Emmerich. 1998 wurde das Jugendcafé in der alten Werkshalle der Berufsschule am Brink in Emmerich eröffnet. Nun steht der Abriss des Gebäudes bevor.

Noch einmal in Erinnerungen schwelgen. Das stand vergangenen Freitag im alten Gebäude des Jugendcafés am Brink an. Denn es wird bald abgerissen. Mit geladenen Gästen wurde nochmal Abschied gefeiert. Mit dabei waren auch Verge OD, eine alte Emmericher Band, die nach vielen Jahren erstmals wieder gemeinsam auftrat. „Ein netter Abend mit dankbaren Gästen“, resümiert Stephanie Geßmann vom Jugendamt, aktuell Interimsleiterin der Einrichtung.

An dem Gebäude hängen für viele Emmericher schöne Erinnerungen. Vor allen hat’s hier einige tolle Konzertabende gegeben. Bands wie Kingpin, heute Stay Kingpin, die mittlerweile bundesweit Bekanntschaft erlangt haben, waren regelmäßig im Juca und konnten hier Bühnenerfahrung sammeln. Reggae-Musiker Sebastian Sturm gastierte zum Zehnjährigen am Brink. Es gab Ska-Abende. An die jährlichen Geburtstagsfeiern sei erinnert, bei Konzerten um die Weihnachtstage gab es häufig eine Zusammenkunft der Exil-Emmericher, erinnert sich Gaby Niemeck vom Jugendamt. Aber auch viele Ferienfreizeiten, wöchentliche Angebote, Partys, der Poetry Slam und ganz viele weitere Gelegenheiten der Begegnung von jungen Menschen in Emmerich sind mit diesen Räumlichkeiten verbunden.

Über 20 Standorte fielen durchs Raster

Arnfried Barfuß erinnert sich noch, wie 1998 alles anfing. Nachdem klar wurde, dass die alte Lohmann-Schokoladenfabrik zur Nutzung im Sinne der Jugendkultur nicht zur Verfügung stehen sollte, beauftragte Stadtdirektor Horst Boch den damaligen Jugendpfleger und stellvertretenden Leiter des Jugendamtes Barfuß, sich umzusehen, wo eine Jugendeinrichtung entstehen könnte.

So sah der Eingang des Jugendcafés am Brink 2005 aus.
So sah der Eingang des Jugendcafés am Brink 2005 aus. © NRZ | Flintrop

Parallelen zur heutigen Situation, wo für die 2. Jugendeinrichtung gesucht wird, sind unverkennbar: „Ich hab mir über 20 Standorte angesehen. Nichts war befriedigend.“ Es war klar, dass es einen Bedarf für die Offene Jugendarbeit, für Konzerte und Vorabifeten geben würde. Irgendwann fiel der Blick auf die alte Werkhalle der Kreisberufsschule am Brink, die wohl auch mal eine Turnhalle war. Auf dieses Gebäude fiel die Wahl: „Ich sollte das Projekt managen“, so Barfuß.

Eröffnung im Oktober 1998

Es gab viel zu tun. Vor allem in Sachen Schallschutz. Das Dach wurde enorm verstärkt. Mit Erfolg. „Messungen hatten ergeben, dass der Klimakompressor der Blutbank nebenan lauter war“, erinnert sich Barfuß. Auch die Be- und Entlüftung musste gut funktionieren, denn wenn die Live-Musik aus den Boxen tönte, sollten nicht die Fenster geöffnet werden.

Im Oktober 1998 wurde das Juca eröffnet. Viele Helfer und Unterstützer hatten sich eingebracht. „Das Ding hat vieles ermöglicht“, freut sich Barfuß noch heute. Im mit Instrumenten ausgestatteten und schallisolierten Proberaum zum Beispiel konnten viele Emmericher Jugendliche erste Banderfahrungen sammeln: „Da sind etliche musikalische Initiativen entstanden.“ Barfuß freute sich, dass auch gerade ein paar Mädchen Interesse am Spielen in einer Rockband entwickelten.

Nachbarn an der Haustür sensibilisiert

Hip-Hop-Party im Juca – 2008 brachten die Beats diese Jugendlichen in Stimmung.
Hip-Hop-Party im Juca – 2008 brachten die Beats diese Jugendlichen in Stimmung. © NRZ | Kruck, Johannes

Barfuß ging damals von Tür zu Tür in der Nachbarschaft, um diese zu sensibilisieren für etwaige mögliche Geräuschstörungen, wenn die Kids mal feierten. „Wenn da einer geklagt hätte...“, denkt Barfuß heute.

