Düsseldorf. Am 31. Dezember 2024 schließt der Düsseldorfer Großmarkt. Eine Genossenschaft wehrt sich gegen die Auflösung. Ein Nachfolger steht bereits fest.
Seit 1957 ist der Düsseldorfer Großmarkt an der Ulmenstraße im Stadtteil Derendorf eine Anlaufstelle für viele Händler aus ganz NRW, die dort täglich in den frühen Morgenstunden für ihre Geschäfte regionales Obst und Gemüse kaufen können. Doch nach derzeitigem Stand ist damit zum Ende des Jahres Schluss, denn zum 31. Dezember 2024 wird der Großmarkt aufgelöst.
Das Oberverwaltungsgericht entschied, dass der Großmarkt geschlossen werden darf, weil die Hallen nicht mehr dem heutigen Standard entsprechen und die Einrichtung die Funktion zur Daseinsvorsorge verloren habe, hieß es in der Urteilsbegründung. Zudem gebe es „im Bereich des Obst- und Gemüsegroßmarktes aktuell nur noch 26 Händler“, teilte Stadtsprecher Thomas Haller auf Nachfrage der NRZ mit. Außerdem sei der Großmarkt für Düsseldorfs Bürgerinnen und Bürger nicht zugänglich, erklärt Haller. Die Nachfrage von großmarkttypischen Betrieben nach Flächen auf dem Großmarkt habe laut Stadt zudem in den vergangenen Jahren kontinuierlich abgenommen, „sodass zunehmend Flächen an großmarktfremde Interessenten zugewiesen wurden“.
„Wir hängen in der Luft“
Die Großmarkthallen Düsseldorf eG, die Genossenschaft der Händler am Großmarkt, erhebt indes bereits seit langem Vorwürfe gegen die Stadt. Denn trotz zahlreicher Gesprächsversuche seitens der Genossenschaft, die auf eine konstruktive Lösung zur Rettung des Großmarktes abzielten, „führten unsere Bemühungen zu keinem positiven Ergebnis. Ein von uns in Eigenregie entwickelter Businessplan, der die Realisierung und den Unterhalt neuer Hallen auf dem Gelände des Großmarktes vorsah, wurde von der Stadtverwaltung ignoriert und blieb unbeantwortet“, heißt es in einer Mitteilung.
„Wir haben versucht, mit der Stadt ins Gespräch zu kommen, um den Großmarkt zu retten. Bislang jedoch leider ohne Ergebnis“, erklärte Peter-Josef Eßer, Vorsitzender der Großmarkthallen Düsseldorf eG, auf NRZ-Nachfrage. Daher sehe es nach dem „bisherigen Stand danach aus, dass am 31. Dezember Schluss ist“.
Weitere zeitnahe Gespräche mit der Stadt stehen vorerst nicht an, auch weil sich die Landeshauptstadt in einem Rechtsstreit mit einem Händler am Großmarkt befindet, „der nicht der Genossenschaft angehört“, so Eßer weiter. Deswegen werde man sich erst im Juni oder Juli nochmal mit der Stadt zusammensetzen, um die Zukunft des Großmarktes zu besprechen, berichtet der Genossenschaftsvorsitzende. Bis dahin „hängen wir weiter in der Luft“.
Großmarkt wurde 1936 gegründet
Der Düsseldorfer Großmarkt wurde 1936 gegründet und befindet sich seit dem Jahr 1957 an der Ulmenstraße im Stadtteil Derendorf. Die Gesamtgrundstücksfläche beläuft sich nach Angaben der Stadt auf rund 115.000 Quadratmeter. Den 50 ansässigen Händlern steht eine Verkaufs-, Lager-, Kühl und Bürofläche von 20.000 Quadratmetern zur Verfügung. Ihr Kundenstamm besteht laut Stadt weitestgehend aus Wiederverkäufern und Großverbrauchern. Neben Einzel- und Großhändlern zählen auch viele Gastronomen, Hoteliers und Großkantinenbetreiber aus der Region zur Kundschaft des Großmarktes. Ein wesentlicher Bestandteil des Großmarktes ist auch der ab 5 Uhr früh geöffnete Blumengroßmarkt Düsseldorf. Dort bieten auf über 10.000 Quadratmetern rund 50 Floristik-Betriebe ihre bunte Ware an. Die Hallen des Großmarktes wurde laut Stadtangaben zwischen den Jahren 1978/79 und 1990/91 neu errichtet. Kostenpunkt damals: Rund 30 Millionen Euro.
