Duisburg-Marxloh. Die Stadt Duisburg wird die Brautmodenmeile umbauen. Parteien sind über die Pläne verärgert: Sie befürchten mehr Parkdruck und ein Verkehrschaos.
Wie wird sich Marxloh künftig verändern? Eine Antwort darauf soll das 50 Millionen Euro schwere Förderprogramm „Stark im Norden“ geben und diesen Wandel auch aktiv anstoßen. Dafür soll die Weseler Straße, die Brautmodenmeile, umgestaltet werden. Ihre Pläne hat die Stadt Duisburg jetzt der Bezirksvertretung Hamborn vorgestellt. Die Mandatsträger sind seither irritiert, über die Pläne geradezu verärgert. Sie befürchten einen millionenschweren Flop. Denn die Vision der Stadtplaner löst das bestehende Verkehrsproblem nicht, verschärft sogar das Parkchaos an Wochenenden und bleibt grundsätzlich in vielen Fragen zu unkonkret.
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Dabei wird die Umgestaltung der Weseler Straße und des August-Bebel-Platzes seit Monaten heiß im Stadtteil diskutiert. Gerade die Kaufleute der Brautmodenmeile haben dabei ganz andere Interessen als die Anwohner. Dieser Konflikt dürfte bald noch heftiger hochkochen, zumal die vorgegebenen Hauptziele des Projekts mehr Aufenthaltsqualität und weniger Autoverkehr sind.
„Stark im Norden“: Stadt Duisburg stellt Ideen für den umstrittenen Marxloh-Umbau vor
Der städtische Vorschlag hätte zwar gerne eine ausgeweitete Fußgängerzone beinhaltet. „Eine Fußgängerzone ist schwierig“, räumte aber Jens Klähnhammer vom beauftragten Ingenieurbüro „Fischer Teamplan GmbH“ ein. Möglich sei nur „ein verkehrsberuhigter Geschäftsbereich“. Künftig sollen also Autos auf der Weseler Straße zwischen der Dahlmannstraße und der Wolfstraße nur noch mit Tempo 20 fahren dürfen.
Parkbuchten und Radwege verschwinden dann zugunsten breiterer Bürgersteige, die ein echtes Flanieren und mehr Außengastronomie möglich machen sollen. Fahrräder sollen dann mit Straßenbahnen und Autos auf derselben Fahrbahn unterwegs sein.
Geplante Verkehrsführung: Duisburg will mehr Autos in Marxloher Wohnquartieren
Zudem rechnet das Ingenieurbüro nach dem Umbau der Weseler Straße mit bis zu 600 Fahrzeugen weniger pro Stunde auf der Brautmodenmeile. Grundlage sei eine aktuelle Verkehrszählung, deren Daten jedoch nicht veröffentlicht sind.
Der Verkehr soll laut Jens Klähnhammer durch „eine ringförmige Entzerrung“ in die Seitenstraßen verringert werden. Der Radverkehr soll ebenfalls möglichst auf Nebenstraßen ausweichen, wodurch die Straßenbahn auf der Brautmodenmeile und vor allem am Pollmannkreuz flüssiger fahren könne.
Zumindest in der Theorie. Die reale Umsetzung dürfte aktuell an einem entscheidenden Punkt scheitern: „Die Voraussetzung ist, dass man den ruhenden Verkehr in den Griff bekommt.“
August-Bebel-Platz soll nicht autofrei werden, aber viele Parkplätze verlieren
Wie das geschehen soll, darauf gibt das Ingenieurbüro keine Antwort. Diese Fragestellung gehöre nicht zu seinem Auftrag. Tatsächlich verschlimmert es mit seinen Ideen das bestehende Parkchaos. Zu den Vorschlägen gehört neben den wegfallenden Parkbuchten nämlich, dass auch mindestens 20 von jetzt gut 80 Stellplätzen auf dem August-Bebel-Platz verschwinden.
Die Details für den August-Bebel-Platz sollte der Bezirksvertretung ebenfalls vorgestellt werden, doch dazu kam es nicht. Die entsprechenden Grafiken seien „irrtümlich“ vergessen worden. Trotzdem gibt es einige Erkenntnisse: Der Marktplatz soll für Autos befahrbar bleiben und der Busbahnhof am Marxloh-Center verlegt werden – allerdings nicht direkt an die Weseler Straße.
Die Bezirksvertreter wollen das Parkchaos mit einem neuen Parkhaus mildern. Natürlich könne ein Parkhaus helfen, räumt das Ingenieurbüro ein. Jedoch sei ein Parkhaus nicht förderungsfähig und deshalb wurden dafür auch keine Standorte geprüft. „Im Grund müsste man viel mehr tun“, lautet Jens Klähnhammers Fazit der Ideen-Präsentation, „aber wir müssen uns mit dieser Zwischenlösung zufriedengeben“.
