Kreis Kleve. Auf die Kritik der Bürgermeister am Umgang mit der Corona-Krise, hat Kleves Landrat Spreen ausführlich geantwortet. Er weist die Kritik zurück.
Landrat Wolfgang Spreen weist die Vorwürfe der Bürgermeister aus Emmerich und Rees zurück. Die NRZ legte der Kreisverwaltung acht Fragen mit den kritischsten Punkten vor, die ausführlich beantwortet wurden. Hier die Antworten in Auszügen:
Agiert die Kreisverwaltung zu zurückhaltend?
„Die Kreisverwaltung Kleve greift bekannt gewordene baurechtliche Missstände im Rahmen ihrer Zuständigkeiten und rechtlichen Möglichkeiten auf und verhält sich dabei keineswegs zurückhaltend, sondern orientiert sich bei ihrem verwaltungsmäßigen Handeln an den rechtlichen und faktischen Umständen“.
Auch interessant
„Bereits vor Eintreten der Corona-Thematik hat der Kreis Kleve anlass- und einzelfallbezogen und auch unabhängig von der Frage der Leiharbeiterunterbringung eine Überprüfung entsprechender Liegenschaften vorgenommen.“ So werde zum Beispiel die „Alte Molkerei“ in Kranenburg-Mehr erneut einer Überprüfung unterzogen.
Das rechtliche Instrumentarium sei begrenzt. Im Wesentlichen gehe es bei den Beschwerden um Ruhestörung, unsachgemäße Abfallentsorgung sowie Parkproblemen in den Anliegerstraßen. Auch gebe es diverse melderechtliche Probleme. Eine Weiterentwicklung der Rechtsvorschriften sei hilfreich, so die Kreisverwaltung.
Kommuniziert die Kreisverwaltung zu schlecht?
Landrat Wolfgang Spreen betont, dass man in zahlreichen Telefon- und Videokonferenzen mit den Bürgermeistern neue Erlasse, Auslegungshinweise, Verfahrensweisen und weitere Themen besprochen habe. „Weiter findet ein intensiver fachlicher Austausch der Kreisordnungsbehörde mit allen örtlichen Ordnungsbehörden im Kreis Kleve statt.“ Über ein Funktionspostfach beantworte der Kreis Kleve an sieben Tagen in der Woche Fragen der Ordnungsbehörden.
204 Unterkünfte wurden gemeldet
Bislang seien 204 Leiharbeiter-Unterkünfte gemeldet worden, von denen sich 152 in den fünf Städten mit eigener Bauaufsicht befinden. 52 Unterkünfte gebe es in den Kommunen, für die der Kreis Kleve als Bauaufsicht zuständig ist.
Auf die Frage, warum es im Kreis Kleve keinen Krisenstab nach BAKG gibt, schreibt die Verwaltung, dass zahlreiche Bereiche für die Krisenbewältigung verantwortlich sind: Man habe daher einen Coronastab gebildet, dem der Landrat sowie die Fachbereichsleiter der Abteilungen Zentrale Verwaltung, Öffentliche Sicherheit, Gesundheit, Jugend und Soziales sowie des Rettungsdienstes angehören. Zusätzlich nehmen die Amtsärztin, der Kreisbrandmeister, die Ärztliche Leitung Rettungsdienst, die Pressesprecherin sowie weitere fachkundige Vertreter der Fachbereiche an den Sitzungen des Coronastabes teil. Seit dem 10. März würden alle notwendigen Aufgaben koordiniert. „Die Zusammenarbeit im Stab hat sich bislang außerordentlich bewährt.“
Warum werden keine Telefonnummern weitergegeben?
„Nach den rechtlichen Vorgaben sind zwar die Ordnungsbehörden der kreisangehörigen Städte und Gemeinden für die Einhaltung der Quarantäne verantwortlich, nicht aber für die Nachverfolgung von Kontaktpersonen. Diese erfolgt durch das Gesundheitsamt. Eine Weitergabe der Telefonnummer ist daher aus rechtlichen Gründen nicht zulässig.“
Mangelt es dem Landrat an Koordinierungswillen?
