Rees. Landwirt Felix Streuff aus Rees betreibt seit Jahren eine Biogasanlage. Jetzt versorgt er bald die Lebenshilfe mit Wärme. Wie er das macht.
Die Idee dafür hatte Felix Streuff schon vor zwölf Jahren. Damals wollte er in Rees mit seiner Biogasanlage seinem Nachbarn, die Lebenshilfe Unterer Niederrhein, mit Wärme versorgen. „Die Gremien dort waren da aber noch nicht soweit“, erinnert sich der 39-jährige Landwirt.
Das sieht nun anders aus: Die 300 Meter lange Leitung ist verlegt, die Wärme, produziert aus reiner Gülle, kann quasi sofort bei Bedarf geliefert werden, sobald der Wärmetauscher bei der Lebenshilfe angekommen und montiert worden ist. „Das passt jetzt hervorragend in unser neues Energie-Konzept bei der Lebenshilfe“, sagt der zuständige Projektleiter dort, Johannes Kösters.
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Denn schon 2019, also lange vor dem Ukraine-Krieg und den explodierenden Energiekosten, hatte sich die Lebenshilfe entschieden, künftig nicht mehr nur alleine auf Gas als Lieferant für Wärme und Strom zu setzen, sondern auch auf Pellets – und eben die Wärme-Lieferung von der Groiner Milch KG. Der geht davon aus, dass etwa sieben bis acht Monate im Jahr seine am Hof produzierte Wärme bei der Lebenshilfe benötigt wird. „Eben zur kalten Jahreszeit“, betont Johannes Kösters.
Schon seit Längerem nutzt Streuff die Biogasanlage zur Erzeugung von Wärme und Strom. Während er den Strom ins Netz speist, nutzt er die Abwärme bisher auch für drei Wohnhäuser am Gehöft sowie für die Warmwasserbereitung im Melkhaus. Wobei Streuff seine Biogas-Anlage noch erweitern muss, und zwar um eine Therme, um den künftigen Wärmebedarf der Lebenshilfe mit ihren zwölf Immobilien an der Groiner Allee gewährleisten zu können. Heute wandelt er 24 Kubikmeter Gülle Tag für Tag in Strom und Wärme um, möglich wären über 30 Kubikmeter.
Lebenshilfe in Rees hat 750.000 Euro investiert
Die Lebenshilfe Unterer Niederrhein hat für ihre neue Heizungszentrale 750.000 Euro investiert, inklusive einer Förderung von 216.000 Euro. „Das hat sich in drei Jahren amortisiert“, rechnet Johannes Kösters hoch. Unter anderem habe man ein neues Erdgas-Blockheizkraftwerk und vier Holzpelletöfen angeschafft, dafür unter anderem 30 Pumpen, acht Gasthermen, zwei 300 KW-Gasbrenner und 15 Nachtspeicher-Öfen außer Betrieb genommen. „Ganz ohne Gas werden wir aber auch künftig nicht auskommen“, erklärt der 62-Jährige.
In den ersten drei Monaten nach Inbetriebnahme der neue Heizungszentrale seien die Energiekosten jedenfalls um über 50 Prozent gesunken. „Dadurch haben wir in dieser Zeit 40.000 Euro gespart“, sagt der Projektleiter. Gut 300 Tonnen, so die Hochrechnung fürs Jahr, fallen dann weniger an CO2 an. Die Energiekosten insgesamt summieren sich bei der Lebenshilfe in Rees auf 300.000 Euro im Jahr.
Lebenshilfe wird jetzt verstärkt auf Photovoltaik setzen
Ziel sei es jetzt, dass die Lebenshilfe künftig eben auch verstärkt Wärme von der Groiner Milch KG bezieht. „Vielleicht gelingt das noch in diesem Winter, wenn denn der Wärmetauscher endlich geliefert werden kann“, ist Kösters optimistisch. Denn eigentlich hätte das Gesamtprojekt schon vor einem Jahr soweit sein können...
Kösters blickt noch auf ein weiteres Projekt. Denn zeitnah möchte die Lebenshilfe auf Photovoltaik-Anlagen setzen. „Bislang haben wir da noch nichts, auf keinem unserer 40 Immobilien am Niederrhein“, bedauert er. Was sicher auch an den bescheidenen Fördermöglichkeiten in der Vergangenheit lag.
Alleine für die Reeser Gebäude ist eine 600 KW-Anlage geplant
Die hätten sich derart geändert, dass man jetzt investieren will. Alleine für die Reeser Gebäude denke man an eine 600 KW-Anlage. „Die ersten Angebote liegen uns bereits vor“, hofft Johannes Kösters auf eine baldige Realisierung des Projekts.
>> So wird aus Gülle Wärme und Strom
Und so wird aus Gülle Wärme und Strom: Die Gülle wird vergärt, in der Biogasanlage produzieren Bakterien Biogas, bestehend aus Methan und CO2, das im Blockheizkraftwerk verbrannt wird. Der Motor treibt einen Generator an, der wiederum Strom erzeugt. Der geht bislang ins Netz.
Die Motor-Abwärme wird unter anderem für warmes Wasser genutzt, das im Melkstall Verwendung findet, aber auch in den drei Wohnhäusern auf dem Gelände des Betriebs. Künftig fließt das 65 bis 80 Grad warme Wasser eben auch zur benachbarten Lebenshilfe und kommt als abgekühltes Wasser zurück. Der so genannte Gärrest, sprich die vergorene Rindergülle, wird wieder als Gülle aufs Feld ausgebracht.