„Das ist eine absolute Frechheit“ – Politiker sind verärgert über millionenschwere Zwischenlösung
Das sehen die Bezirksvertreter komplett anders. „Das ist eine absolute Frechheit. Wir sollen doch hier veralbert werden“, ärgert sich der Marxloher Ratsherr Dieter Stradmann (SPD). Auch darüber, dass in der Präsentation der August-Bebel-Platz komplett fehlte. Eine Zwischenlösung sei niemals der Auftrag noch die Erwartung an das Förderprogramm „Stark im Norden“ gewesen.
Wer an Europas größter Brautmodenmeile mit vielen internationalem Besuchern Parkplätze entfernen will, findet Stradmann, müsse auch zwingend sagen, wo die Autos künftig parken sollen. Den lapidaren Vorschlag, dass die Fahrer in die benachbarten Wohnquartiere ausweichen sollen, sei völlig realitätsfern. „Die Seitenstraßen sind jetzt schon alle voll.“ Insbesondere an den Wochenenden, wenn Bräute aus halb Europa nach Marxloh kommen und sogar die Fußgängerzone zugeparkt wird.
Marxloh- Zoff um Parkplatz-Chaos auf der Brautmodenmeile„Die vorgestellte Lösung funktioniert nur mit einem Parkhaus“, ergänzt Bezirksvertreter Claus Lindner (SPD) und pflichtet bei, dass die Seitenstraßen längst an ihrer Kapazitätsgrenze seien. Für ihn ist der Parkdruck das größere Problem als die Höchstgeschwindigkeit auf der Weseler Straße, wo zuletzt ohnehin ständig Staus entstanden seien. Deshalb regt er an, dass die Stadt Duisburg, die DVG und der Werbering Marxloh sich gemeinsam an einen Tisch setzen, um über ein neues Parkhaus zu sprechen – auch wenn es nicht mit den 50 Millionen Euro bezahlt werden kann.
Zusätzlich mahnt Marcus Jungbauer (CDU) an, dringend Antworten auf die offenen Fragen zu finden. Denn gerade Marxloh sei ein wichtiger Verkehrsknotenpunkt. „Sobald in der Peripherie von Marxloh eine Baumaßnahme ist, ob Umgehungsstraße oder Autobahn, dann bricht das Chaos aus.“
Er möchte deshalb geklärt wissen, wie man „als Auswärtiger weiter komfortabel zur Brautmodenmeile geführt“ wird, bevor der Verkehr über die Seitenstraßen laufen soll und ersatzlos Dutzende Parkplätze verschwinden. So erwartet die Bezirksvertretung etwa ein funktionierendes Parkleitsystem.
Behörden machen plötzlich Druck beim Umbau: Kaum mehr Zeit für Änderungswünsche?
Verärgert sind die Parteien außerdem, weil die Stadt Duisburg beim Umbau der Weseler Straße und des August-Bebel-Platzes jetzt aufs Gas tritt. Um das Fördergeld nicht zu gefährden, heißt es aus dem Rathaus, müsse bis zum 10. Oktober die vorgestellte Vision – „Vorzugsvariante“ im Behördendeutsch – in eine Beschlussvorlage fließen, die am 2. November in der Bezirksvertretung und am 27. November endgültig im Stadtrat beschlossen wird.
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Dieser Beschluss gibt dann den Rahmen für den Wettbewerb vor, durch den das Herz von Marxloh umgebaut wird. Damit wird die Vorzugsvariante dann verbindlich. Für Änderungswünsche scheint kaum noch Zeit zu sein.
>> Öffentliche Vorstellung der Umbaupläne am 19. September
● Die Vorzugsvariante für den Umbau und das künftige Verkehrskonzept der Weseler Straße stellt die Stadt Duisburg am Dienstagabend, 19. September, von 19.30 bis 21.30 Uhr im Elly-Heuss-Knapp-Gymnasium (Am Grillopark) vor. Erstmals werden dann auch die Details für den August-Bebel-Platz erläutert. Geplant ist außerdem ein Livestream; den Link dazu will die Stadt kurz vor der Veranstaltung bekanntgeben.
● Die Stadt beruft sich darauf, dass in die Vorzugsvariante gut 600 Eingaben aus dem Beteiligungsprozess eingeflossen sind und durch eine Parkraumerhebung und eine Verkehrszählung ergänzt wurden.
● Weitere Infos gibt es auf www.du-starkimnorden.de