Duisburg. Trotz weiter hoher Arbeitslosigkeit braucht Duisburg Fachkräfte aus dem Ausland. So begründen das die Leiter von Arbeitsagentur und Jobcenter.
Die Zahlen 12 und 13 sind die Gradmesser für den Duisburger Arbeitsmarkt. Sie stehen seit 15 Jahren regelmäßig vor dem Komma der Arbeitslosenquote. Nur während der Hochkonjunktur 2018 (11,4 %) und 2019 (10,8 %) waren mehr Menschen in Arbeit. Doch obwohl über 30.000 Frauen, Männer und Jugendliche im erwerbsfähigen Alter von Leistungen der Agentur für Arbeit oder dem Jobcenter leben, betonen die Leiter beider Behörden, Marcus Zimmermann und Frank Böttcher: „Ohne qualifizierte Zuwanderung werden wir die Lücke zwischen Nachfrage und Angebot nicht schließen können.“
Jobs in Duisburg: Zahl der offenen Stellen ist 2023 gesunken
2023 lag die Quote durchschnittlich bei 12,8 Prozent – fast schon eine gute Nachricht angesichts von Pandemie-Nachwirkungen, Kriegsfolgen und Wirtschaftsflaute. „In einer Rezession steigt die Arbeitslosigkeit in Duisburg nicht mehr wie früher sprunghaft an“, erklärt Agentur-Chef Zimmermann. „Die Unternehmen halten ihre Belegschaft, sind aber zurückhaltend bei Einstellungen.“ Das zeigt sich etwa an der Zahl der offenen Stellen, die 2023 mit durchschnittlich 3904 um fast 800 Jobs unter dem Vorjahreswert lag.
Dass dennoch mehr als die Hälfte aller Firmen quer über alle Branchen Fachkräfte suchen, sei nur ein scheinbarer Widerspruch. Denn fast die Hälfte der bei der Agentur gemeldeten Arbeitsuchenden verfüge nur über Qualifikation auf Helfer-Niveau (44,7 %), mehr als zwei Drittel sind es beim Jobcenter (76,6 %). Gesuchte Fachkräfte melden sich oft gar nicht erst bei der Agentur, sagt Zimmermann: „Sie finden ohne uns eine neue Anstellung.“
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Die Lücke durch Qualifikation zu schließen sei „leicht gesagt, aber nicht trivial“, sagen die beiden erfahrenen Fachmänner. Die Agentur wird wie schon 2023 auch in diesem Jahr wieder rund 25 Millionen Euro investieren, um ihre Kunden fit zu machen für eine schnelle Rückkehr in den Job. Durch nachgeholte Schulabschlüsse und berufliche Qualifizierung schafften im vergangenen Jahr 8539 Bewerber (2022: 9122) den Absprung in Beschäftigung.
Jobcenter: „Verspätetes Weihnachtsgeschenk“ hilft Langzeit-Arbeitslosen
Dem Jobcenter standen für die Finanzierung der sogenannten „Eingliederungstitel“ 60,8 Millionen Euro zur Verfügung, zwischen 57 und 58 Millionen Euro sollen es in diesem Jahr sein. „Damit können wir arbeiten“, sagt Böttcher. Die befürchtete Kürzung auf 49,5 Millionen Euro ist ausgeblieben, weil im Bundeshaushalt nun doch mehr Geld bereitsteht. „Ein verspätetes Weihnachtsgeschenk“, nennt es Frank Böttcher.
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Es hilft, um auch den „Job-Turbo“ für Geflüchtete auf Touren zu bringen. Ihre Integration in Arbeit ist eines der Topthemen für das Jobcenter in diesem Jahr. Viele gut qualifizierte Menschen kamen aus der Ukraine. Nach Sprachkursen soll die Vermittlung vorankommen. Mehr als 500 Frauen und Männer fanden im vergangenen Jahr eine Beschäftigung. 1711 Ukrainerinnen und Ukrainer suchten Ende 2023 noch Arbeit.
Agentur-Chef: Arbeit ist auch für den Spracherwerb wichtig
„Auch Arbeit ist wichtig für den weiteren Spracherwerb“, betont Marcus Zimmermann. Er hofft deshalb, dass Bewerber auch einen Job unterhalb ihrer Qualifikation akzeptieren und Arbeitgeber akzeptieren, „dass nicht jeder neue Mitarbeiter gleich am ersten Tag perfekt Deutsch spricht“. Ein großes Hindernis bleibe besonders für Frauen - nicht nur aus der Ukraine - der eklatante Mangel an Betreuungsplätzen für ihre Kinder.
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Und das vor einem Jahr eingeführte Bürgergeld und die nun angekündigten Sanktionen für Arbeitsverweigerer werden auch im Jahr 2024 ein Thema bleiben, ahnt der Jobcenter-Chef. Zwar gebe es solche Fälle und auch Missbrauch, räumt Böttcher ein, „aber das Thema ist in der öffentlichen Diskussion viel größer als im Tagesgeschäft“.
Jobcenter-Leiter: Eingliederung ist oft ein jahrelanger Prozess
Positiv für die Integration in den Arbeitsmarkt seien neben der bloßen Hilfe zum Lebensunterhalt die weiteren Instrumente, die eine verlässliche Finanzierung von Qualifikation ermöglichen. „Wir reden da von Prozessen, die über Jahre gehen“, sagt Frank Böttcher. „Es geht um Menschen, die in ihrem ganzen Leben noch keinen einzigen Bildungserfolg hatten. Viele müssen zunächst Vertrauen fassen, dass sie das auch schaffen können.“