Duisburg. Reges Interesse bei der Bürgerversammlung zum A 59-Ausbau mit Experten. Stadt Duisburg bittet Einwohner um Hilfe beim Kampf für den Tunnel.

Für die Stadtverwaltung ist der Kampf um den A 59-Tunnel jetzt ernst geworden. Sie ist dabei dringend auf die Mithilfe der Duisburgerinnen und Duisburger angewiesen. Das weiß auch der Bürgerverein Meiderich, der am Dienstagabend zusammen mit einem örtlichen Parteienbündnis zur Bürgerversammlung ins Centrum Westende eingeladen hat.

Dort haben Fachleute aus dem Rathaus, von einem Planungsbüro und aus einer Anwaltskanzlei die aktuellen Pläne der Autobahngesellschaft vorgestellt, die den Tunnel ablehnt und die A 59 in Hochlage mit riesigen Lärmschutzwänden bauen möchte. Dabei gab es auch Ratschläge, wie sich jeder Betroffene gegen diese Pläne wehren kann – und die gut 250 Anwesenden im fast voll besetzten Saal gaben sich kampfeswillig.

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Dass die Autobahn zwischen Duissern und Marxloh sechsspurig ausgebaut werden muss, daran ist aus Sicht von Stadtentwicklungsdezernent Martin Linne nicht mehr zu rütteln. Zum Verdruss einzelner, die die Hoffnung hegen, dass die viel diskutierte Verkehrswende das Mammutprojekt noch kippen könne. Linne weist aber auch darauf hin, dass die Verkehrswende in Duisburg angesichts mehr Privatautos und mehr Lastwagen, gar nicht ernsthaft gelebt werde. Das sieht längst nicht jeder als legitimes Argument an, warum die Autobahn überhaupt breiter werden soll.

Die Unterschiede zwischen den aktuellen Ausbauplänen der Autobahn GmbH und der Stadt Duisburg macht ein Modell anschaulich.
Die Unterschiede zwischen den aktuellen Ausbauplänen der Autobahn GmbH und der Stadt Duisburg macht ein Modell anschaulich. © FUNKE Foto Services | STEFAN AREND

Unstrittig ist dagegen, dass die Berliner Brücke dringend bis 2029 erneuert werden muss. Während die Stadt Duisburg jedoch fordert, diesen Neubau eigenständig zu planen und das übrige Projekt in einem zweiten Planungsabschnitt anzugehen, um in Ruhe offene Fragen der Tunnellösungen in Meiderich und Hamborn zu klären, hat die mit dem Ausbau betraute Autobahn GmbH dies abgelehnt. Sie forciert ein einziges Planfeststellungsverfahren, also ein Genehmigungsverfahren für die gesamte Strecke. Die Unterlagen dafür liegen noch bis zum 31. August öffentlich aus.

Visualisierungen der aktuellen Ausbau-Pläne lösen Entsetzen bei Duisburgern aus

„Die Tunnelvariante ist gar nicht durchgeplant worden“, sagt Martin Linne. Der Autobahn GmbH sei es nie darum gegangen, „eine abgewogene Lösung zu finden, sondern nur einen billigen Weg, der Kollateralschäden in Kauf nimmt“. Denn ein Großteil der Argumente gegen den Tunnel seien nur „pauschale Behauptungen“. Dass etwa ein Trog mit Deckel in Meiderich gar nicht möglich sei.

Dem widerspricht eindrücklich der Ingenieur und Projektmanager Bernd Stoll vom Planungsbüro Krebs und Kiefer, das die Stadt Duisburg technisch berät und begleitet: „Diese Tunnellösung ist möglich.“ Zudem würden dadurch in Meiderich rund 70.000 Quadratmeter Fläche entsiegelt, das sind „gut zehn Bundesligafußballplätze“. In Hamborn sind es immerhin 25.000 Quadratmeter.

Ingenieur Bernd Stoll (von links), Anwalt Professor Dr. Olaf Bischopink und der Stadtentwicklungsdezernent Martin Linne werben in Duisburg-Meiderich für die Tunnellösung.
Ingenieur Bernd Stoll (von links), Anwalt Professor Dr. Olaf Bischopink und der Stadtentwicklungsdezernent Martin Linne werben in Duisburg-Meiderich für die Tunnellösung. © FUNKE Foto Services | STEFAN AREND

„Dadurch entstehen Spielräume, die der Stadt alle Möglichkeiten offenlassen“, so Stoll weiter. Dagegen befürchtet die Stadt bei großen Lärmschutzwänden auch Angsträume nahe der Autobahntrassen. Visualisierungen des Planungsbüros machen die Unterschiede deutlich, wie Meiderich mit Tunnel oder mit breiter A 59 in Hochlage aussehen würde. Die Bilder lösen Entsetzen im Saal aus und überzeugen fast alle Teilnehmer, dass man den Tunnel erstreiten müsse.