Die zentrale Lage war ideal. Im Tagesbetrieb konnten die Räumlichkeiten gut zum Beispiel für Ferienaktionen genutzt werden. Und abends waren halt Events möglich. Wichtig sei es auch gewesen, das Juca in die Betreuung der Gesamtschule einzubinden. So konnten Kinder frühzeitig Kontakt zum Juca aufbauen.

Es ist schwer, alle Altersklassen gleichermaßen zu begeistern

Im Februar 2009 stand eine der vielen Konzerte der Emmericher Band Kingpin an. Die Gruppe sammelte hier reichlich Bühnenerfahrung und schaffte es später zu bundesweiter Aufmerksamkeit, als sie 2014 im Finale von „Das Supertalent“ standen. Heute heißt die Band Stay Kingpin
Im Februar 2009 stand eine der vielen Konzerte der Emmericher Band Kingpin an. Die Gruppe sammelte hier reichlich Bühnenerfahrung und schaffte es später zu bundesweiter Aufmerksamkeit, als sie 2014 im Finale von „Das Supertalent“ standen. Heute heißt die Band Stay Kingpin © NRZ | KRUCK, Johannes

Das Konzept fürs Juca wurde bewusst breit aufgestellt, sodass sich alle Altersklassen angesprochen fühlen. Das zu realisieren, ist schwer: „So ein Ding ist tatsächlich wie eine Kneipe in Teilen“, sagt Barfuß. Hat eine Gruppe die Lokalität für sich gewonnen, geht die andere eher nicht hin.

Kreative Workshops wie dieser, bei dem Kürbisse verwendet wurden, finden auch regelmäßig im Juca statt.
Kreative Workshops wie dieser, bei dem Kürbisse verwendet wurden, finden auch regelmäßig im Juca statt. © WAZ FotoPool | Albers, Marc

Die Aktivitäten im Juca sind für die Jugendlichen oft zu Projekten geworden. Zum Beispiel, wenn die Emmericher Musik- und Kulturinitiative (Mukie) hier Konzerte organisierte. Dazu gehörte dann auch, am Tag danach, meist sonntags, reinzumachen.

Ein Stück Jugendkultur

Heute kann man sagen: „Das Juca ist ein Stück Jugendkultur in Emmerich“, findet Niemeck. Dem schließt sich Stephanie Geßmann an: „Es ist extrem wichtig. Es ist die einzige kommunale Jugendeinrichtung, die wir haben.“ Für Geßmann ist es von Bedeutung, dass das Juca allen Nationalitäten und Altersklassen ab zehn Jahren offen steht.

Auch für Arnfried Barfuß bleiben viele gute Erinnerungen: „Mich grüßen heute noch Leute auf der Straße, bei denen mir dann einfällt, die haben im Juca Musik gemacht.“

>> Juca findet Platz im neuen Brink-Gebäude

Ein Quartett der Juca-Mitarbeiter, das hier vieles mit gestatet hat (v.l.): Kai Sterbenk, die langjährige Leiterin Karin Ingendahl, Petra van Aaken-Schmenk und Rainer Heuser.
Ein Quartett der Juca-Mitarbeiter, das hier vieles mit gestatet hat (v.l.): Kai Sterbenk, die langjährige Leiterin Karin Ingendahl, Petra van Aaken-Schmenk und Rainer Heuser. © Juca

Im Zuge des Gesamtschulausbaus wanderte das Juca erst ins Kopfgebäude des alten Brink-Gebäudes, dann in die Paaltjessteege auf der anderen Seite des Schulkomplexes. Im Neubau des Brink-Gebäudes für die Gesamtschule wird das Juca seine neue Heimat finden. „Viele trauern der Bühne im Juca hinterher. Ein Bedarf ist noch deutlich erkennbar“, sagt Gaby Niemeck. Der wird dann hoffentlich im Juca und in der neuen zweiten Jugendeinrichtung wieder gedeckt. Geßmann hofft, dass sich die Ausrichtung auch in den neuen Räumlichkeiten unverändert realisieren lässt.