Emmerich. Wurde die Blutbuche am Großen Wall beim Bau der Rettungswache beschädigt? Im Gegenteil: Kreis Kleve investiert viel, um den Baum zu schützen.

Als Helmut „Nudel“ te Laak 2015 sein Grundstück am Großen Wall in Emmerich zur Verfügung stellte, um dort die neue Polizeiwache zu bauen, da legte er auf eines Wert: Die wunderschöne Blutbuche an der Straße soll erhalten bleiben. 2017, wenige Monate nachdem die neue Polizeiwache eröffnet wurde, verstarb „Nudel“ te Laak.

Die über 200 Jahre alte Blutbuche steht noch. Aber Rüdiger Helmich von den Baumfreunden Emmerich sorgt sich im Zuge der nächsten Baustelle nebenan, um den Baum. Hier entsteht gerade die neue Rettungswache des Kreises Kleve. Und der Baumfreund hat den Eindruck, hier könnte es zu einer Umweltsünde kommen.

Helmich schildert, dass im Zuge der ersten Baumaßnahme, die der Kreis Kleve nicht selbst durchgeführt hat, die Polizei ist „nur“ Mieter, ein befahrbares Rost in der Einfahrt verbaut wurde. Der Baumfreund vermutet, dass schwere Lkw und Erdbewegungsfahrzeuge für die zweite Baustelle das Rost beschädigt hätten. Und dabei auch das Wurzelwerk der Blutbuche Schaden genommen habe.

Sachverständiger bestätigt: Baum kann erhalten werden

Rüdiger Helmich glaubt, dass man mit diesem Bild erkennen kann, dass Wurzeln der Blutbuche durchtrennt wurden.
Rüdiger Helmich glaubt, dass man mit diesem Bild erkennen kann, dass Wurzeln der Blutbuche durchtrennt wurden. © Baumfreunde | Helmich

Der Kreis Kleve widerspricht dieser Darstellung deutlich: „Die Blutbuche zu erhalten, hat für den Kreis Kleve Priorität. Beim Bau der Zufahrt zur neuen Rettungswache unternehmen der Kreis Kleve und die ausführende Kreis Kleve Bauverwaltungs GmbH (KKB) zahlreiche kosten- und zeitintensive Maßnahmen, um das Wurzelwerk des Baums zu erhalten. Dazu ist eine aufwändige neue Wurzelbrücke nötig. Der Vorwurf, durch die aktuelle Bautätigkeit sei ein Schaden entstanden, ist schlichtweg falsch. Das Gegenteil ist der Fall. Der Kreis Kleve stieß beim Bau der Rettungswache bereits auf einen geschwächten und von einem Pilz befallenen Baum“, so Sprecher Benedikt Giesbers. Die andauernde Belastung der bisherigen Gitterroste direkt auf den Wurzelteller habe den Pilzbefall beschleunigt

Die Gitterroste der vorhandenen Wurzelbrücke seien seinerzeit nicht durch den Kreis Kleve in das Wurzelwerk hineingebohrt worden. „Dies sowie die Trockenheit der vergangenen Sommer haben der Vitalität der Buche zweifelsohne zugesetzt und darüber hinaus einen Pilzbefall hervorgebracht“, so Giesbers. Ein durch die KKB hinzugezogener Sachverständiger bestätigte im Juni den Befall durch einen Riesenporling. Ein Zugversuch, um die Standsicherheit zu prüfen, ergab, der Baum könne erhalten werden. Dies rechtfertigte den kostenintensiven Bau der Wurzelbrücke.

