Emmerich. Klinkerwerke Muhr in Emmerich fertigen im Jahr 40 Millionen Steine, brauchen dafür Gas. Alternative Energie gibt es nicht. Erst 2029 vielleicht.
ln der riesigen, knapp 30.000 Quadratmeter großen Halle, gleich am Rhein gelegen, gerät man auch ohne die hochsommerlichen Temperaturen draußen schnell ins Schwitzen. Immerhin werden hier in zwei 120 Meter langen Tunnelöfen im Jahr rund 40 Millionen Steine gebrannt, bei 1060 Grad. „Die Öfen werden zu 100 Prozent mit Gas betrieben“, sagt Maik Muhr. Er ist Chef der gleichnamigen Klinikerwerke in Emmerich-Hüthum. Schweißperlen treibt ihm aber auch die aktuelle Energiekrise ins Gesicht. „Unsere Öfen werden ausschließlich mit Gas betrieben“, sagt er. Bei Volllast braucht das Familienunternehmen 68 Millionen Kilowattstunden jährlich. Was, wenn das Gas ausbleibt?
Daran will der 46-Jährige gerade lieber nicht denken. Das Geschäft läuft ganz gut, die Kunden ordern die Klinkersteine. Und auch wenn das Unternehmen wegen der gestiegenen Energiepreise auf dem Großteil der höheren Produktionskosten sitzen bleibt, „müssen wir trotzdem auch die Preise erhöhen“, bedauert der Unternehmer. 2021 machten die Klinkerwerke einen Umsatz von 15 Millionen Euro.
Klinkerwerke in Emmerich stellen über 100 Basis-Sorten her
Seit 1956 gehören die Klinikerwerke, die es am Standort in Hüthum schon seit 1885 gibt, der Familie Muhr. Seitdem wurde die Firma ausgebaut. 1966 wurde die Energie-Versorgung von Steinkohle auf Erdgas umgestellt. Auch heute noch beliefert Thyssen-Gas, zumindest über dessen Netz, das Unternehmen mit Gas.
Über 100 Basis-Sorten an unterschiedlichen Steine stellen die Klinikerwerke her, die auch noch in der Niederlausitz zwischen Berlin und Dresden ein weiteres Werk mit 65 Mitarbeitern betreiben. „Dort produzieren wir Klinkersteine aus Ton, der mit Sand abgemagert wird und dann im Strangverfahren gepresst wird“, erklärt der Fachmann.
Material wird überwiegend mit Lastwagen geliefert
In Emmerich hingegen stellen die gut 100 Mitarbeiter Klinkersteine im sogenannten Handformverfahren her – wie es im Prinzip schon die Römer gemacht haben. „Natürlich ist das Verfahren heute automatisiert“, ergänzt der Diplom-Ingenieur. Und man verwende als Material Flusslehm aus der Region, der überwiegend aus einem Umkreis von bis zu 30 Kilometern geliefert wird. Manchesmal werde auch Material per Schiff nach Hüthum transportiert, etwa rötlicher Lehm von der Maas.
Aber aktuell seien keine Transporte per Schiff mehr möglich, „die sind alle von der Regierung für die Beförderung von Kohle angemietet worden“, weiß Maik Muhr. Das sei aber nicht wirklich ein Problem für die Klinkerwerke, weil der allermeiste Lehm per Lkw angeliefert werde. Mehr Gedanken macht sich der Unternehmer schon wegen der Gasknappheit – oder sogar wegen eines vollständigen Gasstopps.
Klinkerwerke Muhr sind kein Systemrelevantes Unternehmen
Angeschrieben worden ist Maik Muhr bereits von der Bundesnetzagentur. „Weil unser Betrieb 11.000 kWh pro Stunde verbraucht. Ab 10.000 kWh gehen diese Schreiben raus.“ Was das letztlich bedeuten könnte, weiß er nicht. „Das ist so, als ob ich in eine Glaskugel schaue“, meint er. Wohlwissend, dass es sich bei den Klinikerwerken wohl eher nicht um ein Systemrelevantes Unternehmen handelt.
Erfahrungen mit einem Produktionsstopp, sagt Muhr, habe man aber durchaus. „Wir hatten schon mal durch einen strengen Winter sechs Monate Stillstand“, erinnert er sich. Da habe man die Anlage gewartet. Entlassen wurde deshalb niemand. Im Moment sei er jedenfalls froh, dass gut 50 Prozent der Produktion nach England gehe. Da laufe die Bauwirtschaft im Moment noch besser als hierzulande. Noch...
Auf dem Gelände der Paletten-Fabrik sollen Lehmbauplatten produziert werden
Erst einmal auf Eis gelegt hat Maik Muhr die Pläne für das vor einiger Zeit erworbene neun Hektar große Gelände der früheren Paletten-Fabrik T&A. Dort sollen künftig Lehmbauplatten hergestellt werden, die derzeit noch im Klinkerwerk produziert werden. Lehmbauplatten werden im Innenausbau als Wände eingesetzt – statt aus Gips wird dabei Tonmaterial verwendet. Die Produktion sei zwar auch energie-intensiv, aber das Material ökologischer.
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Wie es mit der künftigen Energie-Versorgung für sein Unternehmen aussieht, weiß der Bergbau-Ingenieur der Fachrichtung „Gewinnung und Aufbereitung der Steine und Erden“ – den es aber heute gar nicht mehr gibt -, nicht so wirklich. „Aber ab 2029 soll es in der Hauptstraße eine Wasserstoff-Leitung geben“, sagt der Ingenieur. Sollt der auch wirklich verfügbar sein, wäre das eine gute Nachricht. „Weil wir mit einigem Aufwand dann unsere Produktion von Gas darauf umstellen könnten“, meint Muhr. Bleibe zu hoffen, dass es das Unternehmen bei all den Problemen in nächster Zeit dann noch gebe...