‘s-Heerenberg. Der Bürgermeister der Gemeinde Montferland sieht schwere Zeiten auf seine Bürger zukommen. Ein Gespräch über die Folgen der Pandemie.

Die Corona-Zahlen in den Niederlanden steigen rasant. Selbst in der kleinen Gemeinde Montferland, in der gut 37.000 Menschen leben, liegt die 7-Tage-Inzidenz mittlerweile bei 83. „Wir sind zwar noch nicht so stark getroffen wie die Großstädte im Westen des Landes. Aber auch hier sind die Zahlen deutlich zu hoch“, sagt Bürgermeister Peter de Baat im Gespräch mit der NRZ. Pro Tag infizieren sich in seiner Gemeinde zehn Bürger mit dem Virus, es dürften höchsten zwei bis drei am Tag sein, um eine Kontaktverfolgung noch gewährleisten zu können.

Peter de Baat ist Bürgermeister der Gemeinde Montferland.
Peter de Baat ist Bürgermeister der Gemeinde Montferland. © NRZ | Andreas Gebbink

Ist die Lage im Nachbarland noch unter Kontrolle? Der Bürgermeister von unter anderem ‘s-Heerenberg und Didam sieht noch keinen Grund zur Panik. Aber er registriert, dass die Krankenhäuser in Arnheim und Doetinchem bereits jetzt wieder planbare Operationen verschieben, um mehr Platz auf den Intensivstationen zu bekommen. Man sei noch nicht so weit, dass man Patienten abweisen müsse, aber die Situation sei angespannt.

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In den kommenden vier Wochen müssten einige Regeln deutlich strenger befolgt werden. Und das falle seinen Landsleuten mitunter schwer. De Baat: „Wenn man zu einem Niederländer und einem Deutschen sagt, dass man ab heute Nachmittag eine Maskenpflicht einführt, dann fragt der Niederländer zuerst: Warum das denn? Und der Deutsche: Um wie viel Uhr?“

Das seien nun mal die kleinen Unterschiede bei nationalen Eigenheiten. Niederländer lassen sich nicht so gerne Regeln vorschreiben. Obwohl man jetzt sehe, dass sich viele Bürger auch an die neuen Vorgaben vorbildlich halten.

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Während man in den vergangenen Wochen und Monaten lange über die Einführung der Maskenpflicht im Nachbarland diskutiert habe, werde diese nun auch eingeführt und darauf geachtet, dass die Menschen diese neuen Regeln auch einhalten. Peter de Baat kann auf lokaler Ebene einen Ordnungsdienst (Boa) auf die Straße schicken, der in Einkaufsstraßen, bei Supermärkten und bei Sportvereinen schaut, ob alle Regeln eingehalten werden: „Es werden auch Bußgelder verteilt“, sagt de Baat. Wer die Vorschriften nicht befolgt, der zahlt 95 Euro. (Es waren mal 345 Euro.) Damit kommt ein Verstoß gegen die Corona-Regeln einem Parkverbot gleich.

Niederlande: Wichtig ist, dass die Grenzen offen bleiben

Das Restaurant De Snor in 's-Heerenberg hat jetzt geschlossen. 
Das Restaurant De Snor in 's-Heerenberg hat jetzt geschlossen.  © NRZ | Andreas Gebbink

Peter de Baat hält es für wichtig, dass die Grenzen zu Deutschland auch in schwierigen Zeiten offen bleiben. Die Menschen in der Region leben gemeinsam, sie kaufen selbstverständlich in Emmerich ein oder arbeiten auf der anderen Seite der Grenze, da könne man nicht einfach den Schlagbaum wieder herunterlassen.

Zum Glück sehe man dies auf beiden Seiten der Grenze so. „Es müsste schon sehr viel mehr passieren, bevor wir die Landesgrenze schließen“, sagt de Baat. Dennoch nehme man auch im Rathaus in Didam wahr, dass die Deutschen vorsichtig bei Grenzübertritten geworden sind. Der Markt in ‘s-Heerenberg wird deutlich weniger besucht und auch in Doetinchem gibt es nun kaum noch deutsche Einkaufstouristen.

Die Angst geht nun vor allem in den Restaurants und Gaststätten um. In der Gemeinde Montferland musste bereits ein Betrieb schließen. Beliebte Restaurants wie das Café De Snor musste schließen. Die Cafetaria Litjes darf vorerst geöffnet bleiben, weil man hier Speisen auch abholen kann. Der Restaurantbetrieb wurde hier allerdings auch hier eingestellt.

„Die Emmericher Kunden bleiben zurzeit weg“, sagt Nancy Litjes. Sie ärgert sich, dass gerade wieder die Gaststätten leiden müssen, obwohl man keine Corona-Ausbrüche in Restaurants nachweisen kann. „Das wird für uns ein ziemlich hartes Jahr. Wir haben jetzt gerade mal die Hälfte des Jahresumsatzes“, erzählt Nancy Litjes. „Aber wir freuen uns, dass die Menschen aus ‘s-Heerenberg noch regelmäßig kommen.“

Corona in den Niederlanden: Hohe Arbeitslosigkeit befürchtet

Bürgermeister de Baat erwartet, dass es viele Unternehmer nun wirtschaftlich sehr schwer treffen werde, auch wenn der Staat auf unterschiedlichen Ebenen Hilfsgelder und Kredite zur Verfügung stellt. Sollte sich die Pandemie fortsetzen – und danach sieht es zurzeit aus –, dann rechnen die Niederländer für das kommende Jahr mit einer Arbeitslosenquote von neun Prozent. Vor der Pandemie lag sie bei 3,5 Prozent. Und mit einer wirtschaftlichen Rezession werde auch der Druck auf die zu treffenden Corona-Maßnahmen steigen, vermutet de Baat.

Hohe Infektionszahlen: Das gesellschaftliche Leben leidet stark

Das Virus habe nicht nur tiefgreifende Folgen für das Gesundheitssystem und die Wirtschaft. Auch das gesellschaftliche Leben leide stark unter den Einschränkungen und die täglichen Nachrichten. „Das soziale Leben wird auf Eis gelegt. All unsere Traditionen, das Schützenfest, der Karneval, das Nikolausfest und ja, auch die Feiern zu 75 Jahre Kriegsende, können nicht organisiert werden. Das fällt schon schwer“, sagt de Baat, der seit 2017 Bürgermeister im Montferland ist und zuvor in Alkmaar als stellvertretender Bürgermeister und Beigeordnete war gearbeitet hat.

De Baat sieht eine große Zustimmung in der Bevölkerung zum Teil-Lockdown. Man müsse jetzt mit klaren Regeln gegen das Virus kämpfen. In zwei Wochen werde man sehen, ob noch strengere Maßnahmen getroffen werden müssen.