Düsseldorf. Sieben Monate nachdem eine 25-jährige Prostituierte in einem Düsseldorfer Hotel getötet wurde, startete am Dienstag der Prozess. Angeklagt ist ein Geschäftsmann aus Dormagen. Wie sich die Tat zugetragen hat, muss das Gericht über Zeugen und anhand von Indizen herausfinden.

Im Fall der mit 18 Messerstichen in einem Düsseldorfer Luxushotel getöteten Prostituierten zeichnet sich ein Indizienprozess ab. Zu Beginn der Hauptverhandlung vor dem Düsseldorfer Landgericht verweigerte der 41 Jahre alte Angeklagte, ein selbstständiger Marketingberater aus Dormagen, die Aussage. Sein Anwalt Andreas Kerkhof erklärte, sein Mandant werde derzeit "vollständig schweigen".

Die Vorhänge waren geschlossen, die Zimmer mollig warm. Das Radio spielte. So beschrieb der Rechtsmediziner die Situation in der Hotelsuite, in der Cristina B. (25) tot aufgefunden wurde. Die junge Frau lag fast nackt im Badezimmer vor einem Whirlpool, ihr Körper übersät mit Stichwunden. Die soll ihr Arif D. (42) zugefügt haben.

Ein Zimmermädchen hatte am Morgen des 20. Januar Cristina B. in der Suite Nr. 610 des Radisson Blu Hotels gefunden und erst an eine Ohnmacht geglaubt. Als der Notarzt ihren Tod festgestellt hatte, kamen die Ermittler. Und hielten auf Fotos den Zustand der Suite fest. Das Gericht zeigte die Aufnahmen: Großzügige Räume, Gläser auf dem Couchtisch. Tempotücher mit Blut im Papierkorb. Ein zerwühltes Bett, große Blutflecken auf dem Oberbett, eine dunkle Lake im Teppich.

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Blutige Schleifspuren auf dem Boden reichen bis ins Bad. Dort liegt die junge Frau, die dunklen Haare hängen ihr im Gesicht, ein halb ausgezogener schwarzer Pulli und ein rotes Tuch bedecken sie wie nur notdürftig.

Gegen Angriff gewehrt

Staatsanwalt Christoph Kumpa glaubt, dass Arif D. und Cristina B. in der Nacht auf den 20. Januar in Streit gerieten, er dann mit einem Messer auf sie einstach. 18 Wunden zählte der Rechtsmediziner in Hals, Brust, Bauch, Arm und Bein. Sechs der Stiche waren akut lebensgefährlich, weil sie Leber, Lunge und andere Organe trafen. Die junge Frau verblutete, hat sich aber zuvor gewehrt. Davon zeugen Schnitte an Händen und Armen sowie frische Hämatome.

Das Paar kannte sich seit einigen Monaten. Sie arbeitete als Prostituierte, Arif D. hatte sich in sie verliebt. Unter seinem Namen hatten sie zwei Tage zuvor im Hotel eingecheckt. Als man die Tote fand, war ihr Begleiter verschwunden. Er meldete sich dann aus der Türkei, ließ seinen Anwalt Mails an Presse und Staatsanwalt senden, in denen er seine Unschuld beteuerte.

Er sei im Wellness-Bereich gewesen, schilderte er darin das Geschehen in der Nacht. Bei seiner Rückkehr sei er in der Suite einem Mann begegnet, der ihn angriff. Er habe ihn abgewehrt, dann seine Freundin gefunden, sie sei in seinen Armen gestorben. Der Safe sei geöffnet gewesen, 25.000 Euro hätten gefehlt. Er habe erkannt, dass er in Verdacht geraten könnte, sei in Panik geflohen. Später wollte er sich stellen. Am 31. Januar ließ er sich am Flughafen festnehmen.

„Er war immer korrekt“

Vor Gericht hüllte sich der Angeklagte in Schweigen. Die Kammer hörte sich den Bericht des Rechtsmediziners an, zeigte die Fotos vom Tatort. Während es um die tödlichen Verletzungen seiner großen Liebe ging, blieb der Angeklagte äußerlich unberührt, blätterte ab und zu in seinen Unterlagen.

Die Kammer befragte dann einen Rechtsanwalt und Freund von ihm. Der beschrieb den 42-Jährigen als gerechtigkeitsliebend, aufrichtig, immer korrekt. Er lebe von Projekten, die er jeweils engagiert betrieb, auch wenn es zwischendurch Flauten gab. „Ich kann eigentlich nichts Negatives über ihn sagen“, versicherte er.

Er wurde auch über die Beziehungen des 42-Jährigen befragt. Der habe „mit leuchtenden Augen“ von der neuen Freundin gesprochen, berichtete der Zeuge. Er habe eine gemeinsame Zukunft mit „Tina“ geplant: „Ich hatte das Gefühl, dass es ernst war.“

Über Scherze der Anwälte gelacht

Der Anwalt hatte einst auch die langjährige Freundin des Freundes gekannt, mit der es etwa 2009 vorbei war – „eine ganz normale junge Frau“. Danach habe Arif D. eine weitere Freundin gehabt. Mit dieser Frau prozessiere er aber heute vor Gericht um Geld, sie behaupte, dass ihre Beziehung „rein geschäftlich“ gewesen sei.

Bei der Befragung seines Freunde wirkte der Angeklagte entspannt, lachte sogar über Scherze der Anwälte mit.

Mittwoch geht der Prozess weiter. Unter anderen sollen eine Bordellbetreiberin und mehrere Prostituierte aussagen.

Für das Verfahren hat das Landgericht Düsseldorf rund 20 Verhandlungstage angesetzt. Das Urteil soll erst im September verkündet werden.