Duisburg. Viel Regen hat die Grundwasserspeicher im linksrheinischen Duisburg gefüllt. Das hat aber auch Nachteile, weiß die Entwässerungs-Genossenschaft.
Endlich Zeit zum Durchatmen. Nach mehreren Dürrejahren lässt die aktuelle Wetterlage wieder eine Verschnaufpause zu. Seit Beginn der Aufzeichnungen vor 110 Jahren sind nach dem nassesten Jahr 2023 die Wasserspeicher am Niederrhein wieder gut gefüllt, erklärt die Linksniederrheinische Entwässerungs-Genossenschaft (Lineg), die unter anderem in Rheinhausen eine Kläranlage betreibt.
Noch vor zwei Jahren sah die Wasser-Welt linksrheinisch noch ganz anders aus. „Das Grundwasser sinkt“, stellte Hydrogeologe Christoph Breit fest, als er den Wasserstand an der Lineg-Messstelle Binsheimer Straße in Duisburg-Baerl maß. Da half auch kein Starkregen: „So viel Wasser kann der Boden überhaupt nicht aufnehmen, um es dann ins Grundwasser abzuleiten.“
Grundwasser am Niederrhein: Speicher wieder „gut gefüllt“
„Im Augenblick sind die Grundwasserspeicher zwar wieder gut gefüllt, aber wer weiß, wie‘s weitergeht“, sagt Gesa Amstutz, Leiterin des Bereichs Wasserwirtschaft bei der Lineg. Das Wasserwirtschaftsjahr ist nicht identisch mit dem Kalenderjahr. Denn es richtet sich nach der Natur. Deshalb wird immer der Wasserkreislauf vom 1. November bis zum 31. Oktober gemessen.
2023 war nass – so nass wie noch nie seit Beginn der Aufzeichnungen. Die Lineg zeichnet die Wetterereignisse seit 1913 auf. Alleine von November 2023 bis Anfang 2024 fielen rund 45 Prozent der Regenmenge, die sonst in einem ganzen Jahr fällt. Wenn man diese Wassermengen noch zu den Mengen des Wasserwirtschaftsjahres rechnet, ist das eine Zahl, die noch nie erreicht wurde.
Regen-Rekord: Lineg stellt 25 Prozent mehr Niederschlag fest
Noch vor zwei Jahren klagte man über die anhaltende Dürre, die auf viele Bereiche heftige Auswirkungen hatte. Doch im vergangenen Jahr kam das genaue Gegenteil: Die Lineg hatte mit vollgelaufenen Kellern und überfluteten Feldern zu kämpfen. Der Regen nahm kein Ende.
„Normalerweise fallen im Durchschnitt 780 Liter Wasser pro Quadratmeter pro Jahr. Das ist ungefähr die Menge Wasser, die in 4,3 Badewannen passt. Im Wasserwirtschaftsjahr 2023 aber waren es 972,60 Liter in dem Zeitraum. Das waren 25 Prozent mehr“, sagt Amstutz.
Hinzu kommen die Niederschläge im November und Dezember. Das waren noch einmal 350 Liter pro Quadratmeter, also fast die halbe Niederschlagsmenge eines ganzen Jahres innerhalb von zwei Monaten.
Grundwasserspiegel: Diesen Einfluss hat der Rhein
„Bekannt sind ja mittlerweile die Starkregenereignisse als neues Wetterphänomen. Aber ein Jahr mit so heftigen Niederschlägen ist ein absolutes Ausnahmejahr“, stellt Lineg-Pressesprecher Ingo Plaschke fest. Das Grundwasser sei maßgeblich durch den Rhein beeinflusst.
„Im Dezember gab es sogar mehrere Hochwasserereignisse hintereinander, der Boden ist wegen Sand und Kies durchlässig. Wenn der Wasserstand des Rheins niedrig ist, fließt das Grundwasser Richtung Rhein. Wenn aber der Rhein einen hohen Wasserstand hat und dann immer wieder Hochwasserereignisse dazukommen, dann wirkt das Grundwasser wie eine Wand“, erklärt er.
Das heißt: Der Rhein trifft in seiner Ausdehnung bei Hochwasser auf das Grundwasser rechts und links des Flusses – der Grundwasserspiegel steigt. Das ist dann die Region um den Rhein herum.
Feuchte Böden haben auch Nachteile
„Aus Sicht der Wasserwirtschaft ist das eine gute Nachricht, denn nach so vielen Dürrejahren sind die extrem trockenen Böden jetzt endlich wieder gesättigt und durchweicht“, erklärt Gesa Amstutz. „Das ist natürlich unser Blick. Fragen Sie einen Bauern aus der Waldwirtschaft, der wird wegen der sehr aufgeweichten Böden, durch die Bäume umfallen, natürlich eine ganz andere Meinung haben“, räumt Ingo Plaschke ein.
Man dürfe sich aber dieses Hin und Her des Wassers nicht in rasantem Tempo vorstellen, erklärt die Leiterin des Bereichs Wasserwirtschaft. Das brauche alles seine Zeit, denn das Wasser sei träge und fließe erst nach und nach wieder Richtung Rhein. Wie es nach den extremen Dürrejahren 2018, 2019 und 2020 weitergeht, kann sie nicht voraussagen.
Keine Panik: Niederrhein sei wasserreiche Zone
Man wolle keine Panik verbreiten, denn der Niederrhein sei immer noch eine wasserreiche Zone, im Gegensatz zu anderen Regionen im Umfeld, die in den sehr vielen trockenen Jahren schon Schwierigkeiten mit der Wasserversorgung hatten.
Hochwasser an Rhein und Ruhr: Mehr Artikel aus Duisburg
- Hochwasser: Hund ertrinkt im See – Besitzerin verzweifelt
- Hochwasser in Duisburg: Wann das Sperrtor nicht mehr hilft
- Rhein in Duisburg: Die 20 extremsten Wasserstände seit 1990
- Rheinpegel Ruhrort: Vom Hochwasser auf der Mühlenweide
„Der Kreis Kleve hat zum Beispiel 2022 verboten, ohne Erlaubnis Wasser aus Bächen, Flüssen und Teichen zu entnehmen, um damit Felder und Wiesen zu wässern“, berichtete Pressesprecher Ingo Plaschke. Natürlich beschäftige man sich längst mit der Anpassung an die Folgen des Klimawandels. Denn das Grundwasser sei ein unsichtbarer Schatz.
Lineg versorgt mehr als 500.000 Menschen
Seit mehr als 100 Jahren garantiert die Linksniederrheinische Entwässerungs-Genossenschaft, kurz Lineg, eine Wasserwirtschaft aus einer Hand. Sie schützt Grundwasser, reinigt Abwasser, reguliert Fließgewässer und baut Wasserläufe naturnah aus.
Mehr als 500.000 Menschen, die im Verbandsgebiet am linken Niederrhein leben, werden von dem Unternehmen versorgt. Betriebsstandorte sind die Kläranlagen Duisburg-Rheinhausen, Kamp-Lintfort, Moers, Rheinberg, Sonsbeck und Xanten.