Wurzelwerk war schon beschädigt, als die Baustelle startete

Beton kam nur in wurzelfreien Bereichen für die Fundamente zum Einsatz. Dies erfolgt mittels Holzschalung bzw. Schalrohren, berichtet der Kreis Kleve.
Beton kam nur in wurzelfreien Bereichen für die Fundamente zum Einsatz. Dies erfolgt mittels Holzschalung bzw. Schalrohren, berichtet der Kreis Kleve. © Kreis Kleve

Rüdiger Helmich schreibt auch: „So etwas, Wurzeln durchtrennen und den Hohlraum dann mit Beton füllen ist selbstverständlich tödlich für diesen großen Baum.“ Stimmt das? Der Kreis Kleve widerspricht auch hier. „Richtig ist: Die KKB hat eine neue Wurzelbrücke gebaut, bei der der Wurzelteller lastfrei gehalten wird. Beton kam nur in wurzelfreien Bereichen für die Fundamente zum Einsatz. Dies erfolgt mittels Holzschalung bzw. Schalrohren. Keine Wurzel wurde einbetoniert! Die durchwurzelten Zwischenräume wurden wieder mit dem vorhandenen, organischen Boden aufgefüllt. Die erforderliche Lastabtragung der Brücke erfolgte sehr aufwendig mittels eines Stahlträgers und mehrerer Punktfundamente“, so Giesbers. Zudem habe die KKB eine Fachfirma beauftragt, eine Nährstoffinjektion in den Baum vorzunehmen, um die Vitalität zu steigern.

Warum konnten Polizei und Rettungswache sich nicht eine Einfahrt teilen? Warum musste eine Zweite daneben entstehen? Fragt Helmich. „Die Zufahrt des Rettungsdienstes ist an der genehmigten Stelle erfolgt. Die zweite Zufahrt zur Polizeiwache erfolgt ebenfalls über die Zufahrt der Rettungswache und ist baurechtlich gesichert. Für die gesicherte Ausfahrt des Rettungsdienstes wurde die per Baugenehmigung geforderte Ampelanlage installiert. Weitere Optimierungsmöglichkeiten gibt es in diesem Bereich nicht“, antwortet Giesbers.

Stadt Emmerich und KBE bestanden auf Wurzelbrücke

Helmich vermutet, dass die Stadt Emmerich bei der Umsetzung der Baumschutzsatzung Zugeständnisse gemacht haben könnte. Und das der Kreis Kleve bei der Behandlung des Baumes die DIN 18920, die dazu Vorschriften macht, nicht beachtet haben soll. Der Kreis Kleve versichert, es habe intensive Abstimmungen gegeben: „Die Stadt Emmerich am Rhein sowie deren Kommunalbetriebe haben auf die Umplanung hinsichtlich der baumschützenden Zusatzmaßnahmen der Wurzelbrücke bestanden und erst nach deren Umsetzung die Baugenehmigung erteilt“, so Giesbers. Auch die DIN 18920 wurde eingehalten.

Rüdiger Helmich befürchtet hier eine nicht fachmännische Behandlung des Wurzelwerks der Blutbuche. Der Kreis Kleve widerspricht, vielmehr werde viel investiert, um eine Wurzelbrücke zu bauen und den Baum zu erhalten.
Rüdiger Helmich befürchtet hier eine nicht fachmännische Behandlung des Wurzelwerks der Blutbuche. Der Kreis Kleve widerspricht, vielmehr werde viel investiert, um eine Wurzelbrücke zu bauen und den Baum zu erhalten. © Baumfreunde | Helmich

Ohne die Antworten des Kreises Kleve zu kennen, hatte Helmich zu dieser Situation geschrieben: „Dieser Fall zeigt, dass die Diskussion über die Baumschutzsatzung in Emmerich ernsthaft weitergeführt werden muss. Die Mitarbeiter im Rathaus müssen in die Lage versetzt werden, die Satzung und allgemeine Vorschriften auch durchzusetzen.“ Die Bürger in Emmerich seien sehr gespannt, wann die Prioritäten bei Baumaßnahmen endlich zugunsten des Natur- und Klima-Schutzes verschoben würden.

>> Ersatzpflanzungen im Kreis Kleve

Der Kreis Kleve und die KKB haben in den vergangenen Jahren 100 Baumpflanzungen an Kreisstraßen als Ersatzpflanzungen vorgenommen. In diesem Jahr konnte das Budget mit Hilfe der Unterstützung der unteren Naturschutzbehörde verdoppelt werden. Die Ausschreibung befindet sich derzeit auf dem Markt und die Ausführung ist noch für dieses Jahr geplant. Dafür werden 100.000 Euro aufgewendet.