sortiment erweiteren

Der Verkauf an Berkhöfel war übrigens ein Zufall. Eigentlich wollte der Betrieb aus Bedburg-Hau mit Streuobstwiesen und Schafhaltung Produkte aus der Niederrhein Destille mit ins Sortiment nehmen. Daran waren die de Schrevels aber schon nicht mehr interessiert. Die Erklärung, dass sie ihre Brennerei aufgeben, führte letztendlich zum Verkauf. Das Sortiment in Bedburg-Hau wird in 2024 erweitert um Apfelsaft, Apfelkraut und getrocknete Apfelringe. Auch ein Tasting mit entsprechendem Aufenthaltsbereich sei geplant, wie Hendrik van Aken erzählt.

Was passiert nach dem Leben in der Brennerei? „Wir haben viele Hobbys“, freuen sich Ingeborg und Andre de Schrevel. Handwerkliches und Wohnmobil stehen ab dem nächsten Jahr auf dem Programm. „Wir müssen dann ja nicht mehr daran denken, welches Obst jetzt dran ist.“ Der Name Niederrhein Destille bleibt mit einer Ausnahme erhalten - statt Dornick heißt es nun Berkhöfel.

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