Stadt Duisburg bittet die Einwohner im Kampf für den A 59-Tunnel um Unterstützung

Zunächst geht es aber um die Frage, ob das Planfeststellungsverfahren für die gesamte Autobahnstrecke durchkommt. Darüber entscheidet das Fernstraßenbundesamt und später vielleicht ein Gericht. „Eine Abschnittsbildung ist zulässig“, ordnet Rechtsanwalt Professor Dr. Olaf Bischopink ein, der die Stadt berät.

Daher hoffen er und die Stadt, dass das Bundesamt bereits an dieser Stelle des Verfahrens eingreift. Dazu muss es aber durch sogenannte Einwendungen, also durch Argumente gegen die aktuellen Pläne, bewegt werden. Das bekräftigt auch der frühere NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD) im Publikum. Das Fernstraßenbundesamt könne die Autobahn GmbH zwingen, die A 59 in Tranchen zu planen. „Das geht am besten, wenn möglichst viele Menschen ihre Einwendungen einreichen“, so Jäger. Eine große Anzahl dieser Einwendungen, „beeindruckt das Amt am meisten“. Die Frist dafür läuft bis zum 4. Oktober.

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Es gibt weitere rechtliche Komponenten, wie Olaf Bischopink erläutert: Nur wer eine Einwendung einreicht, hat demnach überhaupt eine Chance, um später zu klagen. Zumal ein Planfeststellungsbeschluss weitreichende Folgen haben könne, er „rechtfertigt die Enteignung Ihres Grundstücks“. Vor Gericht ginge es anschließend nicht darum, „ob Sie Ihr Eigentum verlieren“, sondern „nur noch um die Höhe der Entschädigung“. Wichtig: Niemandem könnten Nachteile entstehen, wenn er oder sie eine oder mehrere Einwendungen mache.

Zwar seien „Privatpersonen, deren Eigentum gefährdet ist, die besten Kläger“, weil dann der volle Feststellungsbeschluss gerichtlich überprüft werden müsse. Doch zunächst wolle die Stadt eine Klage vermeiden und hofft noch auf ein Einlenken des Fernstraßenbundesamts.

Fachleute in den Bezirksrathäusern unterstützen Betroffene bei ihren Einwendungen

Neben der Stadt Duisburg selbst können auch alle Bürgerinnen und Bürger eine Einwendung einreichen, die durch den Ausbau der A 59 in Hochlage „betroffen sein könnten“. Denn solch ein Riesenprojekt müsse nicht nur die Kosten und Lärmschutz in den Blick nehmen, sondern auch andere Faktoren abwägen. So wurden an dem Abend einige Beispiele genannt: Dass beim Ausbau in Hochlage Meiderich durchschnitten bleibt, dass die Anwohner auf eine riesige Sperrwand starren, dass die Immobilien an Wert verlieren oder sich durch Angsträume die Sozialstruktur im Viertel ändert.

Die Einwendungen müssen nicht technisch oder juristisch begründet sein. Daher ist kein Ingenieur oder Anwalt nötig. „Sie müssen nur erkennen lassen“, so Fachanwalt Bischopink, „welche Einschränkungen Sie befürchten.“ Aber je konkreter das Schreiben sei, desto konkreter müsse sich die Behörde damit auseinandersetzen. Letztlich gehe es darum, ergänzt Ralf Jäger, dass die eigenen Rechte beeinträchtigt seien, wenn die Autobahn wie geplant umgesetzt werde.

In den vier Bezirksrathäusern Meiderich/Beeck, Hamborn, Walsum und Mitte beraten ab sofort Fachleute die Bürger wegen möglicher Einwendungen und nehmen sie sogar zur Niederschrift auf. Die Schriftstücke müssen mit Namen und Anschrift versehen und unterschrieben sein. Die eigene Betroffenheit muss deutlich werden, eine grundsätzliche Ablehnung des Ausbaus reicht nicht aus. Empfänger sind das Fernstraßenbundesamt (Ulrich-von-Hassell-Straße 74-76, 53123 Bonn) oder die Stadt Duisburg (Amt für Stadtentwicklung und Projektmanagement, Friedrich-Albert-Lange-Platz 747, 051 Duisburg).

>> Weitere Bürgerversammlung und Telefonsprechstunde

● Eine weitere Bürgerversammlung zum A 59-Ausbau findet am Donnerstagabend, 10. August, um 19 Uhr im Hamborner Ratskeller (Duisburger Straße 213) statt. Dazu lädt der SPD-Landtagsabgeordnete Frank Börner ein.

● Die Autobahn GmbH Rheinland bietet ab sofort bis Ende August eine Telefonsprechstunde zum A 59-Ausbau an. Sie findet immer dienstags und donnerstags von 9 bis 12 und von 17 bis 19 Uhr unter 0201 72 98 280 statt.