Metro-Markt wird auf dem Großmarkt-Gelände errichtet
Das Gelände soll nach der Auflösung des Großmarktes unter anderem an den Großhändler Metro gehen. In den kommenden Jahren soll dort ein Cash&Carry-Markt entstehen. Auf dem derzeitigen Gelände des Unternehmens in Flingern ist unterdessen die Entstehung eines Metro-Campus mit neuen Wohnungen und Büros geplant. Die Stadt bestätigte auf Nachfrage die Pläne: „Durch die Umsiedlung des Metro Cash&Carry Marktes hin zur Ulmenstraße können am bisherigen Standort in Flingern zukünftig bis zu 1300 Wohnungen entstehen“, teilt der Stadtsprecher weiter mit.
Einen Versorgungsengpass für viele wichtige städtische Einrichtungen wie dem Markt am Carlsplatz, weitere Wochenmärkte, Obst- und Gemüsegeschäfte, Kindertagesstätten, Seniorenheime, Gastronomiebetriebe und Krankenhäusern wird es laut Stadtsprecher Haller trotz der Auflösung des Großmarktes nicht geben. „Die Betriebe, die berechtigt sind, auf dem Großmarkt einzukaufen, haben zahlreiche andere Möglichkeiten, sich mit frischem Obst und Gemüse zu versorgen. Laut Gewerbeauskunft stehen allein auf dem Düsseldorfer Stadtgebiet 159 Lebensmittelgroßhändler mit eigener Lagerhaltung zur Verfügung. Eine Gefährdung der Düsseldorfer Wochenmärkte durch den Wegfall des Großmarktes in Düsseldorf“ könne daher ausgeschlossen werden.
Suche für neuen Standort gestaltet sich schwierig
Die Weichen für die Umstrukturierung des Großmarkt-Geländes wurden bereits im Jahr 2018 gestellt. Denn da beschloss der Düsseldorfer Stadtrat den Verkauf des städtischen Großmarkt-Areals an die Stadttochter Industrieterrains Düsseldorf-Reisholz AG (IDR). Im Frühjahr 2020 unterzeichneten IDR, die Stadt Düsseldorf und Metro Properties eine Vereinbarung, die neben dem Metro-Campus auch einen möglichen Standort auf dem Großmarkt beinhaltet. Und laut der Großmarkthallengenossenschaft kam Ende 2023 dann die endgültige Nachricht, „seitens der Stadt Düsseldorf, dass die Mietverträge aller Händler auf dem Gelände des Düsseldorfer Großmarktes zum 31. Dezember 2024 nicht verlängert werden“.
Wie der Stadtsprecher nun klarstellt, seien fast sämtliche Händler auf dem Großmarkt keine Mieterinnen und Mieter, „sondern besitzen eine öffentlich-rechtliche Zuweisung für bestimmte Räumlichkeiten, Flächen und Einrichtungen. Diese Zuweisungen wurden auf der Grundlage des Ratsbeschlusses zur Auflösung des Großmarktes aus dem Jahr 2021 widerrufen“.
Dies stelle aus Sicht der Großmarkthändler nicht nur eine Zäsur dar, „weil damit das Ende einer über 100-jährigen Handelstradition auf dem Düsseldorfer Großmarkt einläutet wurde“, sondern auch, weil durch die geplante Auflösung viele Jobs auf der Kippe stehen. Bis zu 1000 Arbeitsplätze, die mit dem Markt wirtschaftlich verbunden sind, sind durch das drohende Ende des Großmarktes akut gefährdet, so die Großmarkthallen Düsseldorf eG.
Bundesverwaltungsgericht entscheidet in letzter Instanz
Komplett aufgeben will die Genossenschaft aber noch nicht, verrät Peter-Josef Eßer: „Wir suchen gerade in alle Richtungen nach einem neuen Areal für den Großmarkt.“ Diese Suche gestalte sich jedoch als schwierig, gibt der Gemüsebauer zu. „Das ist nicht so einfach, weil es für Großmärkte andere Auflagen gibt als für herkömmliche Logistikzentren.“ Zudem seien Standorte mit ähnlich großen Flächen wie in Derendorf in Düsseldorf rar gesät, so Eßer. Seine Zuversicht will er sich jedenfalls (noch) nicht nehmen lassen: „Wir werden sicherlich irgendwo einen Standort finden. Wann es so weit ist, lässt sich schwer sagen. Wir können ja nicht in die Glaskugel gucken.“ Eine Errichtung des Großmarktes an anderer Stelle ist seitens der Stadt hingegen nicht geplant, so Stadtsprecher weiter. Zudem haben die Händler nach Angaben des Stadtsprechers bereits eine Klage gegen den Widerruf der Zuweisung eingereicht. Darüber soll im zweiten Quartal in letzter Instanz das Bundesverwaltungsgericht entscheiden.