Kreis Kleve. Weißstörche sind bald auch wieder überall im Kreis Kleve anzutreffen. Mittlerweile gibt es hier 58 Brutpaare. Tendenz steigend. Woran es liegt.
Noch sieht man sie ganz selten zu dieser Jahreszeit. Doch das wird sich ab Ende Januar wohl ändern. „Dann kommen erfahrungsgemäß die ersten Störche, die etwa in Frankreich und Spanien überwintert haben, wieder zurück in den Kreis Kleve“, ist sich Bettina Blöß ziemlich sicher. Die Biologin vom Naturschutzzentrum des Kreises Kleve mit Sitz in Rees-Bienen ist hier unter anderem als Koordinatorin zuständig für das Monitoring in Sachen Weißstörche. Sie weiß, dass die Zahl der Brutpaare weiter enorm steigt. „2022 hatten wir im Kreisgebiet 58 Paare, 2020 waren es noch 36“, sagt die 40-Jährige. Absehbar, befürchtet sie, dürfte der Konkurrenzkampf unter den Störchen wegen des Nahrungsangebots härter werden.
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Dass sich die Störche seit vielen Jahren im Kreis Kleve, überhaupt in ganz NRW mit mittlerweile 700 Paaren wohl fühlen, ist unbestritten. Ihre Zahl nimmt überall im Land zu. Was, so vermutet die Biologin, auch am Klimawandel liegen könnte. „Die Sommer hier werden immer trockener. Das kommt dem Nachwuchs der Störche zugute“, erklärt die Fachfrau. Denn die Jungtiere hätten in den ersten Wochen nur ein Daunenkleid, das bei Regen nicht so warm hält wie Federn.
Störche haben auch im Kreis Kleve keine Feinde
Von März bis Juni legen die Störchen-Mütter zwei bis drei Eier ins Nest, manches Mal sogar vier. Wobei etwa im Vorjahr die meisten Jungtiere überlebt haben dürften, sicher auch dank des milden Wetters. „Hinzu kommt, dass die Störche hier eigentlich keine Feinde haben“, sagt Bettina Blöß. In Frage käme nur ein Seeadler. „Aber selbst der hätte keine Chance, weil die Jungtiere die ersten Wochen nie alleine gelassen werden“, meint die Biologin. Und mit einem Storch, der sehr wehrhaft ist, würden sich Adler, die übrigens im Vorjahr mal vor Ort gesichtet worden sind, nicht anlegen wollen.
Wann genau die seit Jahren stetig steigende Storch-Population im Kreis Kleve wegen des Nahrungsangebotes zum Problem werden könnte, sei schwierig vorherzusagen. „Wir wissen nicht, wann das Plateau, sprich die Obergrenze, erreicht ist“, meint die Mitarbeiterin des Naturschutzzentrums. Noch sind wohl genügend Würmer, Insekten, Mäuse, Maulwürfe, Vögel und auch kleinere Hasen als Futter ausreichend vorhanden. Der Storch sei ein Generalist, was die Futtersuche angeht, sprich er frisst so ziemlich alles.
Ringe an den Störchen können mit dem Fernglas abgelesen werden
Wobei es für Tiere, die hier überwintern, bei Schnee und Eis sehr viel schwieriger wäre, genügend Futter zu finden. Aber von einem strengen Winter kann ja gerade nicht die Rede sein. Nur wie es sich auswirkt, wenn dann im Sommer wieder über 100 Störche auf den Wiesen und Feldern sowie an den Gewässern unterwegs sind, ist mit Blick auf die heimischen Tierarten schwer zu sagen.
Um mehr darüber zu erfahren, wo die eleganten schwarz-gefiederten Vögel überwintern, wo sie geboren wurden und ob sie in ihre Horste zurückkehren, soll in diesem Jahr wieder nach sechsjähriger Pause eine Beringungs-Aktion stattfinden. Früher wurde Jungtieren bis zur achten Woche, also bevor sie flügge sind, ein Metallring angelegt. Heute nimmt man größere, sogenannte Elsa-Ringe, die mit einer fünfstelligen Nummer versehen werden. „Die kann man mit einem Fernglas ablesen“, erklärt Bettina Blöß.
Feuerwehr in Hüthum hat schon 2016 bei der Aktion geholfen
Anlegen kann und darf einen solchen Ring nur ein Beringungs-Experte, und zwar im Auftrag der zuständigen Vogelwarte, die sich auf Helgoland befindet. „Dafür muss man eigens einen Schein machen“, so die Biologin. Für NRW ist Michael Jöbges der Fachmann, der auch schon 2016 im Kreis Kleve die Beringung vorgenommen hatte. Wobei so eine Aktion recht aufwendig ist.
Denn man muss erst einmal an den gut acht Meter hohen Horst gelangen, in dem sich dann nur der Nachwuchs befinden darf. „Dabei hat beim letzten Mal auch die Hüthumer Feuerwehr geholfen“, erinnert sich Bettina Blöß. Angewiesen sei man zudem auf die Hilfe von Anwohnern, auf deren Gelände sich ein Horst befindet. Von denen gibt es übrigens schon heute mit über 100 Standorten zu viele im Kreis Kleve, bedauert Blöß. Gut zehn Prozent ihrer Nester bauen die Störche übrigens selbst.
Irgendwann wird das Futter für die Störche knapp
Zurück zu den Ringen. Die bekommt die Naturschutzstation in Bienen wieder von der Vogelwarte, vermutlich erneut zwischen zehn und 20 Stück. An einem Tag, wohl Mitte Juni, soll die Aktion dann durchgezogen werden. Blöß: „Die so später erhaltenen Daten sollen dann wissenschaftlich ausgewertet werden und mehr Wissenswertes über die Störche verraten, etwa wann und wo sie geschlüpft sind und ob sie wieder zu ihrem alten Horst zurückgekehrt sind“.
Dass die Störche am Niederrhein keine Scheu vor Menschen haben, liege wohl daran, dass sie hier anders als in Afrika nicht gejagt würden, erläutert die Biologin. Die mit Blick auf die immer neuen Nesthilfen, die hier aufgestellt würden, große Bedenken hat. „Irgendwann wird das Futter knapp“, befürchtet sie, „und dann kann auch durch die Nahrungssuche der Störche der Druck auf bedrohte Tiere wie den Kiebitz noch zunehmen“.
„Es gibt übrigens Vorschriften, ob und wo solche Nesthilfen überhaupt gebaut werden dürfen“, sagt sie eher beiläufig. Ob man sogar eine Baugenehmigung dafür benötigt, will die Biologin nicht weiter kommentieren...
>>>Feuerwehr könnte bei der Beringungs-Aktion helfen
Für die Beringungsaktion im Kreis Kleve, die Mitte Juni stattfindet, könnte die Naturschutzstation noch Unterstützung gebrauchen, etwa von der Feuerwehr. Benötigt wird etwa ein Hubsteiger, um an die gut acht Meter hohen Horste zu gelangen. Als Ansprechpartnerin ist Biologin Bettina Blöß unter der Rufnummer 02851/963324 zur erreichen.