Spreen betont, dass die Corona-Pandemie nur in einer gemeinsamen Anstrengung der kommunalen Familie zu bewältigen sei. Die Konferenz der Bürgermeister habe jedoch keinen gesetzlichen Auftrag. Sie sei weder Beschlussgremium noch Krisenstab. „Wohl aber ist sie seit Jahrzehnten ein informelles und nichtöffentliches Gremium des vertraulichen Austausches von Hauptverwaltungsbeamten über gemeinsam interessierende Fragen und Angelegenheiten. Für die Arbeit der beteiligten Kommunalverwaltungen bedeutsame Informationen wurden und werden ausnahmslos und zeitnah auf anderen Kommunikationswegen ausgetauscht.“
Warum hat die Kreisverwaltung 15 Tage gebraucht, um den Kommunen mitzuteilen, dass die eingereichten Daten nicht ausreichen?
Die Kreisverwaltung schreibt, dass Rees am 11. Mai und Emmerich am 13. Mai eine Übersicht der bekannten Leiharbeiterunterkünfte übermittelt habe. Am 14. Mai habe der Kreis die Kommunen angeschrieben, dass konkrete Unterkünfte benannt werden müssen, in denen Leiharbeiter leben, die in Sinne des Erlasses in der Fleischindustrie tätig sind. Erst seit dem 27. Mai hätten die spezifizierten Daten für Emmerich und Rees vorgelegen.
Warum wurde die Stadt Rees über die Testung einer Leiharbeiterwohnung am 3. Juni nicht direkt informiert?
Die Testung sei nach Abstimmung mit den Ordnungsämtern erfolgt. Der Reeser Bürgermeister sei am 2. Juni über die Testung am 3. Juni informiert worden. Am 5. und 6. Juni sei er über weitere Testungen informiert worden. Das Reeser Ordnungsamt habe an den Terminen vor Ort teilgenommen.
Warum besteht der Kreis bei Personalhilfen auf eine Teilabordnung?
Die Städte Kevelaer, Goch und Geldern hätten personelle Hilfen für die Kontaktnachverfolgung angeboten. Die Unterstützung erfolge nicht im Wege einer Teilabordnung, sondern durch eine vertragliche Regelung. Rees und Emmerich hätten mitgeteilt, dass man nicht bereit sei, Personal in Form einer Teilabordnung zur Verfügung zu stellen. Emmerich hatte angeregt, Angebote von Bund und Land anzunehmen.
Warum agierte der Kreis bei den Leiharbeiterunterkünften erst auf Drängen der Bezirksregierung?
Der Kreis Kleve habe nicht erst auf Drängen der Bezirksregierung mit der durchgehenden Prüfung und Testung von Leiharbeiterunterkünften begonnen. Vielmehr seien bereits ab dem 6. Mai 2020 anlassbezogene Kontrollen und Testungen in solchen Unterkünften durchgeführt worden. „Entsprechend der Empfehlungen des Robert-Koch-Instituts wurden dabei jedoch nur Personen getestet, die selber eine entsprechende Symptomatik aufwiesen“, so die Kreisverwaltung.
Man habe die Bezirksregierung bereits am 7. Mai auf die Problematik mit Leiharbeitnehmern im Kreis Kleve hingewiesen. Die Unverletzlichkeit der Wohnung ist ein im Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland verankertes Gut, von dem nur bei dem konkreten Vorliegen der Voraussetzungen in einem Gesetz abgewichen werden darf. Für ein Einschreiten ohne die Vorgaben des Erlasses vom 13. Mai habe es keinen gesetzlichen Raum gegeben.
Gab es eine Dringlichkeit für das Soforthilfeprogramm?
Die Kreisverwaltung bejaht dies. „Es ging und geht darum, Insolvenzen der betroffenen Unternehmen zu vermeiden. Die Tatsache, dass alleine in der ersten Woche nach Start des Soforthilfeprogramms beim Kreis Kleve 600 Anträge eingegangen sind, unterstreicht eindrucksvoll die Notwendigkeit und Dringlichkeit des Programms.“