Hochelten. Das Naturschutzzentrum Kreis Kleve hat zum Bioblitz aufgerufen. Die NRZ Emmerich hat mitgemacht und im Wald die launige Obsidentify-App getestet.

Es ist mir etwas peinlich. Aber ich habe wenig Ahnung von Pflanzen und Bäumen. Wenn die Kinder mich fragen „Papa, was ist das für ein Baum?“, dann kommt nicht selten ein „Ach, nee, ich frage besser Mama“ hinterher. Um so mehr hat mich der Aufruf des Naturschutzzentrums Kreis Kleve interessiert, mit der App Obsidentify Flora und Fauna im Kreis Kleve zu fotografieren, das Motiv bestimmen zu lassen und zugleich so einen Beitrag zur Forschung zu leisten. Bundesweit läuft die sogenannte Bioblitz-Aktion. Der Redakteur sah sich vor dem geistigen Auge schon mit den Kindern im Wald Bäume bestimmen – ohne peinliche Geständnisse der Unwissenheit.

Kinderleichte Handhabung der App

Jetzt mal raus aus der persönlichen Note, rein in die Berichterstattung: Die NRZ hat Obsidentify getestet. Der Zugang ist wirklich unkompliziert. App herunter laden, einmal auf der Seite observation.org registrieren und schon kann der Hobby-Forscher loslegen. Der Gebrauch der App ist wirklich kinderleicht. Mit einem Klick ist man in der Foto-Option. Motiv ins Visier nehmen, Foto machen und dann auf obsidentify klicken (ein englisches Wortspiel aus „Beobachtung“ und „Identifizieren“)… wenige Sekunden später liefert die App ein Ergebnis.

Redakteur Marco Virgillito hat die Obsidentify-App im Wald in Hochelten getestet.
Redakteur Marco Virgillito hat die Obsidentify-App im Wald in Hochelten getestet. © Funke Foto Services GmbH | Thorsten Lindekamp

Die NRZ hat sich den Wald in Hochelten ausgeguckt. Die Sorge, dass womöglich das Internet im Wald gar nicht so gut sein könnte, ist hier schon mal unbegründet. Im Nu liefert die App hier Ergebnisse.

Wenn es blüht, macht die App noch mehr Laune

Wermutstropfen der NRZ-Aktion: Es blüht natürlich nicht so viel im Winter, wie im Frühjahr. Also ist die Suche nach Motiven zu dieser Zeit nicht ganz so spannend, wie in der Blütezeit. Dennoch mangelt es natürlich nicht an Bäumen und Pflanzen. Tiere vor die Kamera zu bekommen ist da schon schwieriger.

Die Obstbäume auf der Wiese im Hocheltener Wald stellt für die Obsidentify-App eine Herausforderung dar. Ohne Blätter und Blüten kann die App die Funde oft nicht richtig identifizieren.
Die Obstbäume auf der Wiese im Hocheltener Wald stellt für die Obsidentify-App eine Herausforderung dar. Ohne Blätter und Blüten kann die App die Funde oft nicht richtig identifizieren. © Funke Foto Services GmbH | Thorsten Lindekamp

Zunächst muss man sich an den Umgang mit dem Ergebnis etwas gewöhnen, sich herantasten. In Prozenten wird angegeben, wie sicher das Ergebnis ist. Manchmal muss man das Bildmotiv nochmal heranzoomen, um ein sicheres Ergebnis zu bekommen. Manchmal fotografiert man die gleiche Pflanze dreimal und bekommt drei Ergebnisse präsentiert. Als Laie einzuschätzen, ob man damit der Forschung hilft, ist erstmal schwierig.

Falscher Befund wurde abgelehnt

Bei einem Baum hat die NRZ in die hoch liegende Baumkrone fotografiert. Zweimal. Das Ergebnis: Taphrina betulina. Das ist ein Pilz? Wohl kaum. Ein Bild des Stammes kommt zum Ergebnis: 27 Prozent Waldkiefer. Dann das selbe Motiv nochmal herangezoomt, kommt Obsidentify auf 34 Prozent Fichte. Womöglich könnte die App den Baum leichter identifizieren, wenn sie ein Blatt vor die Linse bekäme. Schwierig im Winter.

Hat sich hier auf einem Baumstumpf die Buckel-Tramete eingenistet? Die App ist sich bei dem Fund nicht sicher.
Hat sich hier auf einem Baumstumpf die Buckel-Tramete eingenistet? Die App ist sich bei dem Fund nicht sicher. © Funke Foto Services GmbH | Thorsten Lindekamp

Der Nutzer kann einstellen, ob andere Nutzer der App die Beiträge sehen können. Das hat sich im Fall der NRZ-Recherche gleich gelohnt. Einen Baum hat die App als Langstielige Ahorn-Holzkeule definiert. Ein anderer Nutzer kommentierte: „Das ist ein Obstbaum.“ Und auch beruhigend: Über die Internetseite kann man auf seinem Profil sehen, dass offenbar jemand mit Sachverstand sich die hochgeladenen Befunde ansieht. Die Langstielige Ahorn-Holzkeule wurde abgelehnt. Das ist beruhigend.

Roter Fingerhut und Stechpalme sicher bestimmt

Andere Funde wurden hingegen durch den Befund bestätigt. Die Eibe, die die App mit 100 Prozent anzeigte. Auch das Efeu, den Roten Fingerhut, die Stechpalme und das einzig gefundene Tier des Tages: der Große Schnegel. Andere von der NRZ fotografierte Motive wurden direkt von der App als nicht sicher eingestuft: die Schmetterlings-Tramete, die Buckel-Tramete oder Phylloporia ribis etwa.

Alle Funde der NRZ wurden als „häufig“ oder „relativ häufig“ in der Region eingestuft. Also keine seltenen Funde. Vielleicht fehlt dem Probanden dafür auch das Auge.

Das ist eine Stechpalme im Hocheltener Wald. Da ist sich die Obsidentify-App zu 100 Prozent sicher.
Das ist eine Stechpalme im Hocheltener Wald. Da ist sich die Obsidentify-App zu 100 Prozent sicher. © Funke Foto Services GmbH | Thorsten Lindekamp

Ein ohnehin schöner Waldbesuch wird veredelt

Fazit aus Sicht des Nutzers: Die App macht auf jeden Fall Spaß. Es ist eine nette Spielerei. Und wenn man damit der Forschung noch helfen kann, dann lohnt es sich doch um so mehr. Man geht mit offenen Augen durch die Natur. Mit ein bisschen Übung versteht man schnell, wie man die App am sinnvollsten für die Forschung einsetzen kann. Eltern, die ihre Kinder in den Wald locken wollen, werden die oft handy-affinen Kids damit begeistern können.

Man kann sich auch Herausforderungen in der App stellen, die sicherlich eher was für Leute sind, die sich etwas besser in der Natur auskennen. Dass die App mit Badges (Englisch: Abzeichen) den Hobby-Forscher belohnen möchte, ist nett, aber der eigentliche Lohn ist der Waldbesuch selbst...