Kleve. Der Tag es Denkmals ermöglichte gut als 100 Besuchern einen Besuch im ehemaligen Weinkeller Remy hinter der Kavarinerstraße – spannend war’s
Stimmt schon: Der Abstieg ist steil, der Durchgang eng. Durch einen Hinterhof geht es von der Straße Regenbogen hinunter zu einem Kellergewölbe, das seinesgleichen sucht. Man glaubt, die Stadt einigermaßen zu kennen – und dann das: ein ehemaliger Weinkeller von riesigen Ausmaßen. Hier könnte man sich eine hippe Kellerbar vorstellen oder einen coolen Veranstaltungssaal. Geht aber nicht, weil es keinen Zugang von der Kavarinerstraße aus gibt. Und den gab es nie.
Viel Platz zum Tanzen
Es ist der Tag des offenen Denkmals. Und damit die Möglichkeit, Dinge zu sehen, die man sonst nicht oder nicht so gut zu Gesicht bekommt. Die frühere Bürgermeisterin hatte keine Touren in dieses so besondere Denkmal erlaubt. Jetzt ist es wieder möglich, und so konnte sich Stadtführerin Wiltrud Schnütgen freuen, dass sich insgesamt über 100 Leute für eine der Führungen angemeldet haben. Das Grundstück und damit der Keller gehört Martin Fingerhut, der gerne Besucher hineinlässt: „Der Gang ist zwar schmal“, sagt er, „aber im Keller gibt es Platz genug zum Tanzen.“
Immer noch ist die Hoffnung da, dass irgendwann ein Zugang über die Kavarinerstraße möglich wird. Als Theodor Remy 1870 in der Kavarinerstraße sein 32 Meter langes Haus in schönster Gründerzeit-Architektur errichten ließ, war an den Keller noch nicht mal gedacht. Der kam erst 1890 dazu: zwei fast 30 Meter lange Längsgewölbe, in den Berg gegraben. Der Zugang war über die Hopfensackstege möglich, dort, wo die Straße heute einen Knick macht.
Die Keller von Weinhändler Remy
Remy war Weinhändler. Er hatte aber wohl kein Ladengeschäft, sondern betrieb eine Art Großhandel. Seine Kunden waren zum Beispiel die zahlreichen Hotels im Bad Cleve. Er besaß einen Weinberg an der Mosel, und die Weinfässer wurden dann vermutlich am Großen Markt abgeladen und dann die Hopfensackstege hinuntergerollt. Ein großes Holztor, das man auf einer alten Fotografie noch erkennen kann, war der Eingang. Sehr schön kann man im Keller die Rinnen sehen, über die man die Fässer gerollt hat. Die gemauerten Regale sind teilweise auch noch erhalten. „Hier hat man die Fässer angeliefert, gelagert, Flaschen abgefüllt und in Regale gelegt“, berichtet Wiltrud Schnütgen. Ihr Vater hat in den Semesterferien noch hier Flaschen abgefüllt, das war vor dem Krieg. Schon 1922 starb Theodor Remy, seine Tochter heiratete einen Arzt.
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Man weiß nicht genau, wann genau die Weinhandlung aufgehört hat zu existieren. Im Krieg wurde das Haus der Remys zerstört, der Keller jedoch blieb bis auf einen kleinen Teil intakt. Er diente als offizieller Luftschutzkeller. Tatsächlich hat ihn einer der Teilnehmer an der Führung noch so kennengelernt: Als Sechsjähriger ist er mit seiner Mutter und seinem älteren Bruder vor den Bombardierungen hierher geflohen. Manchmal fiel Staub herab, wenn Bomben die Umgebung trafen. „Wir haben gebetet und christliche Lieder gesungen“, erinnert er sich. Immerhin: Alle, die in diesem Keller Schutz gesucht hatten, haben überlebt.
Die Brücke in den Keller
Wie paradiesisch dagegen die Zeit, als Theodor Remys Weinhandlung florierte. Um selber ohne Umweg über die Hopfensackstege in seinen Keller zu kommen, ließ er sich eine Brücke bauen. Vom Dachgeschoss seines Hauses direkt in den Garten. Es gibt Zeichnungen von Jupp Brüx, die diese Brücke zeigen. Überhaupt, dieser Garten in Hanglage: noch heute sieht man Teststücke einer Mauer im antiken Stil, so wie es damals modern war. Von Remys Gartenhäuschen fehlt allerdings jede Spur. Das hatte er so bauen lassen, dass er den weiten Ausblick genießen konnte. Heute sähe er in der Ferne die Emmericher Rheinbrücke und das Wunderland Kalkar. Vielleicht ja Denkmäler von morgen.