Emmerich. Joachim Sigmund will als BGE-Kandidat neuer Bürgermeister von Emmerich werden. Er hat klare Prioritäten und setzt auf mehr Dialog als bisher.
Eigentlich wäre Joachim Sigmund jetzt voller Tatendrang von Tür zu Tür gewandert, um im direkten Gespräch mit den Bürger für ihn, für die BGE, zu werben. Aber Wahlkampf unter Corona-Bedingungen erlaube nun einmal kein Klinkenputzen: „Das macht es für die kleineren Parteien nicht leichter“, sagt der Bürgermeisterkandidat, der mit dem Slogan „Zeit für Veränderung – Emmerich kann mehr“ Peter Hinze (SPD) aus dem Amt verdrängen will. Zugleich soll seine Bürgergemeinschaft Emmerich – keine Partei – zweitstärkste Kraft werden mit mindestens acht Ratsmandaten, gerne zweistellig.
Das Elf-Punkte-Programm der BGE hat die NRZ vorgestellt. Was sind die Prioritäten des Bürgermeisterkandidaten? Die kann der Oberstleutnant a.D. wie aus der Pistole geschossen präsentieren: 1. Priorisieren, zeitnah investieren und Verwaltungsverfahren beschleunigen, 2. Digitalisierung der Verwaltung, 3. Beitrag zum Natur- und Klimaschutz im Einklang mit wirtschaftlichen Interessen, 4. Schaffung bezahlbaren Wohnraums, 5. Stärkung der Dörfer, 6. Förderung des Mittelstands.
Verwaltung als moderne Dienstleistungsbehörde
Punkt 1 und 2 dürften manch einen Verwaltungsmitarbeiter aufhorchen lassen. Zumal Sigmund im Rat häufig die Arbeit der Verwaltung kritisiert. Was haben die städtischen Mitarbeiter zu befürchten? Sigmund beruhigt: Er würde im Falle eines Wahlsieges erstmal Mitarbeitergespräche führen: „Man muss die Mitarbeiter mitnehmen. Da wird nichts ad-hoc umgerissen, aber die Verwaltung muss sich zu einer modernen Dienstleistungsbehörde umbauen lassen wollen.“ Auch Veränderungen in den Dezernaten könne er sich vorstellen.
Schon vor fünf Jahren machte Sigmund in der Bürgermeisterwahl eine gute Figur, wäre fast in die Stichwahl gekommen. Warum ist er nun ein noch besserer Kandidat? Der 63-Jährige ist inzwischen seit acht Jahren in der Emmericher Kommunalpolitik engagiert, seit drei Jahren in Verantwortung als Fraktionsvorsitzender: „Es braucht Zeit, um sich Netzwerke zu bilden, um die Tretminen zu kennen.“
Investitionen sind durch Corona neu einzuschätzen
Sigmund betont die Kompromissbereitschaft heute mehr als früher. Diese sei nötig am Ratstisch. Nicht jede Wunschvorstellung sei realisierbar. Die Politik treffe Entscheidungen, die Verwaltung sei „der Arbeitsmuskel“, der Bürgermeister sei regulativ gefordert, was er bei Peter Hinze vermisst habe: „Er muss gucken, was wir uns in den nächsten Jahren leisten können.“ Dies sei in Corona-Zeiten ohnehin neu einzuschätzen.
Die Nutzung des PAN-Museums müsse auf den Prüfstand, ebenso wie die zweite Jugendeinrichtung für Emmerich. Fragen die entstehen, weil es aus Sigmunds Sicht an der Steuerung der Prozesse fehle. Auch erwarte er vom Bürgermeister, dass dieser häufiger informell informiere, um über Lagen aufzuklären. Eine vertrauensbildende Maßnahme. Einen Neustart für Emmerich, wie ihn die CDU propagiert, erachtet Sigmund nicht als erforderlich: „Aber wir müssen etwas verändern, um die Weiterentwicklung voranzubringen“, sagt der BGE-Kandidat.
2015 empfahl Sigmund für die Stichwahl noch Peter Hinze zu wählen. Diesmal würde er es nicht tun: „Er hat Wahlversprechen gebrochen.“ Nachdem Johannes Diks für die gescheiterte Neumarkt-Entwicklung, abgewählt wurde, obwohl auch dieser nicht Josef Schoofs als Investor haben wollte, hatte Hinze versprochen, dass der Investor den neuen Bürgermeister nicht an der Nase herum führen würde.
Man habe sich „von Schoofs erpressen lassen“
Und trotzdem seien das Integrierte Stadtentwicklungskonzept sowie die Novellierung des Einzelhandelskonzeptes durch die Idee geprägt worden, die Neumarkt-Entwicklung, die wohl erst 2021 zum Abschluss gebracht wird, zu schützen. Man habe sich „von Schoofs erpressen lassen“. Die Alternative fand keine politische Mehrheit. Es gab einen Investor, der das Rheincenter (mit Rewe) gestärkt hätte und einen großen Supermarkt am Steintor geplant hätte, versichert Sigmund. Der Neumarkt hätte eine andere Platzgestaltung bekommen. Trotzdem eigneten sich weder der Neumarkt noch der ICE-Halt für Emmerich aktuell als Wahlkampfthemen.
Sollte Joachim Sigmund Bürgermeister werden, dann rückt übrigens Maik Leypoldt als Huckepack-Kandidat von Listenplatz 8 auf 1 auf. Nach der Absplitterung der UWE-Fraktion 2017 musste sich die BGE neu aufstellen. Dies sei mit vielen neuen Köpfen gelungen. „Die BGE möchte die Verjüngung am Ratstisch einläuten“, sagt Joachim Sigmund.
>> Das ist Joachim Sigmund
Joachim Sigmund wurde in Neuenburg am Rhein geboren und ist 63 Jahre alt, seit 27 Jahren verheiratet und hat zwei Töchter – „mein ganzer Stolz“, wie er sagt. Seine Jugend verbrachte er in Duisburg. Der Diplom-Verwaltungswirt und Oberstleutnant a.D. kam durch die Bundeswehr nach Emmerich. Erstmals 1977. Von 2000 bis 2003 war er Kommandeur der Moritz-von-Nassau-Kaserne, danach Dezernatsleiter in der Rüstungsabteilung des Heeresteams sowie Referent im Verteidigungsministerium und Referent im Landeskommando NRW in Wesel.
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