Emmerich. Rund 400 Gäste kamen zum Neujahresempfang von Bürgermeister Peter Hinze. Er spricht von „modernem Sklavenhandel“ und „Visitenkarten“ Emmerichs.
Er nimmt sich Zeit für seine Gäste. Wenn Bürgermeister Peter Hinze auf seinem Neujahrsempfang im PAN jeden der rund 400 Gäste per Handschlag begrüßt, dann bleibt auch immer ein Zeit für ein Pläuschchen. Das kommt gut an. Es ist persönlich.
In seiner Neujahrsrede war Hinze bemüht, gesellschaftliche Schieflagen wieder ins Maß zu rücken, Entwicklungen einzuordnen. So habe die Verwaltung „öffentliche Prügel“ einstecken müssen für 20 Stühle auf der Rheinpromenade, die Lokalbesitzer Heinz-Günther Kantehm erst nach reichlich Hick-Hack nun an der Promenade aufstellen darf. Hinze räumt ein, dass die Verwaltung nicht immer geschickt agiert habe, aber ihn stört, dass so ein Thema so viel Aufmerksamkeit bekomme, währten wirklich bedeutende Entwicklungen in den Hintergrund gerieten.
Peter Hinze: Leiharbeiter seien Opfer von „modernem Sklavenhandel“
Wie etwa das, was auf dem ehemaligen Kasernen-Gelände entsteht. Besonders das Medizinische Zentrum: „Mit dem innovativen Konzept Pued – Partner unter einem Dach – wird dort erstmalig am Niederrhein, ein ganzheitlicher und innovativer Ansatz umgesetzt, welcher sich am Ende sowohl für Ärzte als auch für die Patienten auszahlen wird.“ Statt in überfüllten Wartezimmern werde man im Café sitzend aufgerufen. Zum Beispiel.
Die Verwaltung habe in 2019 viel getan, um die Probleme um die unwürdige Unterbringung osteuropäischer Arbeitsmigranten durch niederländische Zeitarbeitsfirmen und die daraus erwachsenen Probleme in den Nachbarschaften abzufedern. Einiges habe gefruchtet, so dass inzwischen auf Emmerich als Beispiel geschaut werde. Die Stadt werde nicht nachlassen: Denn das, was die Uitzendbureaus etwa in enger Zusammenarbeit mit der Fleischindustrie machten, „ist für mich nichts anderes als moderner Sklavenhandel“. Viel Applaus gab’s für diese Aussage im PAN.
Das Sondervermögen richtig einordnen
Der Bürgermeister stellte auch die Chancen der Migration heraus. Nur durch diese Osteuropäer sei Emmerich noch eine wachsende Stadt. Deshalb müsse das Zusammenleben stärker gefördert werden.
Ferner erklärte Hinze, wie die zehn Millionen Euro Sondervermögen für die Innenstadtentwicklung zu verstehen seien, die die Politik ja freigegeben hat. Wer glaubt, es reiche mit einem Bündel Scheine durch die City zu laufen, Objekte zu kaufen, zu sanieren, um dann große Gewinne zu erwirtschaften, „der irrt“.
Der Bahnhof seine „in Stein gemauerte Visitenkarte“
Nicht unumstritten sei der wahrscheinliche Kauf des Bahnhofs. Hinze sei von der Sinnhaftigkeit überzeugt, denn der Bahnhof sei „eine Art in Stein gemauerte Visitenkarte“ Emmerichs, wo Touristen und Geschäftsreisende einen ersten Eindruck der Stadt bekommen.
Der erste Bürger verteidigte auch die Bezeichnung Dorfpolizist für den künftigen Kommunalen Ordnungsdienst (KOD). Das sei nicht despektierlich zu verstehen. Vielmehr gehe es um Autoritäten, die Sicherheit vermittelten, die „aber auch immer offen und für jeden ansprechbar“ seien: „Einer von uns, irgendwie.“
>> Heimatpreis an die Schützen verliehen
Erstmals wurde beim Neujahrsempfang auch der neu eingeführte Heimatpreis der Stadt Emmerich verliehen. Im Dezember wurde bekannt gegeben, dass die Wahl auf die Emmericher Schützengemeinschaft fiel. „Das Geld ist schon überwiesen“, konnte Hinze im Zuge der Preisverleihung verraten. 5000 Euro immerhin. Hans-Jürgen Gorgs, Vorsitzender der Schützengemeinschaft, nahm die Urkunde dankend entgegen. „Was die Schützenvereine in Emmerich für unser Sozialgefüge tun, ist allerhand“, lobte Hinze das Engagement.
Unter anderem haben die Schützen auch die Sammlung für die Kriegsgräberpflege übernommen. Der Bürgermeister konnte stolz verkünden, dass hierbei in 2019 satte 14.069,98 Euro zusammen gekommen sind: „Eine Summe, die im Kreis Kleve und darüber hinaus Seltenheit hat.“