Duisburg. Eine wichtige Anlaufstelle für Suchtkranke aus Duisburg schließt bald. Betroffene finden das nicht nur schade, sondern sehen sogar Gefahren.
Am Hochemmericher Markt in Duisburg-Rheinhausen wurden wohl schon viele Kämpfe gegen die Abhängigkeit von Drogen, Sex, Glücksspiel und Co. gewonnen: Dort, im Alexianer Bürgerhaus, bekommen Menschen seit knapp 20 Jahren Hilfe bei verschiedenen Suchterkrankungen.
Umso schwerer fällt Betroffenen der Abschied, denn: Die Suchtberatungsstelle schließt Ende April ihre Türen. Die Beschriftung vor dem Gebäude ist bereits abgedeckt, die Webseite aus dem Netz genommen.
Suchtberatung in Rheinhausen – Betroffene: „Bin enttäuscht“
Eine 47-jährige Patientin, die anonym bleiben möchte, hat schon im Dezember von Angestellten gehört, dass das Bürgerhaus schließt. Sie war geschockt: „Mir tut die Hilfe bis heute gut. Ich bin enttäuscht, dass sie bald endet, und ich weiß nicht, wie es weitergeht.“
Die Duisburgerin kennt Betroffene, die dort seit mehreren Jahren Hilfe bekommen: „Für sie ist die Schließung bestimmt noch schlimmer.“ Und auch für Rheinhausen sei es ein Verlust: „Es ist eine Institution im Stadtteil.“
So begründen die Alexianer die Schließung der Beratungsstelle
Die Alexianer Krefeld GmbH, die die Beratungsstelle in Rheinhausen betreibt, bestätigt die Schließung auf Anfrage der Redaktion. Alle Leistungen würden zum 1. Mai in die Klinik für Psychische Gesundheit nach Krefeld verlagert. „Alle Mitarbeitenden haben für den Standort Krefeld ein Angebot erhalten“, sagt ein Sprecher.
Als Grund führt er an, dass das Bürgerhaus zwar als Tochterunternehmen der Alexianer gegründet wurde, mittlerweile aber nur noch ein ambulanter Bereich der Krefelder Klinik sei. Es seien umfangreiche Angebote zur Suchtberatung aufgebaut worden – „vor allem mit dem großen persönlichen Engagement der Mitarbeitenden unter der Leitung von Frank Eggebrecht“.
In Kürze würden aber Frank Eggebrecht und „weitere Mitarbeitende der insgesamt sieben Beschäftigten in den Ruhestand gehen“. Deswegen sei es „so vor Ort nicht mehr leistbar“, die Angebote aufrechtzuerhalten, erklärt der Sprecher.
Bürgerhaus schließt: Diese Probleme entstehen für Patienten
Zum Problem wird das vor allem für Menschen wie die 47-Jährige, die sich in Rheinhausen nicht einfach nur haben beraten lassen, sondern sich im Bürgerhaus wohlfühlen, das gewohnte Umfeld schätzen und nicht nach Krefeld wechseln wollen.
Das erste Problem entstehe schon beim Hin- und Rückweg nach Krefeld, sagt sie. Der Alexianer-Sprecher meint dagegen: „Krefeld liegt benachbart zu Rheinhausen und ist mit dem ÖPNV gut erreichbar.“ Die Patientin ist anderer Meinung: „Einige haben nicht das Geld und die Zeit, jedes Mal mit Bus und Bahn zu fahren. Und mit dem Auto kommen auch nicht alle hin und zurück, weil viele Alkohol- oder Drogenabhängige keinen Führerschein mehr haben.“
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Neben dem logistischen Problem gebe es eine weitere Hürde: In Rheinhausen kommen neue Patienten in ein kleines Haus mit Diakonie und familiärem Umfeld, in Krefeld müssten sie eine riesige Klinik besuchen, „vor der man sich scheut“. Das gelte vor allem für diejenigen, die sich selbst nicht als typische Abhängige sehen.
Betroffene über Bürgerhaus-Mitarbeiter: „Sie haben mir die Augen geöffnet“
Dazu habe sie selbst auch gezählt, denn ihre Abhängigkeit führte über einen Schleichweg. „Ich habe immer schon gerne Alkohol getrunken, vor allem am Wochenende, aber dann hatte ich auch Phasen, in denen ich mal gar nichts getrunken habe.“ Letztere Phasen hätten jedoch nach der Trennung von ihrem Mann abgenommen. „Ich dachte, ich könnte von Party zu Party leben.“ Teilweise habe sie über Monate beinahe jeden Tag getrunken.
Anfang 2023 habe sie selbst gemerkt, dass es zu viel wird. Sie habe einen Schlussstrich gezogen, einen Psychiater aufgesucht und eine psychosomatische Reha beantragen wollen. Erst die Alexianer hätten aber gesehen, dass sie eine Suchttherapie braucht: „Sie haben mir die Augen geöffnet und mich davor bewahrt, mich länger selbst zu belügen.“
Wie die Suchtberatung Betroffenen hilft
Im Mai 2023 war sie zum ersten Gespräch im Bürgerhaus, Anfang November habe sie die Reha angefangen. Seitdem sei sie jede Woche je einmal für ein Therapeuten-Gespräch und eine Gruppen-Therapie vor Ort.
Die Mitarbeiter und Gruppensitzungen hätten ihr geholfen, das Gefühl zu erkennen, das die Sucht befeuert. „Das entsteht zum Beispiel bei einem harten Arbeitstag, an dem alle was von mir wollen und alle durcheinanderreden“, sagt sie. Früher habe sie auf der Fahrt nach Hause an ein Glas Wein gedacht, heute denke sie an ein leckeres Essen oder Sport.
Wenn das Bürgerhaus Ende April schließt, endet genau ihre Reha. Eine Verlängerung sieht sie in Gefahr, „weil ich eine andere Reha-Einrichtung bräuchte“. Davor fürchtet sie sich: „Die Reha gibt mir die Sicherheit, dass ich meine Probleme mit irgendwem reflektieren kann, damit sich der Druck löst.“
Genauso sorgt sie sich um andere Menschen aus Duisburg, die Hilfe brauchen, aber sich eventuell nicht nach Krefeld trauen: „Man kann sich nie sicher sein, wenn man einmal abhängig ist, und den Kampf alleine aufzunehmen, ist hart.“
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- Die Suchtberatung der Alexianer gibt es schon seit 1999. Die Alexianer Krefeld GmbH übernahm das Angebot der Diakonie Duisburg-West und gründete die „Alexianer Bürgerhaus Hütte gGmbH“, wie ein Sprecher erklärt.
- Die Alexianer hätten das Zentrum geründet, „um nach der Schließung des Stahlwerkes Rheinhausen die sozialen Verwerfungen ein Stück weit auffangen zu können“, heißt es.
- Bis 2005 gab es das Angebot an der Friedrich-Alfred-Straße 21 in Rheinhausen. Dann sei das Haus geschlossen worden und die Beratungsstelle an den Hochemmericher Markt umgezogen.