Rees-Haldern. Nach Schlamm und Regen versöhnten am Donnerstagabend die Konzerte beim Haldern Pop Festival – präsentiert von der NRZ. Das waren die Höhepunkte.
Einen versöhnlichen Donnerstagabend erlebten die Besucher des 40. Haldern Pop Festivals – präsentiert von der NRZ. Denn nach den Regen- und Schlammstrapazen tagsüber, die auch für reichlich Verkehrsleiden sorgten, punktete das Jubiläumsfestival zur späteren Stunde ohne Niederschlag mit seiner Kernkompetenz: mit großartigen Konzerten. Allen voran Leoniden sorgten für das große Gemeinschaftsglück.
Leoniden überzeugen die Masse mit hoher Spielfreude
Die Kieler Indie-Rock-Formation machte da weiter, wo die Beatsteaks im Vorjahr aufgehört haben. Nur, dass ihre Musik 20 Jahre jünger ist. Sie präsentierten sich mit hoher Spielfreude, einer Banddynamik, die das Publikum ansteckte. Gitarrist Lennart Eicke schien sein Instrument mehr zu jonglieren und zu wirbeln, als darauf zu spielen – auch als Bühnenshow spannend anzusehen. Der Festivalplatz war in voller Bewegung.
Vielen dürfte an diesem Abend nochmal klar geworden sein, wie viele Lieder von Leoniden sie schon mal gehört hatten. Wenn die Haldern-Pop-Macher glauben, dieser Indie-Rock lockt eher junge Leute an: Nein, das mag der Haldern-Pop-Durchschnittsfan! Großartig.
Nnamdï überraschte im Spiegelzelt
1. Tag bei Haldern-Pop 2023
Dem Quintett merkte man an, sie hatten richtig Bock auf Haldern. „Wir haben vom Haldern Pop gehört, seit wir Musik machen“, schilderte Sänger Jakob Amr, „wir sind heute übers Festival gelaufen und bei allen Bands hängen geblieben. Nnamdï war mein Highlight“.
Tatsächlich überraschte die Band um den Multi-Instrumentalisten aus Chicago mit starker Bühnenpräsenz, groovigem Sound, der gerne auch mal in einen exzessiven Rock ausartete. Das kam gut an. Der Amerikaner fand einen guten Draht zum Publikum im Spiegelzelt, erlebte einige Hände, die hoch gingen, als er fragte: „Wer hat alles die falschen Schuhe an?“ Witzig auch: Er wolle Deutsch lernen. Jemand brüllte auf: „Ich traue nie dem, der als Erstes brüllt.“ Den Geschichten der Lieder konnte man gut folgen. Etwa im „Anxious Eater“ – bei Angstzuständen essen wollen, das kennen bestimmt auch andere.
Zehn Jahre später wird Tom Odell wieder gefeiert
Vor einer Dekade war Tom Odell mit dem Welthit „Another Love“ in aller Ohren. Und spielte beim Haldern Pop. Nun kehrte der Engländer zurück auf die Hauptbühne: „Es war damals unser erstes richtiges Festival, das wir in Europa gespielt haben. Es blieb uns in guter Erinnerung.“ In den zehn Jahren hat Odell einige großartige Lieder komponiert. Neben seinem ersten Welthit feierte das Publikum weitere Pop-Hymnen ab. Aber besonders berührend sind seine Balladen. Wo, wenn nicht in Haldern, kann man Solo am Piano mit der Live-Premiere des Songs „Black Friday“ die Menschen so sehr berühren. Das war ein echter Hauptact zur besten Sendezeit.
Lesen Sie auch diese Nachrichten aus Emmerich und Umgebung
- Emmerich: Wie Mona Veldkamp den Saunagästen im Embricana einheizt
- Rees: So spaßig war das Wasserballturnier der Feuerwehren
- Emmerich: Pilotprojekt zur Sprachförderung bei BLG Logistics
- Isselburg: Kreisverkehr am Lidl in Anholt wird saniert
- Lesen Sie hier alle Nachrichten aus Emmerich, Rees und Isselburg
Eine Zeitreise bot die US-Band Nation of Language. Ihr 80er-Synthie-Pop hätte auch schon 1983, im Jahr des ersten Haldern Pops, laufen können. Mit dem ersten Ton war das total überzeugend gut. Die Spiegelzelt-Besucher ließen sich auf diese Zeitreise ein und durften erkennen: zeitlos schön. Als Reminiszenz an Kraftwerk, die mit ihrem Elektropop bereits in den 70ern dieser Musikrichtung den Weg geebnet haben. An Deutschland gerichtet, sagte Sänger Ian Richard Devaney: „Danke, dass ihr die Musik erfunden habt, die wir heute spielen.“
Neues Niederrhein-Zelt sorgt für Marktplatzatmosphäre
Ganz neu kam das Niederrheinzelt hinten auf dem Festivalhauptgelände daher. Es ist zwar etwas kleiner, dafür aber an den Seiten offen gestaltet, so dass sich eine schöne Marktplatzatmosphäre bildete und auch jene der Musik gut folgen konnten, die nicht im Zelt standen. Die Hamburger Pop-Rock-Formation Brockhoff nutzte diese Rahmenbedingungen bestens aus. Ihr gradliniger Gitarrensound lockte die Leute an und erntete viel Applaus.
Eine ganz neue Klangfarbe brachten die Südkoreaner Balming Tiger auf die Hauptbühne. Ihr K-Pop mit fetten Beats, mal surrendem, mal verspieltem Rap auf Koreanisch brachte eine schöne Energie mit. In grauen „Blaumännern“ animierte auch die Tanzdynamik zum Mitwippen.
Mit Panic Shack bis tief in die Nacht
Als letzte Band in der Nacht spielten Panic Shack bis 3 Uhr im Spiegelzelt. Der Indie-Punk aus Wales strotzt vor Feminismus, riss das durchhaltende Publikum mit. Eher melancholisch-abgefahren war dagegen der Post-Punk der Engländer Sorry, der auch viel Fans fand. Ihnen hätte man live etwas mehr Elan und Bestimmtheit im Sound gewünscht, dann würden alle über diese Band reden.
Akkordeonist Mario Batkovic war diesmal mit The Broke Bankers aufgetreten. Die instrumentale Musik bot sehr abwechslungsreiche Percussions. Batkovic hatte auch wieder sein selbst erbautes Instrument dabei, irgendwo zwischen Gitarre und Tasteninstrumente, womit er 2018 schon überraschte. Einmal, und das war sein Wunsch, durfte er sich wie ein Rockstar fühlen. Er hat sein eigenes Plektrum erstellen lassen, auf dem allerdings „Play Accordion“ steht. Dieses warf er ins Publikum und bekam einem Rockstar würdigen Jubel.