Emmerich. Barrierefreier Ausbau des Emmericher Bahnhofs ist gestartet. Das Dach am Mittelbahnsteig ist abgerissen worden, dafür kommen Wetterschutzhäuser.

Als vor ziemlich genau 100 Jahren der Leichnam der letzten Deutschen Kaiserin, Auguste Victoria, mit dem Zug von Doorn nach Potsdam überführt wurde, hatten sich am Emmericher Bahnhof die Honoratioren der Stadt eingefunden. Der Bahnhof löste kein Fremdschämen aus. Mal abgesehen davon, dass es dieses Wort vor einem Jahrhundert noch gar nicht gab.

Städtebauliche Schmuddelecke

Im Laufe der Jahrzehnte ist der Bahnhof zusehends zu einer städtebaulichen Schmuddelecke verkommen. Auch im Bereich der Funktionalität hinkt er dem Standard um Jahrzehnte hinterher. Doch nun kommt endlich Bewegung rund um den Bereich der Gleisanlagen. Die Deutsche Bahn hat mit dem barrierefreien Ausbau des Bahnhofs Emmerich begonnen.

In den verkehrsärmeren Osterferien war die Strecke zwischen Emmerich und Oberhausen voll gesperrt. „Die Sperrpause konnte wie geplant beendet und der Zugverkehr wieder aufgenommen werden. Alle Arbeiten konnten planmäßig durchgeführt werden“, heißt es dazu von einer Bahnsprecherin auf Nachfrage der NRZ.

Bereich für Rollstuhlfahrer in den Wetterschutzhäusern

Ein erstes sichtbares Detail ist der mittlerweile erfolgte Abriss des Dachs am Mittelbahnsteig, wo die Gleise drei und vier liegen. In der Vergangenheit hatte es immer wieder Beschwerden gegeben, dass die Dachkonstruktion schadhaft gewesen sei. Ein neues Dach wird nicht gebaut. Stattdessen werden am Mittelbahnsteig zwei Wetterschutzhäuser die Dachkonstruktion ersetzen.

Die Wetterschutzhäuser am Bahnhof Emmerich werden voraussichtlich im Laufe des Monats Juli installiert. Die Häuser haben jeweils eine Fläche von über 6,5 Quadratmetern und sind mit Sitzbänken ausgestattet. Außerdem gibt es einen Bereich für Rollstuhlfahrer.

Zwei Aufzüge werden gebaut

Der Zugang zu den Gleisen wird barrierefrei ausgebaut. Es werden zwei neue Aufzüge installiert.
Der Zugang zu den Gleisen wird barrierefrei ausgebaut. Es werden zwei neue Aufzüge installiert. © FUNKE Foto Services | Markus Weissenfels

Eine der wichtigsten Anforderungen an einen Bahnhof dürfte die Barrierefreiheit sein, die in Emmerich nicht ansatzweise vorhanden war, wenn Reisende den Mittelbahnsteig nutzen wollten. „Gerade die notwendige Barrierefreiheit haben wir von Seiten der Stadt Emmerich immer wieder in Gesprächen mit der Deutschen Bahn zum Thema gemacht“, so Stadtsprecher Tim Terhorst, der daran erinnert, dass durchaus auch kreative Lösungsansätze vorgeschlagen wurden wie etwa übergangsweise Metallschienen auf der Treppenanlage zu installieren, damit zumindest schon mal Fahrräder auf den Bahnsteig geschoben werden könnten und nicht die Treppen hochgeschleppt werden müssen. Dies wurde von Seiten der Bahn allerdings immer wieder mit Verweis auf versicherungstechnische Bedenken abgelehnt.

Wichtiges Detail für Fahrradtouristen

„Wir sind heilfroh, dass jetzt endlich Bewegung in die Sache kommt und die Deutsche Bahn mit dem barrefreien Ausbau begonnen hat“, sagt Terhorst.

Damit in Zukunft der Mittelbahnsteig barrierefrei erreichbar sein wird, werden zwei Aufzüge in Höhe der Treppenanlagen gebaut. Auch diese Arbeiten haben begonnen. Die Aufzüge sind jeweils für ein Gesamtgewicht von 1050 Kilogramm ausgelegt. Auch für Fahrräder ist in diesen Aufzügen Platz. Gerade der letzte Punkt war der Stadt Emmerich wichtig, um den Bereich Fahrradtourismus in der Grenzstadt adäquat bedienen zu können.

Weitere Teil- und Vollsperrungen auf Strecke Emmerich-Oberhausen

Pendler und Reisende müssen sich im Übrigen in diesem Jahr auf weitere Teil- und Vollsperrungen zwischen Emmerich und Oberhausen für den dreigleisigen Ausbau der Strecke einstellen. „Innerhalb der Sperrpausen bündeln wir verschiedene Maßnahmen. Über anstehende Sperrungen informieren wir frühzeitig“, so eine Bahnsprecherin.

Illegale Müllentsorgung ist weiterhin ein Übel

Ein weiterhin vorhandenes Übel ist die illegale Müllentsorgung auf der Fläche rund um das alte Schenker-Gebäude. Dies war auch von einer NRZ-Leserin zuletzt im März dieses Jahres noch stark kritisiert worden. Nach Vegetationsarbeiten für den dreigleisigen Ausbau der Betuwe-Strecke war die illegale Müllkippe zum Vorschein gekommen. Die Bahn hatte damals versprochen, erneut bei den beauftragten Firmen nachzuhaken, damit der im Baufeld befindliche Müll entsorgt wird.

Das Bahngelände hinter dem alten Schenker-Bauwerk ist wieder vollkommen vermüllt.
Das Bahngelände hinter dem alten Schenker-Bauwerk ist wieder vollkommen vermüllt. © NRZ | tt

Auf Nachfrage teilt die Bahn mit, dass dies vor rund zwei Wochen geschehen sei. Ein Erfolg war die Müllbeseitigung allerdings nicht, denn schon in dieser Woche ist erneut eine unschöne Menge an Unrat auf dem Gelände entsorgt worden.

>> EGE hat Bahnhofsgebäude gekauft

Nicht mehr im Besitz der Deutschen Bahn ist das eigentliche Bahnhofsgebäude. Die städtische Erschließungsgesellschaft Emmerich am Rhein (EGE) hatte das Bahnhofsgebäude und den zugehörigen Vorplatz im Oktober des vergangenen Jahres gekauft.

Ziel des Erwerbs des Bahnhofgebäudes ist die umfangreiche Sanierung. Es soll mehr Aufenthaltsqualität geschaffen werden. Unter anderem ist angedacht, dass wieder eine öffentliche Toilette eingerichtet wird.